Der Vater der Klone

Von Michael Lange |
Der Paul-Ehrlich-Preis, der heute in der Frankfurter Paulskirche verliehen wird, gilt als Deutschlands renommiertester Preis für medizinische Forschung. Er ist mit 100.000 Euro dotiert, und sein Renommé kommt gleich hinter dem Nobelpreis. Der Preis geht in diesem Jahr an den britischen Klonforscher Ian Wilmut. Seine Ehrung ist in Deutschland nicht unumstritten, denn seine Forschung wäre hier zu Lande verboten.
Bis vor acht Jahren war Ian Wilmut ein unbekannter Embryologe an einem landwirtschaftlichen Forschungsinstitut in Schottland. Das änderte sich schlagartig mit einer Veröffentlichung im Februar 1997. Das Klonschaf Dolly schmückte zahlreiche Titelseiten. Und mit Dolly trat auch Ian Wilmut ins Rampenlicht.

Gemeinsam mit seinem Kollegen Keith Campbell war es ihm erstmals gelungen, aus einer ausgereiften Körperzelle ein Säugetier zu erschaffen. Die Technik, mit der dies gelang, heißt Kerntransfer oder ganz einfach Dolly-Methode.

Die Wissenschaftler züchten Körperzellen in einer Zellkultur. Bei Dolly waren es Euterzellen eines ausgewachsenen Schafes. Daraus entnehmen sie einen Zellkern. Das ist der Teil einer Zelle, in dem die Erbinformation steckt. Den Zellkern spritzen sie in eine Eizelle. Deren Erbgut hatten sie zuvor entfernt.

Aus dem Zellkern der Körperzelle und der leeren Eizellhülle ensteht dann ein neues Lebewesen. Ein Klon. Also eine genetische Kopie eines bereits existierenden Schafes. Generationen von Biologen hatten das für unmöglich gehalten. Inzwischen wurden auch Rinder, Ziegen, Mäuse, Katzen, Kaninchen und andere Säugetiere geklont. Die Lehrbücher mußten umgeschrieben werden.

Einen geklonten Menschen gibt es noch nicht. Und das sollte auch so bleiben, meint Ian Wilmut:

" Jede Gesetzgebung, jede Regulierung weltweit sollte das reproduktive Klonen von Menschen verbieten. Es dürfen keine geklonten Kinder geboren werden. Das sollte aber nicht gelten für das Klonen zur Herstellung von Stammzellen für die Forschung oder später einmal für die Therapie. "

Koreanische Forscher haben dieses so genannte Forschungsklonen als erste ausprobiert. Ihre Ergebnisse haben sie vor einem Jahr veröffentlicht. Die ersten Schritte beim Forschungsklonen funktionieren genau so wie beim reproduktiven Klonen. Es entsteht ein winziger, geklonter Embryo. Eine Kugel aus Zellen, nur unter dem Mikroskop zu sehen. Der Embryo darf aber nicht weiter wachsen. Stattdessen dient er als Quelle für Stammzellen. Ob Stammzellen aus geklonten Embryonen jemals als Heilmittel in Frage kommen, weiß heute niemand. Vielen Wissenschaftlern gelten sie aber als Hoffnungsträger für die Medizin der Zukunft.

Vor wenigen Wochen hat Ian Wilmut - als zweiter in Großbritannien - die Genehmigung erhalten, menschliche Embryonen zu klonen. Mit ihnen will er Nervenkrankheiten erforschen. Ethische Bedenken hat er nicht. Ein Embryo sei in den ersten Tagen lediglich eine winzige Zellkugel, so Wilmut. Das Nervensystem entwickele sich erst sehr viel später. Bis zur Entstehung eines Menschen seien viele weitere Schritte notwendig. Die britische Gesetzgebung teilt diese Einschätzung.

Das deutsche Embryonenschutzgesetz jedoch sieht das anders. Es schützt auch die kleinsten Embryonen. Die Forschung, die Ian Wilmut in Großbritannien mit staatlicher Unterstützung betreibt, ist deshalb in Deutschland verboten. Sie kann mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden.
Die inzwischen verstorbene Dolly gehörte zu den bekanntesten Klontieren der Welt.
Klonschaf Dolly© British Council
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