Die Deutschen und der Nationalsozialismus

Vom Wert erfahrungsgeschichtlicher Erinnerung

Bei der Gedenkveranstaltung vor dem Eingang des Konzentrationslagers Auschwitz ist ein Überlebender des Holocaust auf einer großen Leinwand zu sehen.
Für die Jüngeren muss die Geschichte des Nationalsozialismus anders erzählt werden, meint Norbert Frei © afp / Odd Andersen
Der Historiker Norbert Frei im Gespräch mit Shelly Kupferberg · 18.04.2015
Mit einer auf sieben Bände angelegten "neuen Geschichte des 'Dritten Reiches'" will der Historiker Norbert Frei die Zeit des Nationalsozialismus für die jüngere Generation erfahrbar machen. Er will zeigen: "Es ist eine moderne Gesellschaft, die 1933 abstürzt."
Der Jenaer Historiker gibt eine siebenbändige Reihe "Die Deutschen und der Nationalsozialismus" heraus. Sie will vor allem deutlich machen, wie die Menschen den Nationalsozialismus erfahren und erlebt haben. Die beiden ersten Bände sind jetzt im Verlag C.H. Beck erschienen.
Es gehe darum, die Stimmen der Menschen ernst zu nehmen, sowohl die der Überlebenden als auch der Mitläufer und Täter, sagt Frei. So gehe es in dem bereits erschienene Band über Widerstand, Terror und Verfolgung darum, wie die deutsche Nachbarschaft und die Gesellschaft insgesamt auf das, was vor ihren Augen geschehen sei, reagiert habe. "Das ist ganz dicht erzählt aus Quellen, aus Tagebüchern, von Mitläufern genauso wie von fernstehenden Beobachtern oder eben von denen, die davon konkret betroffen waren."
Coca-Cola unter Hitler
Dabei werde aber auch die politische Ebene nicht vergessen, betont Frei. "Es geht ja darum zu zeigen: Es ist eine moderne Gesellschaft, die 1933 abstürzt in den Nationalsozialismus, in die Diktatur." Dies könne in einer Gesellschaft, in der es kaum noch Zeitgenossen des Nationalsozialismus gebe, von jüngeren Menschen nicht erfahren werden. "Wir können heute nicht mehr voraussetzen, dass jeder weiß, was die Mitlebenden dieser Zeit noch wussten, nämlich zum Beispiel als Indikator, dass es im Nationalsozialismus Coca-Cola gab."
Entsprechend richte sich die Reihe an ein jüngeres Publikum, sagt der Herausgeber. Die Autoren seien jüngere Wissenschaftler, die versuchten, eine Sprache zu finden, die an Menschen von 15 bis 40 herankomme.
Norbert Frei (Hg.): Die Deutschen und der Nationalsozialismus. Die neue Geschichte des 'Dritten Reiches'.
Sieben Bände, Frühjahr 2015 bis Herbst 2016, Verlag C.H.Beck München
bereits erschienen:

Tim Schanetzky: "Kanonen statt Butter". Wirtschaft und Konsum im Dritten Reich
272 Seiten, 16,95 Euro.

Markus Roth: "Ihr wisst, wollt es aber nicht wissen". Verfolgung, Terror und Widerstand im Dritten Reich
296 Seiten, 16,95 Euro.

Mehr zum Thema