Detektive am Eiffelturm

Dass fantastische Literatur, Science Fiction und Kriminalromane in der argentinischen Literatur einen ernstzunehmenden Stellenwert einnehmen, ist vor allem das Verdienst von Jorge Luis Borges und Adolfo Bioy Casares. Auch der zeitgenössische Autor Pablo De Santis fühlt sich zu diesen Genres hingezogen. Seine besondere Liebe gilt dem Kriminalroman, der für ihn in erster Linie Detektiv- und Rätselromane umfasst.
In "Das Rätsel von Paris" entführt Pablo De Santis seine Leser zur Weltausstellung nach Paris, das heißt, in das Jahr 1889. Der Ich-Erzähler Sigmundo Saltvatrio wird von seinem Meister, dem berühmten Detektiv Craig aus Buenos Aires, stellvertretend nach Frankreich geschickt, um im Rahmen der Weltausstellung am Treffen der "Vereinigung der Zwölf Detektive" teilzunehmen.

Die weltweit berühmtesten Detektive sollen in einer Ausstellung ihre Arbeit und ihr Können präsentieren. Keine leichte Aufgabe für den französischen Gastgeber Arzaky, denn wie lässt sich gedankliche Ermittlungsarbeit einem breiten Publikum vermitteln? Doch schnell wird diese Herausforderung von einem größeren Rätsel überschattet.

Sein Rivale, der ebenfalls in Paris agierende Detektiv Luis Darbon, stürzt von der Baustelle des Eiffelturms. Und damit rückt nun die Weltausstellung mit ihren wundersamen Erfindungen, mit Maschinen, die den Menschen das Glück auf Erden sichern sollen, und Heilsversprechen durch den technischen Fortschritt in den Blickwinkel des Lesers.

Esoterische Sekten kämpfen gegen die Wissenschaftsgläubigkeit, die der Ingenieur Eiffel verkörpert. Luis Darbon war den Skeptikern und Saboteuren des Eiffelturms auf der Spur.

Die Detektive und ihre Assistenten arbeiten nun an der Lösung des Mordfalls, nicht ohne sich dabei jeweils ins beste Licht zu rücken. Der Ich-Erzähler und Neuling im Kreis versucht, seinen eigenen Standpunkt zu finden, wobei er lieber selber Ermittler als Adlatus wäre, was von den anderen mit Empörung zur Kenntnis genommen wird.

Mal scheinen sich die Kreise zu schließen, dann wiederum landet der Leser in den anderen alten Geschichten der Detektive, die von ihren Assistenten meisterhaft für die Öffentlichkeit aufbereitet werden.

In gewohnter Manier verknüpft Pablo De Santis verschiedene Handlungsebenen miteinander, begibt sich in historische, philosophische und kriminalistische Auseinandersetzungen, verwirrt die Erzählstränge so weit, dass der Leser gerade noch mitkommen kann und hält doch immer gekonnt die Spannung.

Mit Witz, Leichtigkeit und Fantasie erzählt der Autor gleich mehrere Detektivgeschichten und macht nebenher dem Paris der Jahrhundertwende zum Beginn des technischen Zeitalters seine Liebeserklärung.

"Das Rätsel von Paris" wurde 2007 mit dem Premio Casamérica, dem Preis für herausragende Literatur Lateinamerikas, ausgezeichnet. Damit hat der 1963 in Buenos Aires geborene Pablo De Santis seinen Platz in der Gegenwartsliteratur Argentiniens fest verankert.

Zu seinen über zwanzig veröffentlichten Büchern zählen auch Kinder- und Jugendbücher sowie Comics. Mit seinen Romanen, die zum Genre der Detektiv- und Kriminalromane zählen, ist ihm der internationale Durchbruch gelungen.

Besprochen von Birgit Koß

Pablo De Santis: Das Rätsel von Paris
Aus dem Spanischen von Claudia Wuttke
Unionsverlag, Zürich 2010
315 Seiten, 19,90 Euro
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