Dessert-Trio mit Birne, Schokolade und Zimt

Von Alexandra Wrann · 02.07.2013
Schon als Kind trieb er seine Mutter in der Küche in den Wahnsinn, wusste alles besser. Heute verbringt er auch seine komplette Freizeit am Herd: Ole Kurth ist 20 Jahre alt und passionierter Koch. Er hat gerade seine Ausbildung beendet und tritt nun für Deutschland bei den Weltmeisterschaften der Berufe an.
Ole Kurth beugt sich über den Topf. Mit einem kleinen, scharfen Messer sticht er in die rote Knolle im kochenden Wasser, nickt zufrieden, nimmt den Topf vom Herd und gießt das Wasser ins Spülbecken.

"Das ist rote Beete, in einem Modul brauchen wir rote Beete. Der Konsistenz halber gekocht, dass sie gar ist und dann wird's weiterverarbeitet."

Ole Kurth ist Koch - und tritt für Deutschland bei den Weltmeisterschaften der Berufe, den "World Skills" in Leipzig an. Die "Module", das sind die einzelnen Disziplinen, in denen er sich an den kommenden vier Wettkampftagen mit seinen Konkurrenten messen muss. Köche aus 36 weiteren Ländern sind angemeldet. Pro Tag wird ein Modul gekocht, bestehend aus zwei verschiedenen Gerichten.

Erst vor wenigen Wochen hat der 20-Jährige seine Ausbildung abgeschlossen; seither steht er tagtäglich in seiner Trainingsküche in der Hamburger Gewerbeschule für Gastronomie und Ernährung.

Ole schneidet die Rote Beete in kleine Stücke. Die Zutaten der einzelnen Gerichte sind nur zum Teil vorgegeben, ebenso wie die Art der Zubereitung. Dessert-Trio mit Birne, Schokolade und Zimt beispielsweise, ein Fischgericht mit Lachs und Jakobsmuschel oder eben Rote Beete als Beilage. Ob gekocht, gegrillt, paniert, mit Kräutern oder Ölen verfeinert - wie er das Gemüse im Wettbewerb zubereitet und abschmeckt - das bleibt Ole überlassen - und streng geheim:

"Da steckt sehr viel Arbeit hinter, und natürlich, die Rezepte, die sind nicht für die Öffentlichkeit zugänglich, sagen wir mal so."

Ole gibt die Rote Beete-Würfel in einen elektrischen Mixer.

Er wirft einen prüfenden Blick in die Maschine. Eine Prise Gewürz, ein wenig Flüssigkeit - alles exakt dosiert.

Minutiös haben Ole und sein Trainer, ein Spitzenkoch aus Süddeutschland, in den vergangenen Wochen die einzelnen Gänge ausgetüftelt. Bis zu 19 Stunden pro Tag standen sie am Herd. Jeder Handgriff muss sitzen, jede Minute an Schneidebrett und Pfanne zählt. Denn der Zeitplan ist straff: Vier Stunden haben die Teilnehmer pro Tag für die zwei Gerichte Zeit, der erste Gang muss nach dreieinhalb Stunden in vorgebender Temperatur serviert werden. Was zu spät auf den Teller kommt, wird nicht bewertet.

Auch die Zutatenliste musste bis aufs Gramm genau kalkuliert und bereits vor vier Wochen beim WM-Komitee eingereicht werden, erklärt Ole und zeigt auf eine große Tabelle an der gegenüberliegenden Wand.

"Wir haben hier 'ne Food List, wo alle Lebensmittel aufgezählt sind, die wir zur Verfügung haben. Schwierigkeit hier drin liegt: Es ist alles in 'World Skills-Dollar', jedes Gemüse hat seinen eigenen Preis quasi und man darf insgesamt 120 World Skills-Dollar für den ganzen Wettbewerb ausgeben. Alles muss kalkuliert werden, was natürlich eine große Herausforderung ist, und dementsprechend auch ne ziemlich große bürokratische Arbeit."

Die dem jungen Koch aber nichts ausmacht, ihm Gegenteil, ihn reizt der Druck, das Streben nach Perfektion im Wettbewerb. Kochen - das ist für ihn nicht nur ein Beruf.

"Ich mach - wenn ich so offen sein darf - teilweise nichts Anderes außer Kochen. Meine Freizeit verbringe ich komplett mit Kochen, sei es Wettbewerbe, Kochkurse geben, Rezepte schreiben, also meine komplette Freizeit geht auch wirklich drauf aufs Kochen und das ist einfach für mich eine Berufung anstatt wirklich ein Beruf."

Eine Berufung, die sich schon früh zeigte, erinnert sich Ole und grinst:

"Nee, also ich wollte als Kind schon immer Koch werden, das war ganz klar meine Priorität: Koch, Koch, Koch, nichts anderes. Mit meiner Mutter in der Küche zusammen gestanden, eher weniger, ich wollte sie immer verbessern, das ist negativ dann ausgeschlagen, dann durfte ich nicht mehr in der Küche sein."

Ole holt die Masse aus dem Mixer, gibt sie in eine Schüssel und rührt weitere Zutaten unter. Immer wieder wischt er mit einem Lappen seine Arbeitsfläche ab, reinigt die Messer, nimmt jedes Mal zum Abschmecken einen neuen Löffel. Denn: Handwerklich richtiges Arbeiten, Kreativität und Geschmack sind nicht die einzigen Kriterien.

"Das erste, worauf die Prüfer achten, ist Sauberkeit. Und wenn man natürlich immer einen sauberen Arbeitsplatz hat, dann steht man natürlich nicht schlecht da, wenn man natürlich rumsaut und da das Fleisch hat, rechts daneben den Fisch, auf dem gleichen Brett am besten noch schneidet, das ist natürlich ein No-Go. Da achten die natürlich schon sehr drauf, das ist ganz wichtig, das ist ein A und O."

Ole hat zwar bereits viel Wettbewerbs-Erfahrung gesammelt; die "World Skills" aber sind seine erste internationale Meisterschaft. Und obwohl es in wenigen Stunden für Ole losgeht - richtig aufgeregt ist er nicht:

"Noch hält es sich in Grenzen, ich kann mich noch sehr gut beruhigen, konzentrieren und ich geh da sehr sachlich und beruhigt ran. Aber ich denke im Groben und Ganzen bin ich trainiert dafür und … mal sehen, wies kommt. Kann immer was schiefgehen."
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