Das Hutznhaisl von AFF Architekten

Außen Betonbunker, innen Holzhütte

Das Hutznhaisl von AFF Architekten ist von außen ein Betonbunker.
Das Hutznhaisl von AFF Architekten in Walden am Fichtelberg © Deutschlandradio/ Katja Bigalke
Von Katja Bigalke · 24.02.2018
Die typische Berghütte ist oft ein wenig spießig, architektonisch kein Hingucker. Zwei Architekten haben sich deshalb an dem Minimalismus der traditionellen Hütten orientiert und diesen mit einer modernen Fassade kombiniert.
Da liegt er im Schnee, ein etwa zehn Meter langer, eingeschossiger Kasten aus Beton, mit einem kleinen Giebel, der wie eine Flosse aus der rechten Seite des Flachdachs lugt. Keine Fenster zur Straßenseite. Die einzige Einbuchtung in der glatten Fassade - sie stellt sich als Eingang heraus - wirkt wie eine Schießscharte. Erster Eindruck: Abweisend. Auch die 180 Kilo schwere Beton-Haustür ist gar nicht so leicht zu öffnen.
Aber es geht dann doch. "Ja bitte noch hier den Schnee abklopfen der muss draußen bleiben." Der Architekt Martin Fröhlich. Tür zu. Blick wieder versperrt für die Menschen, die sich gegenüber im Erzgebirgsstübel eingemietet haben. Für die bleiben ironische Sätze: der Bunker. In der Pension gibt es ein Zimmer, da steht dran "mit Bunkerblick". Es wird auch touristisch vermarktet sozusagen.
Sven Fröhlich betreibt mit seinem Bruder Martin das Berliner Büro AFF Architekten. Und er verbringt mit ihm und den Kindern regelmäßig Ferien und Wochenenden im gemeinsamen Hutznhaisl: "Das ist eine, wir haben sie Schutzhütte genannt. Eine spartanische Bleibe zum Skifahren und Wandern."

Recycelte Industriemöbel und Holzdielen an den Wänden

Auf der einen Seite aus Beton - auf der anderen Seite aus Glas. Eine durchgehende Fensterfront öffnet den Blick auf einen verschneiten Wald-Hang. Das Innere: schlicht: Betonwände, Betonboden, Betonbetten in den beiden Schlafzimmern. Lediglich, die durch zwei große Öfen in der Mitte geteilte Stube ist mit Tisch, einem Teppich und recycelten Industrie-Möbeln etwas üppiger ausgestattet. Dass es hier angenehm warm ist, hat auch mit den mit Holzdielen zu tun, mit dem die meisten Innenwände verschalt sind.
Sven hat intensiv hier gearbeitet und hat im Innern sozusagen eine Blockbohlenstube gebaut. Das ist ganz traditionell auch in Bauernhäusern aus Stein. Klar, die Schlafräume sind kalt, aber die Hutznstube, wie man sie nennt, die bringt nochmal Isolierung.
Die Hütte aus dem Jahr 1971, die ursprünglich an der Stelle des Hutznhaisls stand, war auch aus Holz. Zu DDR-Zeiten diente sie als Schlafquartier für Skifahrer des Sportvereins Dynamo, die im nahe gelegenen Wintersportzentrum Oberwiesenthal trainierten. Als die Architekten, die seit der Wende zunehmend verfallende Hütte 2008 erstanden, wollten sie hier an die Kindheit anknüpfen, in der sie viel Zeit in der Region verbrachten. Erinnerungen an eine Konfrontation mit den Elementen:
"Das war sicher vor 30 Jahren noch anders. Auf historischen Aufnahmen sieht man, da war der Schnee 4 Meter hoch, da wurden regelrecht Straßen rein gegraben. Das waren so Erlebnisse mit den Eltern, dass einen beim Langlauf der Eishagel ins Gesicht peitschte. Das hat man hier schon. Grundsätzlich ist das Wetter hier rau."
Und rau sollte auch die Hütte werden. Sie sollte Schutz bieten, nicht aber allen Komfort. Wie Schutzhütten in den Alpen. "Insofern: Wir sind im Schutzhüttenexperiment."

Ein Drittel des Tages geht für Lebensnotwendiges drauf

Ein Experiment, das daraus besteht, regelmäßig Feuerholz zu hacken, die beiden Öfen am Laufen zu halten und am einzigen Wasserhahn Wasser in Eimer abzufüllen - für den Abwasch und die Toilette:
"Man ist zu 30 Prozent mit lebensnotwendigen Dingen beschäftigt, ich heize das Wasser um abzuwaschen, ich wasche ab, ich trockne das Geschirr, ich muss das auf dem Ofen trocken, Butter an die richtige Stelle stellen damit man die schneiden kann. Die Dinge des täglichen Lebens werden in Frage gestellt. Die Wände haben Eisblumen. Insofern ist das ein bisschen nostalgisierend, aber auch eine stete Kritik."
Walden am Fichtelberg. Wobei dem architektonischen Entwurf hier deutlich mehr Gewicht zukommt als Henry David Thoreaus Hütte am See. Die Betonverschalung, die die Fröhlichs - auch weil das Baurecht ihnen vorschrieb, die alte Hütte erhalten zu müssen - um das alte Holzhaus gegossen hatten, zeigt im Inneren noch deren Abdruck. Spuren von Fensterstreben und Holzlatten im Beton.
"Wir haben so ironisch auch immer gesagt: Das ist auch der Abdruck des Wanderers im Schnee."
Der nach einem Tag über den Wolken endlich die Füße vor dem Ofen ausstrecken kann. Man hat rote Wangen und das Gefühl, dass man draußen war. Man freut sich über die Wärme die durch so einen einzelnen Holzscheit zustande kommt, und denkt sich, man braucht eigentlich wenig, um glücklich zu sein am Ende.
Mehr zum Thema