Das Filmjahr 2009

Hannelore Heider, Hans-Ulrich Pönack und Jörg Taszman im Gespräch mit Susanne Führer · 27.12.2009
Unsere Filmkritiker küren ihre Lieblingsfilme 2009: Hannelore Heider empfiehlt "Das weiße Band" von Michael Haneke, Hans-Ulrich Pönack liebt "Frost/Nixon" und Jörg Taszmans Highlight des Jahres war Quentin Tarantinos "Inglorious Basterds". Auch die Ärgernisse des Jahres und besondere Hingucker werden erwähnt.
Susanne Führer: Welches ist denn Ihr Lieblingsfilm des vergangenen Jahres, egal ob nun deutsch oder international?

Hannelore Heider: "Das weiße Band" von Michael Haneke, weil dieser Film in einer ganz konkreten Geschichte, die auch glaubhaft in einer bestimmten Zeit, in einer bestimmten Landschaft angesiedelt ist, wirklich über die große Welt und über den Mensch, den deutschen Menschen insbesondere erzählt und er dafür nicht das Kino neu erfinden musste, sondern einfach – natürlich nicht einfach – ausgeschöpft hat, was Kino kann, von exquisiter Kameraführung über die für mich bestdenkbare Besetzung aller Rollen bis zu einem ganz klugen Musikeinsatz. Und ich habe es hier in der aktuellen Kritik schon gesagt im Deutschlandradio: Wenn man der Welt sagen sollte, was an Deutschland gut und schrecklich ist, dann müsste man diesen Film eigentlich überall hin verleihen.

Susanne Führer: "Das weiße Band" hat ja auch kräftig abgeräumt, jetzt gerade bei den europäischen Filmpreisen, drei Hauptpreise gewonnen, den Goldenen Löwen in Cannes, wollen wir mal hören, Hans-Ulrich Pönack, Ihr Lieblingsfilm im Jahr 2009?

Hans-Ulrich Pönack: Mein Lieblingsfilm ist "Frost/Nixon". Ich habe noch nie im Kino erlebt: einen Western mit Worten, einen Verbalwestern. Da sitzen zwei sich gegenüber und duellieren sich, wie ein Sheriff und wie ein Cowboy damals, der Moderator David Frost und der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Richard Nixon. Und was da entsteht, ist so spannend, ist so hautnah, ist so überragend, dass ich sagen muss: Sowas habe ich im Kino noch nie erlebt und das ist deshalb mein Lieblingsfilm des abgelaufenen oder des jetzt ablaufenden Jahres.

Führer: Ich habe die Vermutung, Jörg Taszman, dass Sie noch einen anderen Film auswählen, oder?

Jörg Taszman: Ja, ich entscheide mich jetzt für was Knallbuntes, nämlich für "Inglourious Basterds" von Quentin Tarantino, weil ich endlich mal im Kino eine Geschichte gesehen habe, wo Filmgeschichte genüsslich geplündert wird, wo eine andere Rachegeschichte erzählt wird und wo deutsche Schauspieler so gut sind wie nie in deutschen Filmen. Und das hat mir unglaublich gut gefallen.

Führer: Sie haben jetzt den gerade angelaufenen Film "Avatar" gar nicht erwähnt von James Cameron, wo ich weiß, dass Hans-Ulrich Pönack zumindest vollkommen begeistert von dem ist. Der ist ja auch eine technische Meisterleistung. Frau Heider, Sie sind aber nicht angetan?

Heider: Ich bin offensichtlich ein altmodischer Kinogänger. Selbst wenn mir die Augen übergehen, muss trotzdem das Herz aufgehen. Und das ist bei diesem Film eigentlich nicht gelungen. So verblüfft und so begeistert ich die Bilder gesehen habe, ich finde diese Geschichte wirklich althergebracht, fast banal, und das Schicksal der Welt wird wieder mal ausgekämpft am Ende von Panzern, Flugzeugen und Männern. Und da war mir ein bisschen wenig investiert, so viel wie investiert wurde in wirklich ein überwältigendes, visuelles Erlebnis.

Führer: Jetzt das flammende Plädoyer von Hans-Ulrich Pönack?

Pönack: Na ja, für mich ist das ein kinematografisches Sensationsereignis, also, hier geht das Kino weiter, sowohl in technischer Hinsicht als auch, wie ich denke, in inhaltlicher Hinsicht. Denn in inhaltlicher Hinsicht sagt der Film uns, dass sich an der Welt nichts verändern wird, dass wir im 22. Jahrhundert genau die gleichen schlimmen Amerikaner haben als Weltpolizei, als Sheriffs und die alles niedermachen, was ihren Interessen sich entgegenstellt. Und das finde ich schon phänomenal.

