Deutsch-syrischer Laienchor

Vorkonzert für den großen Elphi-Aufritt

Elbphilharmonie
Die Sängerinnen und Sänger des deutsch-syrischen Projektchores fiebern dem großen Abend in der Elbphilharmonie entgegen. © picture alliance/dpa/Foto: Christian Charisius
Von Mechthild Klein · 16.03.2017
Die Sänger im deutsch-syrischen Chor haben fleißig geübt. Gemeinsam arabische Lieder lernen ist für alle Beteiligten eine Herausforderung. Dabei haben sie das große Ziel fest im Blick: den Auftritt beim Festival "Salam Syria" in der Hamburger Elbphilharmonie.
Das erste öffentliche Konzert des deutsch-syrischen Projektchors startet nicht im großen neuen Konzerthaus am Hamburger Hafen. Der Auftakt ist eher bescheiden, am Rande der City, in einem Hochhausviertel. Hierher lädt die Elbphilharmonie zum Vorkonzert des Laien-Chors. Zu hören sind syrische Volkslieder mit einer arabischen Begleitband. Erst zum Festival "Salam Syria" geht es in die ausverkaufte Elbphilharmonie, wo sie vor 2100 Zuschauern auftreten - mit drei arabischen Liedern.

Liebeslieder, die in Syrien jeder kennt

Alle Araber kennen diese Lieder aus ihrer Heimat, flüstert ein Nachbar. Es sind Liebeslieder. Sie gehören zum alten arabischen Kulturgut. Während die Syrer mit den Texten und Melodien vertraut sind, mussten sich die Deutschen den Stoff erst erarbeiten.
Auch Chorleiter Jörg Mall hatte für das orientalische Projekt dazugelernt. Alle Stücke wurden neu arrangiert, denn arabische Lieder sind grundsätzlich nicht auf Mehrstimmigkeit angelegt:
"Das heißt, es gibt das, was wir als klassische Chormusik kennen, in der arabischen Musik so gar nicht."
Deshalb ist der Sound für syrische Ohren auch erst mal ungewöhnlich, sagt die Syrerin Hana Alkourbah:
"Die Syrer, die jetzt die Lieder hören können, werden das irgendwie neu finden, vielleicht ein bisschen komisch. Als ich das zum ersten Mal vierstimmig gehört habe, hab ich gedacht: 'Oh mein Gott, das klingt so komisch.' Aber dann, als wir wirklich geübt haben, da stimmt alles zusammen, das passt, das ist richtig schön."
Die mehrstimmigen Arrangements sind ein echtes Novum und eine harte Nuss für die Syrer, aber das lässt sich keiner anmerken.
Hana Alkourbah: "Es macht wirklich sehr viel Spaß. Wir kennen die Lieder, wir singen die Lieder so traditionell und mit den Deutschen ... sie haben jetzt (eine) neue Seele sozusagen."
Sechs Monate hat der Chor die Stücke einstudiert. Später ging man gemeinsam ins Kino oder auf die Eisbahn. Doch die arabischen Texte sind für die Deutschen bis heute eine Herausforderung. Deshalb haben sich Sprach-Tandems gegründet, sagt der Syrer Nidal Osman:
"Zum Beispiel ich unterrichte Rami Arabisch, unseren Musiker – und er kann im Gegenzug mir Bassunterricht geben. Deswegen passt das super. Da kenne ich ein paar andere, die auch so ein Tandem gebildet haben. Zum Beispiel Sahar und Matthias, die lernen auch gegenseitig – einmal Deutsch, einmal Arabisch."

Arabische Tonleitern als Neuland

Nicht nur die Sprache, auch die arabischen Harmonien sind Neuland für viele deutsche Sänger. Arabische Tonleitern kennen nämlich auch Viertel-Ton-Abstufungen. In der europäischen Klassik geht die Tonleiter gerade mal ganze oder halbe Töne rauf oder runter. Um die Viertel-Töne der arabischen Harmonien für deutsche Ohren hörbar zu machen, hatte der Chorleiter sein Cembalo verstimmt – erst dann hatte es bei den Deutschen "Klick" gemacht.
Nach dem Konzert in der Elbphilharmonie soll der Chor eigentlich aufgelöst werden - aber inzwischen hat die Chorsänger der Ehrgeiz gepackt, erzählt Hana:
"Klar. Wir werden weitermachen. Wir haben auch nach der Elbphilharmonie ein Konzert Anfang Juli und vielleicht einige Überraschungen - jetzt sagen wir nicht alles."
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