Der Fernseharzt als Theaterdirektor
Millionen Fernsehzuschauer kennen Thomas Rühmann als Hauptdarsteller der ARD-Arztserie "In aller Freundschaft" - für ihn ein Job, der es ihm ermöglicht, seinen größten Hobbys nachzugehen: der Musik und dem Betrieb eines kleinen Theaters. Dieses "Theater am Rand" zählt zu den erfolgreichsten in Deutschland, ist permanent ausverkauft, obwohl es in einem 19-Seelen-Dorf steht.
Jeden Dienstag hilft er als Fernsehdoktor Roland Heilmann Leben zu retten in Deutschlands beliebter ARD-Arztserie. "In aller Freundschaft" lockt Thomas Rühmann immer wieder ein Millionenpublikum vor die Bildschirme.
Thomas Rühmann: "Das ist immer noch 'ne Traumfabrik. Und ich bin so'n bisschen das Zentrum der Serie. Das ist keine Fernsehkunst, sondern 'ne solide Unterhaltung, sage ich mal so ..."
Als der heute 57-Jährige vor 600 Folgen in die Serie startete, waren seine Haare noch ein wenig dunkler. Damals war noch nicht abzusehen, dass seine Rolle ihm Dinge ermöglichen würde, die er nie für möglich gehalten hätte. Etwa mit Freunden ein eigenes Theater zu gründen, weit weg von dem kleinen Ort bei Leipzig, in dem er heute mit Frau und kleinem Sohn lebt. Die zwei älteren Töchter gehen längst eigene Wege.
"Immer wenn man sich Wriezen nähert, sieht man am Horizont eine schwarze Linie und man hat das Gefühl, dahinten geht’s runter, die Erde ist ’ne Scheibe. Und man … sieht Weidenstümpfe, flaches Land, extreme hohe Himmel, extreme Wolken, Winde … und die Nähe des Flusses überstrahlt das hier alles."
Anfang der Neunziger Jahre besuchte er das erste Mal das 19-Seelendorf Zollbrücke an der Oder. Der Musiker Tobias Morgenstern wollte hier in seinem Wohnzimmer ein Stück für Freunde aufführen. Thomas Rühmann sollte ihm bei der Inszenierung helfen. Aus einer wurden bald immer mehr Vorstellungen. Das Wohnzimmer platzte schnell aus allen Nähten.
"Ich meine, wir hatten nicht die Absicht ein Theater zu gründen. Uns ist es irgendwie passiert. Da haben wir das 'Grüne Akkordeon' von Annie Proulx uns genommen, ohne dass wir wussten, dass es mal diese Entwicklung nehmen wird."
Aus dem Wohnzimmer wurde eine Freilichtbühne, dann ein Theaterzelt, 2006 ein runder Bau aus einheimischen Hölzern. Ein Künstlerhaus kam noch dazu, rund und bunt - das alles steht nun in Morgensterns einstigem Garten. Was hier aufgeführt wird, soll die Menschen bewegen, auch den Bauern nebenan. Also gibt es nicht nur Aitmatows "Djamila", sondern auch Stücke von Volker Braun, die sich mit Treuhand, CO2-Verpressung oder Massentierhaltung befassen. Ich will ein Theater, sagt Rühmann, das sich einmischt und erinnert.
… Das Land in dem ich geboren bin
liegt nicht mehr auf dieser Welt …
die Straße, auf der wir uns plötzlich gesehen
trägt längst einen anderen Namen
die Freunde, die hochmütig von uns gehen
waren andere als sie zu uns kamen…
"Ich bin in Osterburg geboren und dann sind wir nach Magdeburg gezogen. Da bin ich praktisch groß geworden. Ich habe fünf Schwestern und einen Bruder und die Mädels mussten immer Volkslieder singen, beim Abwaschen zum Beispiel und ich hab auch als Jugendlicher schon immer mit der Gitarre rumgeklimpert, eigentlich jeden Tag."
Die Mutter, Hausfrau, förderte die Kinder und der strenge Vater, Historiker und Ausbilder von DDR-Geschichtslehrern, sagte nichts, als sein Ältester Lieder von Wolf Biermann sang. Wenn Rühmann heute Texte von ostdeutschen Liedermachern mit der Musik von "Mumford and Sons" oder Neil Young mischt, dann entstehen Songs, die noch etwas von der Stimmung der Wendejahre transportieren - verhaltene Wut und die Energie jenes Aufbruchs, als der angesehene DDR-Schauspieler am Maxim-Gorki-Theater entlassen wurde und die Zukunft plötzlich offen war.
