"Die Hund-Kind-Methode" auf RTL

Kinder sind dann doch keine Tiere

09:12 Minuten
Kinderbeine und Hundebeine nebeneinander.
Kind und Hund vereint. © picture alliance / Bildagentur-online / Blend Images / Shestock
Jenni Zylka im Gespräch mit Timo Grampes · 04.01.2021
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Kinder sind oft anstrengend. Kommt nun Hilfe aus der modernen Hundeerziehung? Das zumindest suggeriert RTL mit der Sendung "Train your baby like a dog". Jenni Zylka hat sie für uns angeschaut und wirft dem Sender eine "Skandalstrategie" vor.
Kinder sind keine Hunde. Auf diese einfache Wahrheit sollte man sich doch eigentlich einigen können. Oder? RTL hat hinter dieser Wahrheit nun ein Fragezeichen gesetzt. Und eine Sendung mit dem Titel "Train your baby like a dog" ausgestrahlt: "Erziehe Dein Kind wie einen Hund".
Es geht um ein Unterhaltungsformat, das RTL vom britischen Channel 4 übernommen hat. Eine Petition gegen die Sendung war schon seit Weihnachten im Umlauf. Über 26.000 Menschen haben sie unterschrieben. Sie wollten errreichen, dass die Sendung nicht gezeigt wird.

Ziel ist die Konditionierung

Im Fokus der Show: zwei überforderte Elternhäuser, denen von einer Hundetrainerin geholfen werden soll, die Kinder in die Spur zu bringen - beispielsweise mit einem Klickertraining, das ansonsten eingesetzt wird, um Vierbeiner zu konditionieren.
Zwar sei in der Sendung nirgendwo gesagt worden, dass Kinder wie Hunde seien, berichtet die Journalistin Jenni Zylka. Und es seien auch immer wieder Zweifel geäußert worden, ob Trainingsmethoden aus der Hundewelt bei Kindern angewendet werden sollten. Zugleich würden dann aber Kinder gezeigt, bei denen die Konditionierung offenbar funktioniere, wohlwollende Kommentare eines Kinderpsychologen inklusive.
Zylka wirft RTL eine "Skandalstrategie" vor - der Sender habe hier ganz bewusst mit dem inszenierten Skandal gearbeitet. Er habe den provokanten und falsche Assoziationen weckenden Orginaltitel beibehalten und offenbar mit großem medialen Widerhall gerechnet. Den nutze RTL nun auch für sich, berichtet die Journalistin.

Überforderte Eltern werden vorgeführt

Zylka warnt davor, der Sendung zu viel Bedeutung beizumessen. Auch Menschen, die viel Privatfernsehen schauten, wüssten im Zweifelsfall, "dass das Quatsch ist, was da erzählt wird, und erheben sich über die armen Tropfe, die ihre Kinder mit einem Klicker erziehen".
Die Sendung stelle das Unvermögen von Menschen aus. Die Verzweiflung der gezeigten Eltern auszunutzen und damit ein als Experiment getarntes Unterhaltungsformat zu füllen, sei "extrem geschmacklos", so Zylka.
Das Format sei aber nicht menschenverachtend gewesen. Und die Grundaussage der Sendung, dass man Kinder loben und nicht bestrafen soll, auch nicht gefährlich.
Wahrscheinlich kämen nicht einmal die "stumpfesten Eltern" auf den Gedanken, das Klickertraining nachzumachen, meint Zylka. Und wenn Eltern doch so gestrickt seien, dann seien sie auch ohne die Sendung "blöde Eltern" und die Kinder zu bemitleiden.
(ahe)
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