Das Frozen Ark Projekt

Eine Sicherheitskopie für die Artenvielfalt

Ein Nördliches Breitmaulnashorn beschnuppert in seinem Gehege im tschechischen Zoo Dvur Kralove (Königinhof an der Elbe) einen Reisecontainer.
Das Nördliche Breitmaulnashorn gilt als so gut wie ausgestorben. © dpa picture alliance/ Zoo Dvur Kralove/Myslivecko
Von Christiane Habermalz · 05.03.2015
Das Frozen Ark Projekt ist eine Art Backup für die Artenvielfalt. Dem vom Aussterben bedrohten nördlichen Breitmaulnashorn könnte das noch helfen. Weniger imposante Gestalten der Tierwelt bleiben aber auf der Strecke. Ein Weckruf!
Hätte der Dodo in heutiger Zeit das Zeitliche gesegnet – möglicherweise hätte er noch eine Chance gehabt. Reproduktionsmediziner hätten aus den letzten Exemplaren der madegassischen Riesentauben Eizellen abgesaugt und Spermien gewonnen, über IVF-Verfahrene eine künstliche Befruchtung initiiert und die Embryos vielleicht einer Gänseleihmutter eingepflanzt. Die hätte dann Dodo-Eier gelegt und ausgebrütet – die Art wäre gerettet. Um bedrohten Tierarten das Schicksal des Dodo zu ersparen, gibt es heute das Frozen Ark Projekt: Wissenschaftler erstellen nichts anderes als ein Backup der Tierwelt – eine Art genetischer Sicherheitsdatenbank der Letzten ihrer Art.
Zoos aus aller Welt beteiligt
Das Material liefern Zoos aus der ganzen Welt. Immer wenn ein seltenes Wildtier stirbt, bekommen die Wissenschaftler ein Eilpäckchen mit dem Hoden- bzw. Ovariengewebe zugeschickt. Ein Kandidat ist zum Beispiel das nördliche Breitmaulnashorn. Dessen Schicksal ist eigentlich besiegelt, nur noch drei Exemplare gibt es in Gefangenschaft in Sumatra, ein Männchen und zwei Weibchen, das Trio ist äußerst fortpflanzungsunwillig, wer könnte es verdenken, der Erwartungsdruck ist hoch. Wissenschaftler des Leibniz-Institutes ist es jetzt gelungen, den Tieren Spermien und Eizellen abzuzapfen, auch Körperzellen für mögliche Klonversuche. Die liegen jetzt im ewigen Eis, bis die Wissenschaft so weit ist. Für die Zukunft angelegt werden aber auch Zellen von Löwen und Giraffen – man kann ja nie wissen.
Wunderbar, denkt der gemeine Tierliebhaber, dann wird jetzt ja vorgesorgt. Nashörner und iberische Luchse werden vielleicht doch noch gerettet, nicht in freier Wildbahn, denn auch die wird es ja in absehbarer Zeit nicht mehr geben, aber ihre Retortenbabys oder Klone könnten einst die Zoos der Welt bevölkern, als lebendes Anschauungsmaterial für eine vergangene natürliche Artenvielfalt. Aber seien wir gerecht. Was ist mit den weniger attraktiven Arten? Wer sammelt die Keimzellen der Husmanns-Brunnenschnecke, bedrohtes Weichtier des Jahres 2009? Wer hat sich um den St-Helena-Riesenohrwurm gesorgt, der seit 1967 nicht mehr gesehen wurde?
Wer rettet die Insekten?
Von einer Million beschriebenen Insektenarten wurden bislang nur 2619 im Hinblick auf ihre Gefährdung gewertet – 21,7 Prozent davon stehen auf der Roten Liste. Ob die Menschheit bereit wäre, Forschungsgelder und Manpower für die Konservierung und Reproduktion von bedrohten Kerbtieren auszugeben – Schildläuse, Spinnentiere, Rüsselkäfer - wohl eher nicht. Vielleicht ist hier die Reproduktionsmedizin aber auch einfach noch nicht so weit. Bis dahin freuen wir uns für das nördliche Breitmaulnashorn.
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