Deutschland-Komplex

Von Frank Meyer · 16.11.2010
Westlich der Oder fürchtet man Autodiebe und Job-Konkurrenten, östlich der Grenze misstraut man den dominanten Deutschen. Die nationalkonservative polnische Regierung hat im jüngsten Wahlkampf kräftig antideutsche Stimmungen bedient, wenngleich sie inzwischen etwas diplomatischer auftritt.
Es gibt aber eine ganze Reihe von polnischen Autoren, die das gegenseitige Ressentiment unterminieren. Andrzej Stasiuk schreibt an einem Buch, in dem er seine vielen Reisen durch das gegenwärtige Deutschland ironisch reflektiert. Olga Tokarczuk leuchtet in Mythen, Märchen und Legenden die historische Tiefe des südschlesischen Grenzgebiets aus. Der Altphilologe Marek Krajewski schreibt höchst erfolgreiche Krimis über einen deutschen Polizisten, sein Kriminalrat Mock ermittelt im Breslau der 30er Jahre.

Die Autoren Stefan Chwin und Pavel Huelle setzen sich in ihren Romanen mit der deutschen Vergangenheit ihrer Stadt Gdansk auseinander. Keiner dieser Autoren schreibt Aussöhnungsprosa, aber sie alle erinnern, viel mehr als ihre deutschen Kollegen, an die gemeinsame deutsch-polnische Geschichte.

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