Aber mich hat das auch visuell absolut überzeugt und ich finde das grandios. Ich denke, das ist ein Meisterwerk. Aber wir vergessen bei solchen Rückblicken gerne die Filme vom Anfang des Jahres, und deshalb habe ich auf "Frost/Nixon" gesetzt, der mich auch intellektuell außerordentlich interessiert, gepackt hat und auf den sicherlich jetzt im Dezember niemand kommt, weil er im Februar angelaufen ist und da war es mir einfach wichtig, auf den noch mal als großen Film des Jahres hinzuweisen.

Führer: Blicken wir mal ein bisschen spezieller auf den deutschen Film, für den war das ja wirtschaftlich ein richtig gutes Jahr, über 25 Prozent Marktanteil. War es künstlerisch auch ein gutes Jahr? Welches sind denn Ihre deutschen Filmfavoriten, Jörg Taszman?

Taszman: Ich würde sagen, wir müssen immer sehr vorsichtig sein mit diesen Jubelzahlen, da werden alle amerikanischen Koproduktionen mit eingerechnet, in dem Fall die zwei Millionen Zuschauer von "Der Vorleser", die zwei Millionen Zuschauer von "Inglorious Basterds", die 1,3 Millionen Zuschauer von dem Tom Cruise Stauffenberg-Film, das ist dann plötzlich auch alles deutscher Film, so kommt man dann auf 25 Prozent.

Und wenn wir uns dann letztendlich angucken, was war denn wirklich deutschsprachiges Kino, was hat denn wirklich ... ist hier in Deutschland produziert worden, dann sieht es schon ein bisschen dünner aus, dann laufen eigentlich nur noch Komödien wirklich gut, in dem Fall "Zweiohrküken", der mich ganz amüsiert hat, oder "Wiki und die starken Männer".

Aber sobald es ein bisschen anspruchsvoller wird, dann will plötzlich keiner mehr deutsche Filme sehen, was ich sehr, sehr schade finde und da muss ich natürlich "Das weiße Band" erwähnen. Das ist natürlich ein Film, der mich sehr beeindruckt hat, ich finde, es ist auch der zugänglichste Film bisher, den Michael Haneke gedreht hat, aber abgesehen davon war leider relativ wenig los. Natürlich möchte ich noch "Soul Kitchen" erwähnen von Fatih Akin, der einfach Spaß gemacht hat – endlich mal einer, der sich wagt, auch eine Klamotte zu drehen, obwohl er als relativ intellektueller Regisseur gilt. Also, da würde ich mir einfach mehr erwarten.

Was ich vermisse im deutschen Kino ist: Warum erzählen wir nicht unsere eigenen historischen Filme auf Deutsch, warum können wir nicht aus unserer Geschichte heraus Geschichten erzählen, wie es die Amerikaner dann machen? Warum müssen Filme wie "Der Vorleser" immer auf Englisch gedreht werden?

Führer: Hannelore Heider, gibt es neben dem "Weißen Band" noch einen herausragenden deutschen Film des vergangenen Jahres für Sie?

Heider: Ja, sicherlich Christian Petzolds "Jerichow", aber da muss ich Jörg Taszman Recht geben, das ist auch ein Film, der natürlich nicht die deutschen Zuschauermassen in die Kinos getrieben hat. Sehr gefreut, sehr verblüfft war ich über "Alle Anderen" von Maren Ade, auch am Anfang des Jahres schon auf der Berlinale gelaufen, eine wieder kleine, konkrete, ganz individuelle Beziehungsgeschichte, die für mich trotzdem mehr erzählt hat, als ich sonst oder bisher gesehen habe jetzt wirklich auch mal an psychologischer Tiefe. Und da fand ich auch, ganz tolle Schauspielerleistungen, während mich zum Beispiel im deutschen Film diese Flut von biografischen Filmen geärgert hat, weil sie mir wirklich nichts Neues gebracht haben. Ich finde, da sind große Chancen vertan worden und bei Komödien müsste ich natürlich noch "Whisky mit Wodka" nennen von Andreas Dresen, ein sehr amüsanter Film.

Führer: Hans-Ulrich Pönack?

Pönack: Ja, ich stimme da Jörg Tasman zu, wir haben also 50 Prozent deutschen Müll im Kino, der gar nicht ins Kino gehört, der aber nun im Kino offensichtlich funktionieren soll, um dann die DVD vorzubereiten, ja, und das Albernste ist: Wir haben fast jeden Tag einen roten Teppich für einen mittelmäßigen deutschen Film, das geht mir langsam gegen den Strich. Der rote Teppich ist völlig entwertet.