… Beim Turmbau zu Babel, da klotzten wir ran
und Kain schlug mit Abel die Losungen an
die Steine zu türmen, den Himmel zu stürmen, kommt Brüder, wir wollen zur Arbeit geh´n
die Steine zu türmen, den Himmel zu stürmen, kommt Brüder wir wollen zur Arbeit geh´n
wir lagen im Blut und erbrachen
und schrien dem Himmel an
in vielerlei Sprachen
und schrien den Himmel an.
"Ich bin Mitte der Neunziger vom Gorki entlassen worden, musste mich entscheiden, machen, was man Klinkenputzen nennt. Und das brachte dann 'ne Hauptrolle für RTL. Und dann denkt man, jetzt geht's los. Und dann geht überhaupt nichts los. In einem Loch kam praktisch 'In aller Freundschaft'. Und diese Dualität zwischen Theater und dieser Serie, das ist einfach 'ne Konstruktion, die das Leben für mich bereitgehalten hat, und deshalb war das ein Geschenk."
Bis zu 70 Mal im Jahr auf der Bühne in Zollbrücke. Und wenn er nicht mit seiner Band auf Tournee ist oder unterwegs zu einem der 100 Serien-Drehtage im Jahr, adaptiert er neue Stücke für sein Theater. In das kommen Zuschauer längst aus der ganzen Republik, zahlen Austritt statt Eintritt und finanzieren so eine Kulturstätte, die ganz ohne Subventionen auskommt. Das die mit ihren 200 Plätzen immer ausgebucht ist, ist auch für Thomas Rühmann immer noch – ein Wunder:
"Wenn ich das wüsste, was das ist, was wir hier machen, wäre es ja schön. Offenbar entsteht etwas, was die Leute dann mit nach Hause nehmen und was sie dazu bringt, offenbar immer wieder und wieder zu kommen. Wir machen nichts, nur Zeug, was uns auf der Seele brennt."
Um ein Uhr eins schallst aus dem Gulli
die Ratten üben und der Hase Ulli
der wird mit seinem Löffel immer kesser
und haut zu wie sein Kumpel Wolf
nur besser
der schwarze Hund pisst dir ans Bein
zuerst scheint‘s warm, dann kalt zu sein
die nasse Hose lässt sich wieder bügeln
bei heißer Suppe hörst du auf zu frieren
Philipp, Kaspar, Konrad, Friederich
Pauline, Gretchen, Hans und Ludewig
wir müssen unsere deutsche Suppe essen
das warme Brot auch nicht vergessen
vielleicht wiegt's nur ein halbes Lot
doch ohne Träume gehen wir tot
gemeinsam auslöffeln das wäre was
ein Alb
ein Traum
grün wie das Gras
grün wie das Gras
Thomas Rühmann: "Das ist immer noch 'ne Traumfabrik. Und ich bin so'n bisschen das Zentrum der Serie. Das ist keine Fernsehkunst, sondern 'ne solide Unterhaltung, sage ich mal so ..."
Als der heute 57-Jährige vor 600 Folgen in die Serie startete, waren seine Haare noch ein wenig dunkler. Damals war noch nicht abzusehen, dass seine Rolle ihm Dinge ermöglichen würde, die er nie für möglich gehalten hätte. Etwa mit Freunden ein eigenes Theater zu gründen, weit weg von dem kleinen Ort bei Leipzig, in dem er heute mit Frau und kleinem Sohn lebt. Die zwei älteren Töchter gehen längst eigene Wege.
"Immer wenn man sich Wriezen nähert, sieht man am Horizont eine schwarze Linie und man hat das Gefühl, dahinten geht’s runter, die Erde ist ’ne Scheibe. Und man … sieht Weidenstümpfe, flaches Land, extreme hohe Himmel, extreme Wolken, Winde … und die Nähe des Flusses überstrahlt das hier alles."
Anfang der Neunziger Jahre besuchte er das erste Mal das 19-Seelendorf Zollbrücke an der Oder. Der Musiker Tobias Morgenstern wollte hier in seinem Wohnzimmer ein Stück für Freunde aufführen. Thomas Rühmann sollte ihm bei der Inszenierung helfen. Aus einer wurden bald immer mehr Vorstellungen. Das Wohnzimmer platzte schnell aus allen Nähten.
"Ich meine, wir hatten nicht die Absicht ein Theater zu gründen. Uns ist es irgendwie passiert. Da haben wir das 'Grüne Akkordeon' von Annie Proulx uns genommen, ohne dass wir wussten, dass es mal diese Entwicklung nehmen wird."
