Das Paar der Roaring Twenties

22.11.2011
Ruhm, Sex, Geld - der Autor Francis Scott Fitzgerald und seine Frau Zelda waren berühmt für ihren Lebenswandel. Weniger bekannt ist, dass beide - nicht nur F. Scott Fitzgerald - Schriftsteller waren. Der Roman "Ein Walzer für mich" von Zelda Fitzgerald ist voll von Poetik und berührenden Szenen.
Eine Unzahl direkter Vergleiche, schiefe Bilder, Figuren, deren Charaktere eher behauptet als beglaubigt werden; oft mehr Kolportage einer Biografie als literarische Bewältigung des Stoffs – was für ein Buch! Und doch schälen sich gerade aus dieser kruden Unmittelbarkeit immer wieder poetische Augenblicke, berührende Szenen, dramatische Einsichten und bleibende Momente, zumal wenn man um die weitgehende Übereinstimmung des Erzählten mit dem Erleben der Autorin weiß. Leben und Werk sind in diesem Fall nicht voneinander zu trennen, ja das Leben und seine öffentliche Inszenierung war ein entscheidender Teil von Zelda Fitzgeralds Werk, das nicht zuletzt davon handelt.

"Die Amy Winehouse der Zwanziger" hat Die Welt Zelda Fitzgerald genannt, Ehefrau und Muse des gefeierten Schriftstellers F. Scott Fitzgerald. Es war das Paar der Roaring Twenties. Ruhm, Sex, Geld, Alkohol, Partys - nicht nur die berühmten Fitzgerald-Romane, auch das Leben der Fitzgeralds selbst war voll davon. Nur wenige wissen, dass auch Zelda schrieb. Sie war Teil des Romankosmos Fitzgerald, diente ihrem Mann als Vorbild für seine Frauenfiguren, ist aber wohl auch selbst Verfasserin nicht weniger Passagen. Aber sein Name brachte das Geld. Das wilde Leben ließ ihn in schwerem Alkoholismus versinken und brachte sie in die Psychiatrie. Danach schrieb Zelda den Roman "Save me the Waltz", der 1932 erschien und nun in einer neuen Übersetzung auf Deutsch herauskommt.

Erzählt wird von der schönen Alabama Beggs, die den erfolgreichen Maler Richard Knight heiratet, den sie während des Ersten Weltkriegs kennen lernt. Der Roman schildert Alabamas Leben chronologisch in vier Teilen, beginnend mit der Jugend im US-amerikanischen Süden, gefolgt von einem Frankreich-Aufenthalt des Glamour-Paars, das inzwischen eine kleine Tochter hat. Alabama beschließt, ihr Heil in einer Tanzkarriere zu suchen. "Ich will auf eigenen Füßen stehen!", sagt sie schon als kleines Kind zu ihrer Mutter.

Spät berufen, trotzt sie ihrem Körper und der gnadenlosen Welt des klassischen Balletts eine Karriere als Ballerina ab, die sie von ihrem Ehemann und der Welt der Besäufnisse und Partys, aber auch von ihrem Kind entfremdet, und schließlich im letzten Teil eine Art bodenständiger, schmerzhafter und kurzer Erfüllung auf dem Tanzboden der Oper von Neapel erfährt. Zum Ende kehrt der Roman, mit ihm die kleine Familie Knight, an seinen Ausgangspunkt, in Alabamas Elternhaus zurück. Ihr Vater stirbt. Die letzte Party ist die nach seiner Beerdigung. Alabama leert die Aschenbecher und sagt:
"Ich kippe einfach alles auf einen großen Haufen mit dem Schild `Vergangenheit´, und wenn ich auf diese Art das tiefe Reservoir geleert habe, das einmal mein Ich war, kann ich weitermachen."

So wie Alabama mit aller Kraft, mit größtem Ehrgeiz und mit Rücksichtslosigkeit ihren Körper zu dem einer Tänzerin formt, forciert Zelda Fitzgerald Metaphern, Figuren, Landschaften und Dialoge zu einem lebendigen Tableau, das ihr zerklüftetes Leben spiegeln, ihm wohl aber auch so etwas wie eine Fassung geben sollte.

Besprochen von Hans von Trotha

Zelda Fitzgerald: Ein Walzer für mich
Aus dem Amerikanischen neu übersetzt von Pociao
Diogenes Verlag, Zürich 2011
368 Seiten, 22,90 EUR
Mehr zum Thema