Meine deutschen Lieblingsfilme sind "Whiskey mit Wodka", also, über den habe ich mich sowas von amüsiert, ein phantastisches Buch von Wolfgang Kohlhaase. Andreas Dresen hat es geschafft, einen amüsanten, komödiantischen, unterhaltsamen, sinnlichen, pointierten Film zu drehen, den leider viel zu wenig gesehen haben, das tut mir sehr leid.

Und für mich ist der herausragende Film in diesem Jahr ein Rummelplatzfilm, wir trauen uns auch mal, eine Show zu machen, auch mal, zu übertreiben: "Lulu & Jimi" von Oskar Röhler. Den habe ich geliebt, das ist für mich ein Movie, wo ich sah, Jahrmarkt und Rummelplatz und alles zusammen, und ich dachte, es darf nicht wahr sein, wir können es also auch! Bitte schön. Das sind für mich die beiden deutschen Highlights im Kino des Jahres 2009.

Taszman: Einen Film würde ich vielleicht noch als deutschen Film erwähnen wollen, obwohl es ein Dokumentarfilm ist, und das war "Achterbahn", das war so ein Film, sowas würde ich mir im Spielfilm wünschen, das ist die Geschichte von Norbert Witte, der hier in Berlin den ehemaligen Kulturpark, den Spreepark übernommen hat, grandios pleitegegangen ist, eine ganz dramatische Familiengeschichte erleben musste, weil sein Sohn eingesperrt wurde für ein Vergehen, was er selber begangen hat, und da ist eine Geschichte erzählt worden, wo man sich sagt: Die gibt es doch gar nicht im Leben, die gibt es doch sonst nur im Kino.

Führer: Wir blicken auf das Filmjahr 2009 zurück mit unseren Filmkritikern Hannelore Heider, Hans-Ulrich Pönack und, eben gehört, Jörg Taszman. Welche Filme haben Sie denn noch beeindruckt, internationale Filme, Hans-Ulrich Pönack?

Pönack: Also, für mich ist mein definitiver Lieblingskleinfilm, sage ich mal, "El Dorado", eine Koproduktion in Belgien, Frankreich. Das ist Dick und Doof aus Belgien, das ist ein Junkie und ein Autohändler, die auf Seelenreise gehen, ein Roadmovie, nur 80 Minuten. Das ist sowas von kurzweilig, das ist sowas von nahegehend, sowas von berührend, sowas von Slapstick, sowas von wunderschön – und das sind so die kleinen Highlights, die Sleeper, wie ich immer sage, die dann immer kommen, wenn im Sommer Fußballweltmeisterschaft ist. Wenn die großen Filme Pause haben, dann entstehen in den Ecken und Kanten, in den Arthousekinos kleine Filme und das ist einer von denen, die man auch im Nachhinein auf DVD jetzt entdecken sollte, "Eldorado", den habe ich geliebt, wunderbarer Film.

Führer: Frau Heider, welchen Film haben Sie denn noch geliebt?

Heider: Weil mein Kollege Pönack bei den sogenannten kleineren Filmen war: "Séraphine" jetzt am Ende des Jahres, auch ein französischer, ein biografischer Film über diese grandiose, naive Malerin und damit sind wir aber auch gleich bei meiner Lieblingsschauspielerin des Jahres, Yolande Moreau, die eigentlich für mich hätte den europäischen Filmpreis bekommen müssen.

Es hat ihn Kate Winslet gekriegt und Kate Winslet war richtig gut – und einer meiner Lieblingsfilme des Jahres – in "Zeiten des Aufruhrs". Ihr Ehemann Sam Mandes hat sie auf eine Art vor die Kamera gebracht, also – so schön, so strahlend, so bezaubernd in eigentlich einem tragischen Film habe ich diese Frau noch nie gesehen. Und natürlich – ein Film wie "Gran Torino" oder auch "Schande" mit John Malkovich, das ist großes Erzählkino und da sind die Hollywood-Millionen auch mal wirklich gut verballert worden. Das sieht man diesen Filmen an, aber sie sind eben getragen von einfach grandiosen Schauspielern.

Führer: Gehen wir mal ans andere Ende des Spektrums der Genres, ich habe so den Eindruck, dass Dokumentarfilme jetzt so seit einigen Jahren doch wieder ein relativ großes Publikum finden. Gibt es da – Sie hatten vorhin einen schon genannt, Jörg Taszman, "Achterbahn" – sonst noch andere Dokumentarfilme, die Sie beeindruckt haben? Oder, Sie finden gar nicht, dass Dokumentarfilme ein Publikum finden, habe ich den Eindruck?

