Der Fall Chebli

Wo fängt Sexismus an?

Die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli bei der Wiedereröffnung der Berliner Staatsoper.
Die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli bei der Wiedereröffnung der Berliner Staatsoper. © Bernd Von Jutrczenka/dpa
Mithu Sanyal im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 17.10.2017
Mit einem Facebook-Posting hat die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli versucht, eine neue Sexismus-Debatte anzustoßen. Es geht um einen von ihr als schockierend empfundenen Kommentar eines Ex-Botschafters. Manche empfinden ihren Vorstoß als übertrieben.
Im Netz wird wieder eine Sexismusdebatte geführt. Ausgelöst wurde sie zunächst von den Vergewaltigungsvorwürfen gegen Harvey Weinstein. Der Twitter-Hashtag #MeToo griff das auf. Tausende Frauen bekannten auf diese Weise, schon mal sexueller Belästigung ausgesetzt gewesen zu sein.
Laut und deutlich ist immer wieder die Botschaft zu vernehmen: Schon verbaler Sexismus begünstigt sexuelle Gewalt. Dazu passt das Beispiel der Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli. Die SPD-Politikerin berichtete auf Facebook von einer offiziellen Veranstaltung, in der ein Ex-Botschafter zu ihr gesagt habe: "Ich habe keine so junge Frau erwartet. Und dann sind Sie auch so schön." Chebli sei davon nachhaltig geschockt gewesen.

Sanyal lobt Chebli

In ihren Kommentaren unter dem Posting kritisierten manche User auch Chebli selbst. Die Frage ist vor allem: Wo fängt Sexismus an? Ist bereits ein als Kompliment gemeinter Kommentar, der einem älteren Mann so rausrutscht, als sexistisch zu bewerten?
Die Düsseldorfer Journalistin und Kulturwissenschaftlerin Mithu Sanyal warnte im Deutschlandfunk Kultur davor, den Ex-Botschafter als "den Bösen" abzustempeln. Allerdings sei sein Kommentar sehr wohl sexistisch gewesen. Es sei richtig von Sawsan Chebli, ihre Erfahrungen öffentlich zu machen. Nur so ließe sich Aufmerksamkeit auf dieses strukturelle Gesellschaftsproblem lenken.

Sexismus beginnt im Mutterleib

Das Problem an der Äußerung des Ex-Botschafters sei gewesen, dass er Chebli Kopetenz abgesprochen habe. Nach dem Motto: Eine junge, schöne Frau könne eigentlich nicht Staatssekretärin sein. Sexismus hänge mit einer festen Erwartung an Geschlechterrollen zusammen:
"Für mich bedeutet Sexismus wirklich, wenn ich von Menschen erwarte, dass sie sich gemäß ihres Geschlechts verhalten. Und das fängt im Mutterleib an. Wenn Leute wissen, das Baby ist ein Junge, dann gehen sie mit den Tritten anders um - 'Ah, der ist energisch, wütend oder ein kleiner Macho!'"

Pro und Contra auf Twitter

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