Die Geigerin und Komponistin Biliana Voutchkova

Rauer Modus

Die Geigerin hält ihr Instrument mit geschlossenen Augen und spielt auf einer dunklen Bühne
Biliana Voutchkova ist sowohl in der Neuen Musik, als auch in der experimentellen Improvisationsszene unterwegs © Lars Åsling
Von Thomas Groetz · 22.09.2020
Ihr Zuhause, sagt Biliana Voutchkova, sei dieses riesige weite Land der Musik, mit vielen Räumen und vielen Freiflächen, mit bequemen, gemütlichen Notenbetten zum Ausruhen.
Biliana Voutchkova ist eine Composer-Performerin, die ihre eigene Musik über lange Zeiträume hinweg entwickelt hat. In ihrer langjährigen Praxis als Interpretin traditioneller, aber vor allem Neuer Musik sowie durch das Zusammenspiel mit anderen Composer-PerformerInnen schöpft die bulgarische Geigerin nicht nur aus den herkömmlichen, sondern auch aus dem Arsenal der erweiterten Spieltechniken, die sich in der nachseriellen Avantgarde etabliert haben.
Unorthodoxe Umgangsweisen mit den Saiten, dem Bogen und dem Korpus des Instruments werden schließlich zu musikalischen Bausteinen, aus denen Stücke entstehen.

Improvisation und Komposition zueinander ins Verhältnis setzen

Paradigmatisch tritt ihr musikalischer Ansatz auf der Solo-CD "Modus of Raw" von 2016 in Erscheinung, deren Titel auf Voutchkovas künstlerisches Selbstverständnis verweist. Bei "Modus of Raw", zu Deutsch "Rauer Modus", geht es nicht um die makellose Intonation oder den sauberen, perfekten Klang, sondern um Aspekte des Rauen: um Ungeschliffenheit und Ursprünglichkeit als Ausdrucksqualitäten, die es konkret herauszuarbeiten, beziehungsweise im musikalischen Prozess freizulegen gilt.
Biliana Voutchkova geht es dabei darum, die Ausdrucksformen der improvisierten sowie der komponierten Musik tiefgehend zu erforschen, um jenseits dieser beiden Kategorien auf etwas Neues, Drittes hinzuarbeiten.
In ihren Konzerten begibt sich die Geigerin in einen Entrückungs- und Ausnahmezustand, in dem ein ekstatisches und befreiendes Potenzial der Kunst offenbar wird – ein Potenzial, das nicht nur die Performerin verkörpert, sondern das auch als Funke auf das Publikum überspringen kann.
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