Taszman: Na ja, es ist ähnlich wie auch beim Spielfilm: Sobald diese Dokumentarfilme zu ernst sind, sobald sie auch zu tragische Schicksale oder zu komplexe Schicksale erzählen, bleiben sie in einem Ghetto von etwa 20.000 Zuschauern stecken, aus dem sie dann nicht mehr herauskommen.

Führer: Also, sie müssen schon von Michael Moore sein?

Taszman: Nein, nicht mal Michael Moore, das war gerade mein Punkt, nicht einmal Michael Moore schafft es mit einem, wie ich finde, sehr unterhaltsamen und auch sehr pointierten Film wie "Kapitalismus - eine Liebesgeschichte" noch mehr als 59.000 Zuschauer zu ziehen in den deutschen Kinos. Das muss man sich mal vorstellen: Der hat mit "Bowling for Columbine" und mit "9/11" noch Millionen Zuschauer gehabt, und jetzt wollen es nur noch 59.000 sehen, das in Zeiten der Wirtschaftskrise, das in Zeiten, wo Gewerkschaften erstarken, wo Studenten auf die Straße gehen, wo ein politisches Bewusstsein da ist. Aber komischerweise: Im Kino will das keiner sehen, dabei war das einer der verblüffendsten Filme für mich, also auch Dokumentarfilme. Natürlich macht Michael Moore nicht unbedingt etwas Neues, aber er erzählt mir etwas Neues. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass amerikanische Firmen Lebensversicherungen auf Mitarbeiter abschließen können, ohne dass die etwas darüber wissen und so dann auch noch Millionen einstreichen.

Führer: Frau Heider, Sie haben vorhin schon zwei herausragende Schauspielerinnen genannt, nämlich Yolande Moreau, die Belgierin, und Kate Winslet. Wenn Sie mal auf die männliche Rige schauen, wo sind da für Sie die herausragenden schauspielerischen Leistungen?

Heider: Das Jahr fing mal für mich ganz gut an, da hatte ich deutsche Schauspieler, wo ich dachte, ach, schön, dass man sie öfter sieht. Aber das ist jetzt gleich eine Kritik. Es gibt auch deutsche Schauspieler, die man jetzt wirklich abspielt. Also, ich kann David Striesow, der für mich wirklich in den letzten Jahren an Profil gewonnen hat, den ich unheimlich gerne sehe, inzwischen kann ich ihn nicht mehr sehen. Ich glaube, der war in fünf, sechs, sieben Filmen dieses Jahres zu sehen, genauso Matthias Schweighöfer, Daniel Brühl. Die werden verheizt, die schwimmen auf der Woge des Erfolgs, Menschen gehen auch ihretwegen ins Kino, was ja toll ist, dass das endlich auch bei deutschen Schauspielern geschieht, aber ich mag es wirklich gar nicht mehr. Ich habe wieder mit voller Hingabe des ganz normalen Kinozuschauers mir Clint Eastwood in "Gran Torino" angeguckt.

Führer: Hans-Ulrich Pönack?

Pönack: Für mich ist die Sensation in diesem Jahr das Comeback von Mickey Rourke, an den ich überhaupt nicht mehr geglaubt habe oder auf den gesetzt habe, wie der sich ... "The Wrestler", wie der sich vor der Kamera gibt, wie er da seine Seele, Entschuldigung, auskotzt, das ist brillant.

Führer: Hans-Ulrich Pönack, jetzt haben wir hier eine Runde eigentlich fast nur Preise vergeben die ganze Zeit, jetzt kommen wir doch mal zu den Zitronen, also zu den Flops, den Ärgernissen. Fangen Sie an!

Pönack: Na, für mich ist das allergrößte Ärgernis und für mich das schlimmste Ärgernis ist der "Antichrist" von Lars von Trier. Also, wenn jemand eine Macke hat, das tut mir sehr leid, und wenn dann jemand in Psychotherapie ist, das tut mir dann auch leid, und wenn er behandelt wird, das muss dann sein, und wenn er dann während dieser Behandlung oder während seiner Krankheit Bilder sieht, das mag sein, aber dass er mir diese Bilder auf der Leinwand in dieser widerwärtigen, viehischen, wirklich gemeinen und ekelerregenden Art und Weise zeigt, das finde ich schon sowas von schmerzhaft und sowas von widerwärtig, dass ich sagen muss: Das braucht das Kino wirklich nicht. Nein, das akzeptiere ich nicht.

Führer: Frau Heider, worüber haben Sie sich denn am meisten geärgert?

