Stimmenzähler und Schlitzmaschinen

Technik, die begeistert: Generalsekretärin Andrea Nahles und Schatzmeisterin Barbara Hendricks haben eine Hochleistungsschlitzmaschine und andere Feinheiten der Auswertung der SPD-Mitgliederbefragung präsentiert.
Jawohl, das geht schnell…So ich mach nochmal eon paar Neue. Die is so schnell, da muss man wirklich aufpassen!
Noch-SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles scheint Spaß zu haben, als sie einen Stapel Briefumschläge in die sogenannte Hochleistungsschlitzmaschine legt. Zum Probeschlitzen, wie sie sagt. Dabei werden die Briefe der SPD-Mitglieder korrekterweise hier gar nicht aufgeschlitzt, sondern aufgefräst. 20.000 sind es pro Stunde.
"Ich bin begeistert. Das wir das nicht mit dem Brieföffner machen müssen, ist doch ein Wunder der Technik."
Kein Wunder, das Nahles ihre Finger da schnell wegnehmen muss. Binnen Sekunden werden die Kuverts eingezogen und geöffnet. Zusammen mit der Noch-SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks erklärt sie, wie das Auszählen der Stimmzettel des SPD-Mitgliedervotums zum Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD ablaufen wird.
Und nachdem diese Zettel in der ersten Halle in Berlin-Kreuzberg abgeladen worden sind, ist ihre nächste Station nun mal die Hochleistungsschlitzmaschine – die steht in einem kleinen Raum. Ohne sie wäre es gar nicht möglich, die über 330.00 Briefe an einem Tag zu öffnen. Da freut sich das Noch-Generalsekretärinnen-Herz:
"Also ich bin jetzt erstmal erleichtert, dass 70 Prozent sich beteiligt haben. Das find ich einen sehr guten Wert. Wir hätten mit weniger gerechnet. Weil wir das aber noch nie gemacht haben, wussten wir’s auch nicht. Und wenn jetzt das Ergebnis am Ende auch so gut ist, umso besser. Also, aber ich geb zu: Ich bin schon nervös."
Sagt Nahles. Was aber, wenn das Mitgliedervotum scheitert:
"Dann müssen wir nochmal ganz neu nachdenken."
Was sie hingegen wenig beunruhigt: Dass ein Teil der Stimmzettel offenbar ungültig ist, weil die eidesstattliche Erklärung fehlt:
"Also erstmal ist das völlig normal, dass es auch ungültige Stimmen bei so nem großen Vorgang gibt. Die abschließende Zahl der ungültigen Stimmen kann ich Ihnen hier nicht sagen, weil wir das im Zusammenhang mit dem Bekanntgeben des Endergebnisses nach notarieller Prüfung bekanntgeben."
An etwas anderes, als den Mitglieder-Entscheid wollen die beiden Frauen nicht denken – oder zumindest tun sie so. Dabei sind die beiden offenbar als Ministerinnen in einer Großen Koalition – wenns dazu kommt - gesetzt. Es heißt, Nahles soll das Ministerium für Arbeit und Soziales bekommen, und Hendricks das Umwelt-Ressort. Aber jede Frage von Journalisten danach wiegeln beide ab:
"Dazu geben wir keinen Kommentar ab und Glückwünsche nehmen wir auch nicht entgegen."
"So ist es."
Jede Zählkiste wird protokolliert
Also weiter auf dem Weg, den die Stimmzettel der Mitglieder im Laufe des Tages nehmen werden. Sind sie erst mal geöffnet, werden sie sortiert – und das in einer riesigen Halle. Links und rechts einer Gasse: viele weiße Tische. Erst kommen kleine. Dort sitzen sich zwei Leute gegenüber. Zwischen ihnen auf dem Tisch: Drei Boxen. Barbara Hendricks erklärt das System:
"Hier werden also die blauen Umschläge, die schon geöffnet sind, den Sortierern gegeben. Und es werden in den gelben Kisten die ja-Stimmen, in den schwarzen Kisten die nein-Stimmen und in den grauen Kisten die etwas unklaren Sachen gesammelt. Das werden natürlich nicht so viele sein."
Direkt nach den Sortierern kommen diejenigen, die auszählen. Sie sitzen an Vierer-Tischen zusammen:
"Hier werden die sortierten Kisten angeliefert und werden hier dann gezählt und in die Stimmkästen reingegeben. Und hier haben Sie, wie Sie sehen, hier ein vier-Augen-Prinzip und da ein vier-Augen-Prinzip. Die sitzen einander gegenüber und sind natürlich zwei Zählteams. So wie sie hier sitzen."
"Wir zählen immer zweimal aus, oder?"
"Ja wir zählen immer zweimal aus."
Für jede Kiste gibt es ein Zählprotokoll. Außerdem werden Stichproben gemacht.
"Wir glauben es zwar nicht, aber es könnten sich ja zwei Leute verbünden und sagen, wir machen mal Quatsch oder so. Also die müssen wissen: Es wird auch noch ab und an geprüft."
Keiner darf die Halle verlassen
Wenn alles gut geht beim Auszählen, soll heute zwischen 16 und 18 Uhr bekannt gegeben werden, ob die SPD-Mitglieder einer großen Koalition zustimmen. Damit vorher möglichst nichts rauskommt gibt es Vorkehrungen:
"Und wenn Sie da hinten weitergucken, dann sehen Sie da eine große Anzahl von Schließfächern. Jeder der freiwilligen Helfer bekommt ein eigenes Schließfach und in diese Schließfächer werden die Handys und Fotoapparate und anderes eingeschlossen. So dass hier nicht zwischendurch irgendwas getwittert werden kann."
Und keiner der Helfer darf die Halle verlassen:
"Ich möchte aber…"
"Die werden hier natürlich verpflegt. Ja die kriegen Essen und Trinken. Die sind hier nicht kaserniert oder eingesperrt. Ja und die sind freiwillig hier. Die freuen sich alle da drauf. Die kommen aus der ganzen Bundesrepublik."
400 Helfer und Helferinnen sind es insgesamt. Dass keiner es mit Fleiß versuchen wird, das Ergebnis vorzeitig an die Öffentlichkeit zu geben, darauf vertrauen die beiden Frauen:
Wir sind schon ne solidarische Partei, sonst wären wir keine 150 Jahre alt geworden.
Sagt Nahles. Heute Nacht sind die Briefe mit den Stimmzetteln in Berlin angeliefert worden. Als erstes führte ihr Weg zu den grauen Maschinen, deren fehlerfreie Aussprache erst nach mehrfachem Üben möglich ist, die Hochleistungsschlitzmaschinen.
"Die schon zum Lieblingswort von Andrea Nahles geworden sind – aber leider nicht zum Wort des Jahres, das hätten wir auch noch schön gefunden."
Findet die noch-Schatzmeisterin der SPD, Hendricks. Aber das ist nun mal #GroKo, die Abkürzung für Große Koalition – und ob die nun mehr das Wort des Jahres 2013 oder für die kommenden vier Jahre Wirklichkeit wird, das wird sich heute im Laufe des Tages in diesen Hallen in Berlin-Kreuzberg entscheiden. Nahles und Hendricks hatten am Abend vorher jedenfalls noch ein gutes Gefühl:
"Das wird: Ich geh davon aus, dass wir ein positives Votum haben. Ich kann Ihnen aber jetzt genauso wenig, wie Barbara Hendricks sagen, wo wir genau landen, ne."