Der stille Passant

Von Holger Teschke |
In seinem Roman "Der stille Amerikaner" hat Graham Greene die Verwicklung privater Schicksale in weltpolitische Konflikte am Beispiel Vietnams zu einer Parabel über Liebe, Schuld und Verrat gestaltet, die noch ein halbes Jahrhundert später von erschreckender Aktualität ist. Die Neuverfilmung des Buches durch Philip Noyce erschien Hollywood nach dem 11. September 2001 so brisant, dass der Film mit Michael Caine ein Jahr lang "auf Eis" gelegt wurde.
Greene hatte schon in den 50er Jahren die riskanten Spiele der Nachrichtendienste und ihrer politischen Auftraggeber durchschaut. Denn neben seiner Arbeit als Journalist, Verlagsdirektor und Schriftsteller war Greene seit 1941 auch im Geheimdienst Ihrer Majestät tätig - und zwar weitaus länger und intensiver, als er es bis zu seinem Tod 1991 dargestellt hat.

Nach Öffnung britischer Geheimdienstarchive haben neuere Forschungen Zusammenhänge zwischen Greenes Biographie, seiner Agententätigkeit und deren literarischer Verarbeitung erhellen können. Holger Teschke folgt in seinem Feature den persönlichen und literarischen Spuren Graham Greenes von seiner Kindheit im englischen Berkhamsted bis zu den politischen Brennpunkten des 20. Jahrhunderts in Südostasien, zeigt, wo die Grenzen zwischen Fakten und Fiktion in Graham Greenes Werk verlaufen und wie hoch der persönliche und politische Preis für diese Gratwanderung war.