Der Wahl-O-Mat geht online

Politisch parshippen

07:11 Minuten
Wahlwerbung der Parteien in Form von Kugelschreibern.
Wer die Wahl hat, hat es nicht einfach - und kann sich möglicherweise vom Wahl-O-Mat helfen lassen. © imago / Christian Ohde
Michael Wehner im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 02.09.2021
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Sie wissen nicht genau, wen Sie bei der Bundestagswahl wählen sollen? Da kann der Wahl-O-Mat helfen: Er ist ein "Motivationstool" besonders für junge Leute, findet der Politologe Michael Wehner. Er sei informationsorientiert und wecke Neugierde.
Der Wahl-O-Mat für die Bundestagswahl ist online. Seit knapp zwei Jahrzehnten dient er Wählern als Orientierungshilfe. Man beantwortet eine lange Reihe von Fragen zu den unterschiedlichsten politischen Themen, und am Ende sagt einem der Wahl-O-Mat, welche der Parteien einem am nächsten steht.
Für den Politikwissenschaftler Michael Wehner von der Universität Freiburg ist das Tool "eine Art politisches Parship-Angebot" - besonders für junge Leute. Denn die Fragen, die der Wahl-O-Mat stellt, wurden von Wissenschaftlern und Journalisten in Zusammenarbeit mit einer Jugendredaktion entwickelt.
Das führt dazu, dass sich Themen und Thesen vor allem nach der Lebenswelt junger Menschen richten. Wehner sieht darin kein Problem: Das Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung, zusammen mit den Landesämtern verantwortlich für das Tool, richte sich nun mal vor allem an junge Leute.

Das Tool soll die Wahlbeteiligung erhöhen

Ältere Menschen könnten deswegen die eine oder andere Frage vermissen, räumt Wehner ein. Er spricht von einem "Motivationstool", das die Wahlbeteiligung erhöhen soll.
Neugierde solle der Wahl-O-Mat wecken. Seine große Stärke sei, sehr informationsorientiert zu sein. Er biete die Möglichkeit, sich unabhängig von persönlichen Präferenzen für Kandidaten oder der Bindung an ein politisches Umfeld ein Bild zu machen.
Wer dann 10 bis 15 Minuten politisch geparshipt hat, sollte sich danach allerdings noch tiefer mit Inhalten und Parteien befassen, rät der Politikwissenschaftler. Bevor man sich auf eine intensivere Beziehung zu einer Partei einlasse, sei es sinnvoll, sich noch auf anderen Wegen und Kanälen zu informieren, deutlich mehr zu wissen.
Sonst kann der Flirt auch schnell wieder vorbei sein.
(ahe)

Seit wann gibt es den Wahl-O-Mat?
Erstmals wurde der Wahl-O-Mat bei der Bundestagswahl 2002 eingesetzt. Er wurde damals 3,6 Millionen Mal genutzt. Seitdem stieg die Zahl stetig. Bei der letzten Bundestagswahl 2017 wurde der bisherige Rekordwert von fast 15,7 Millionen Nutzungen erreicht. Auch für Landtagswahlen gibt es den Wahl-O-Mat. Online sind derzeit auch die Angebote für die Wahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, die wie die Bundestagswahl am 26. September stattfinden.

Wie funktioniert das Angebot?
Nutzer können anfangs auswählen, welche Parteien sie einbeziehen möchten. Möglich sind auch alle zur Bundestagswahl zugelassenen Parteien. Dies kann später aber auch nachträglich geändert werden. Danach werden 38 Thesen aus verschiedenen Politikfeldern beantwortet. Möglich sind die Antworten "stimme zu", "stimme nicht zu", "neutral" oder "These überspringen".

Welches Ergebnis bekommt der Nutzer?
Der Wahl-O-Mat errechnet am Ende den Grad der Übereinstimmung der eigenen Haltung mit den ausgewählten Parteien. Ein Balkendiagramm zeigt in Prozent, in welchem Ausmaß die Antworten insgesamt mit einer Partei übereinstimmen.

Werden die Themen unterschiedlich gewichtet?
Das hängt vom Nutzer ab. Nach Beantwortung können Bereiche durch Anklicken doppelt gewichtet werden. Die Bundeszentrale verweist darauf, dass dadurch das Ergebnis genauer wird.

Was ist neu?
Erstmals bei einer Bundestagswahl gibt es eine "Tuning"-Funktion. Sie erlaubt es auf einer Überblicksseite, sowohl die Antworten auf die These als auch die Gewichtung durch Anklicken zu ändern, worauf sofort ein entsprechend geändertes Ergebnis dargestellt wird.

Gibt es Kritik am Wahl-O-Mat?
Problematisch kann der Wahl-O-Mat für kleine Parteien sein, die sich auf einige wenige Themen konzentrieren und damit nicht die ganze Breite des Spektrums abdecken. Kritisiert wird auch, dass der Wahl-O-Mat nur auf die Versprechungen der Parteien in ihren Programmen setzt, die dann womöglich nicht eingelöst werden. (afp)

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