Aus dem Wohnzimmer wurde eine Freilichtbühne, dann ein Theaterzelt, 2006 ein runder Bau aus einheimischen Hölzern. Ein Künstlerhaus kam noch dazu, rund und bunt - das alles steht nun in Morgensterns einstigem Garten. Was hier aufgeführt wird, soll die Menschen bewegen, auch den Bauern nebenan. Also gibt es nicht nur Aitmatows "Djamila", sondern auch Stücke von Volker Braun, die sich mit Treuhand, CO2-Verpressung oder Massentierhaltung befassen. Ich will ein Theater, sagt Rühmann, das sich einmischt und erinnert.
… Das Land in dem ich geboren bin
liegt nicht mehr auf dieser Welt …
die Straße, auf der wir uns plötzlich gesehen
trägt längst einen anderen Namen
die Freunde, die hochmütig von uns gehen
waren andere als sie zu uns kamen…
"Ich bin in Osterburg geboren und dann sind wir nach Magdeburg gezogen. Da bin ich praktisch groß geworden. Ich habe fünf Schwestern und einen Bruder und die Mädels mussten immer Volkslieder singen, beim Abwaschen zum Beispiel und ich hab auch als Jugendlicher schon immer mit der Gitarre rumgeklimpert, eigentlich jeden Tag."
Die Mutter, Hausfrau, förderte die Kinder und der strenge Vater, Historiker und Ausbilder von DDR-Geschichtslehrern, sagte nichts, als sein Ältester Lieder von Wolf Biermann sang. Wenn Rühmann heute Texte von ostdeutschen Liedermachern mit der Musik von "Mumford and Sons" oder Neil Young mischt, dann entstehen Songs, die noch etwas von der Stimmung der Wendejahre transportieren - verhaltene Wut und die Energie jenes Aufbruchs, als der angesehene DDR-Schauspieler am Maxim-Gorki-Theater entlassen wurde und die Zukunft plötzlich offen war.
… Beim Turmbau zu Babel, da klotzten wir ran
und Kain schlug mit Abel die Losungen an
die Steine zu türmen, den Himmel zu stürmen, kommt Brüder, wir wollen zur Arbeit geh´n
die Steine zu türmen, den Himmel zu stürmen, kommt Brüder wir wollen zur Arbeit geh´n
wir lagen im Blut und erbrachen
und schrien dem Himmel an
in vielerlei Sprachen
und schrien den Himmel an.
"Ich bin Mitte der Neunziger vom Gorki entlassen worden, musste mich entscheiden, machen, was man Klinkenputzen nennt. Und das brachte dann 'ne Hauptrolle für RTL. Und dann denkt man, jetzt geht's los. Und dann geht überhaupt nichts los. In einem Loch kam praktisch 'In aller Freundschaft'. Und diese Dualität zwischen Theater und dieser Serie, das ist einfach 'ne Konstruktion, die das Leben für mich bereitgehalten hat, und deshalb war das ein Geschenk."
Bis zu 70 Mal im Jahr auf der Bühne in Zollbrücke. Und wenn er nicht mit seiner Band auf Tournee ist oder unterwegs zu einem der 100 Serien-Drehtage im Jahr, adaptiert er neue Stücke für sein Theater. In das kommen Zuschauer längst aus der ganzen Republik, zahlen Austritt statt Eintritt und finanzieren so eine Kulturstätte, die ganz ohne Subventionen auskommt. Das die mit ihren 200 Plätzen immer ausgebucht ist, ist auch für Thomas Rühmann immer noch – ein Wunder:
"Wenn ich das wüsste, was das ist, was wir hier machen, wäre es ja schön. Offenbar entsteht etwas, was die Leute dann mit nach Hause nehmen und was sie dazu bringt, offenbar immer wieder und wieder zu kommen. Wir machen nichts, nur Zeug, was uns auf der Seele brennt."
Um ein Uhr eins schallst aus dem Gulli
die Ratten üben und der Hase Ulli
der wird mit seinem Löffel immer kesser
und haut zu wie sein Kumpel Wolf
nur besser
der schwarze Hund pisst dir ans Bein
zuerst scheint‘s warm, dann kalt zu sein
die nasse Hose lässt sich wieder bügeln
bei heißer Suppe hörst du auf zu frieren
Philipp, Kaspar, Konrad, Friederich
Pauline, Gretchen, Hans und Ludewig
wir müssen unsere deutsche Suppe essen
das warme Brot auch nicht vergessen
vielleicht wiegt's nur ein halbes Lot
doch ohne Träume gehen wir tot
gemeinsam auslöffeln das wäre was
ein Alb
ein Traum
grün wie das Gras
grün wie das Gras