Die ganze Sendung

Wie wir leben, erkennen und handeln?

Martin Seel, aufgenommen am 09.10.2013 auf der 65. Frankfurter Buchmesse in Frankfurt am Main (Hessen).
Der Philosoph Martin Seel © picture alliance / dpa-Zentralbild / Arno Burgi
Moderation: Thorsten Jantschek · 16.11.2014
Der in Frankfurt lehrende Philosoph Martin Seel entdeckt die geheimen Verbindungslinien von drei philosophischen Grunddisziplinen - und erklärt, wie das Wahre, Gute und Schöne zusammenhängen.
Im "wahrsten" Sinne geht es in dieser Sendung um das Wahre, Gute und Schöne, und darum, wie diese drei zusammenhängen. Denn der in Frankfurt lehrende Philosoph Martin Seel entdeckt die geheimen Verbindungslinien der drei philosophischen Grunddisziplinen Erkenntnistheorie, Ethik und Ästhetik in einem menschlichen Weltverhältnis, das er "aktive Passivität" nennt.
Außerdem berichtet Ulrike Gondorf von dem Versuch der Künstlerin Andrea Büttner, Kants "Kritik der Urteilskraft" von 1790 zu illustrieren und Gerd Michalek zeigt, wie sinnlich die Aufklärung ist, wenn man Voltaires Candide oder der Optimismus als Operette heute hört. Kinder haben wir in dieser Woche gefragt, wozu man Freunde braucht und dabei erfahren, dass sie nicht nur - aber auch - zum Chillen wichtig sind.
Die drei Fragen: Was können wir wissen? Was sollen wir tun? Worüber sollen wir streiten? – beantwortet in dieser Woche der Star unter den deutschen Bauingenieuren Stefan Polony (Audio), der grandiose architektonische Entwürfe Wirklichkeit werden lässt und der Überzeugung ist, dass wir besser gar nicht streiten sollten.
Die Sendung im Einzelnen:
1. Vom Wahren, Guten und Schönen – Martin Seel im Gespräch (Audio)
"Du musst! Du sollst! Du kannst!" Wir sind - so scheint es manchmal - umstellt von Forderungen. Von Forderungen an uns selbst, an den anderen, an die Gesellschaft im Ganzen. Von individuellen Glücksversprechen der Mineralwasserwerbung bis hin zum Klimawandel, den wir jetzt gerade noch abwenden können. Der Mensch wird dabei gedacht als autonomes Subjekt des Erkennens und Handelns, beinahe als allmächtiger Schöpfer seiner selbst - und Gestalter seiner Umwelt, als einer oder eine, die von der eigenen Karriereplanung bis hin zur Rettung der Menschheit, alles unter Kontrolle haben muss.
Der in Frankfurt lehrende Philosoph Martin Seel beschreibt dagegen das menschliche Verhältnis zur Welt als eines, das von der Dialektik, von Bestimmen und Bestimmt-werden, von Selbst- und Fremdbestimmung getragen ist. Egal, ob es die Erkenntnis, das Handeln oder unseren Umgang mit dem Schönen betrifft.

Martin Seel: "Aktive Passivität – Über den Spielraum des Denkens, Handelns und anderer Künste"
Frankfurter S. Fischer Verlag
382 Seiten, 24,99 Euro

2. Bilder der Urteilskraft – Andrea Büttner illustriert ein Hauptwerk von Immanuel Kant (Audio)
Kann man Philosophie, noch dazu die von Immanuel Kant illustrieren? Die Antwort lautet: Ja, man kann. Spätestens seit die international bekannte Künstlerin Andrea Büttner sich Kants Kritik der Urteilskraft vorgenommen hat: Sie fragt nach dem Bilder- und Metaphern-Kosmos, der Kants drittes Hauptwerk von 1790 durchzieht und findet dabei eine eigene und eigentümliche Bildwelt. Ulrike Gondorf war für "Sein und Streit" dabei, als in dieser Woche das Künstler-Philosophen-Buch im Kölner Museum Ludwig vorgestellt wurde.

Immanuel Kant: "Kritik der Urteilskraft"
Illustriert von Andrea Büttner
Felix Meiner Verlag,
600 Seiten, 38 Euro

3. Töne der Aufklärung – Voltaire, Bernstein und Candide als Operette (Audio)
Er war der öffentliche Intellektuelle des 18. Jahrhunderts: Vor 320 Jahren, am 21. November, wurde Voltaire geboren. Selten kam Aufklärung so lebendig und auch drastisch daher wie mit ihm, vor allem in seiner Satire Candide oder der Optimismus, die im 20. Jahrhundert auch Musiker angeregt hat. 1956 etwa komponierte der bekennende Voltaire-Fan Leonard Bernstein seinen Candide – als "Komische Operette in zwei Akten". Die Aufklärung als Operette? Gerd Michalek erkundet für "Sein und Streit" die akustische "Aufklärung".
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