Demenz

Literarischer Abschied vom eigenen Vater

Andreas Wenderoth mit seinem Buch "Ein halber Held" in der Sendung "Lesart" im Deutschlandradio Kultur
Andreas Wenderoth mit seinem Buch "Ein halber Held" in der Sendung "Lesart" im Deutschlandradio Kultur © Deutschlandradio / Matthias Horn
Andreas Wenderoth im Gespräch mit Joachim Scholl |
In seinem neuen Buch thematisiert der vielfach ausgezeichnete Reporter Andreas Wenderoth das Leben mit seinem demenzkranken Vater. Der war selbst Journalist – und hat seinem Sohn sogar noch den Buchtitel geliefert.
Das neue Buch des Reporters Andreas Wenderoth könnte privater kaum sein. "Ein halber Held" liefert einen einzigartigen Einblick in die Emotions- und Gedankenwelt seines demenzkranken Vaters. Es ist subtiler und poetischer und an vielen Stellen auch komischer als vieles, was bisher über die Krankheit geschrieben wurde.
Wenderoth hatte, wie er im Deutschlandradio Kultur berichtete, anfangs starke Zweifel an dem Projekt. Er habe lange mit seinem Vater und seiner Mutter darüber diskutiert. Nach langer Abwägung habe die Familie dann letztlich mehr Vor- als Nachteile gesehen.

Wenderoth half das Schreiben beim Abschiednehmen

Ihm selbst habe das Schreiben beim langen Prozess des Abschiednehmens geholfen. Seine Mutter müsse jetzt nichts mehr erklären, wenn sie nach dem Zustand ihres Mannes und den eigenen Belastungen gefragt werde – sondern könne einfach das Buch "rüberschieben". Und der Vater fand laut seinem Sohn schlicht die Aufmerksamkeit gut.
"Wenn ich den geringsten Widerstand gespürt hätte, hätte ich das Projekt nicht verfolgt", sagte Wenderoth. Doch der Vater lieferte ihm dann sogar noch den Buchtitel frei Haus. Er war einst selbst Journalist, Moderator beim Rias, und hat später dann sogar die Texte des Sohns redigiert.

Die Arbeit am Buch bescherte beiden viele Glücksmomente

Inzwischen ist er im Heim, und es geht laut Wenderoth weiter bergab mit ihm. Aber der Sohn erinnert sich nun an viele "Glücksmomente", die die Arbeit am Buch den beiden noch bescherte – und an die Selbstironie, die der Vater sich lange erhielt. Was eher untypisch für Demente ist.

Andreas Wenderoth: Ein halber Held. Mein Vater und das Vergessen
Karl Blessing Verlag, München 2016
304 Seiten, 19,99 Euro

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