Heider: Dass unsere Kinoleinwände – und wir haben ja eigentlich viele, viele, viele davon – immer noch straflos zugemüllt werden dürfen von belangloser Kinokost, von Komödien, von romantischen Komödien aus Hollywood, die für mich dieses Jahr alle gefloppt sind. Gerade mal Sandra Bullock hatte so einen kleinen Lichtblick wieder, aber sowohl Jennifer Aniston als auch Renée Zellweger haben sich da verwurschteln und vermarkten lassen.

Und die Deutschen machen es merkwürdigerweise mit Männerkomödien, "Männerherzen", "Männersache", da wird nichts Neues ... seit 20 Jahren werden dieselben verfusselten, hilflosen Männertypen da uns vor die Nase gesetzt, aber scheinbar freuen sich die Frauen darüber, ich weiß auch nicht, dass sie die wenigstens nicht zu Hause haben. Es ärgert mich wirklich, es nimmt ja auch sehr viel unserer Zeit in Anspruch, es ist auch unsere Lebenszeit, die wir da verbringen und das ist schon ärgerlich.

Führer: Jörg Taszman, wo hat sich denn Ihr Ärgerpotenzial voll austoben dürfen?

Taszman: Es gibt zwei Dinge, die mich sehr ärgern. Abgesehen von einem Film, der mich sehr geärgert hat, nämlich ""Die Tür", aus dem ganz einfachen Grunde, weil es eigentlich ein Genrefilm ist, ein Mystery Thriller ist, aber erst mal ein Kind sterben muss, weil der Papa fremdgegangen ist und immer Kinder dafür herhalten müssen, immer müssen Kinder sterben, um daran einen Plot festzumachen, ein Drama festzumachen und dann in nichts Billigerem als in einem dummen Thriller, sage ich mal, da kann man sich auch andere dramaturgische Möglichkeiten einfallen lassen. Also, sowas ärgert mich, wie sowas überhaupt entstehen kann, dass da kein Produzent ist, der denen man ein bisschen auf die Finger klopft.

Was mich aber allgemein ärgert, ist dieser Overkill, der für gewisse Hollywoodfilme gemacht wird, wie jetzt auch für "Avatar", wenn es selbst in den sogenannten seriösen Medien tagelang kein wichtigeres Thema gibt, alle anderen Filme dadurch weggebügelt werden. Das war auch bei "Illuminati" so. Also, es gibt so diese zwei, drei Hollywoodfilme, wo alle meinen, sie müssen tagelang aus sämtlichen Winkeln darüber berichten und wo keiner den Mumm hat, auch mal zu sagen, nein, wir machen jetzt mal den kleinen Film.

Führer: Zum Schluss, Fazit, alles in allem: Ein gutes Filmjahr 2009?

Pönack: Viel zu viele Filme im Kino, der schönste Spruch des Jahres heißt "Finde dein Bellen"; aus "Beverly Hills Chihuahua", Tierfilm, also Pöni-Film, und ich erwähne noch ganz kurz: Pixar hat uns wieder ein Meisterwerk mit "Oben" geliefert, ansonsten war es mir alles viel zu viel. Wir müssen nicht 470 Filme im Jahr im Kino haben, die Hälfte macht es auch und dann wäre es spannender.

Heider: Ja, wenn "Oben" und "Wo die wilden Kerle wohnen", nur diese beiden Filme aus Hollywood gekommen wären, wäre es für mich eigentlich ein schönes Kinojahr gewesen. Es war zu viel, da sind wir uns sicher alle einig, und wenn man sich zwei Wochen später mal entschließt, einen Film nun endlich, weil man Zeit hat, anzugucken, dann sind diese Filme weg, wenn sie nicht gerade die ganz groß beworbenen sind. Ansonsten: Wir haben so viele Filme nicht aufzählen können, sodass es eigentlich ein durchschnittliches Kinojahr war.

Führer: Jörg Taszman hat das Schlusswort: Bilanz Filmjahr 2009?

Taszman: Was vielleicht ein bisschen gefehlt hat, waren die ganz herausragenden Filme, die, die einen wochenlang beschäftigt haben. Es gab viele gute Filme, es gab viele sehenswerte Filme, deswegen habe ich mich letztendlich ja auch für "Inglorious Basterds" entschieden, weil das doch der Film war, der mich auch am meisten bewegt hat, der mich auch im Nachhinein am meisten beschäftigt hat. Ich finde, die amerikanischen Filme werden immer langweiliger, immer vorhersehbarer, aber dafür haben wir Gott sei Dank noch das europäische und in erster Linie das französische Kino und das hat es für mich in diesem Jahr, auch durch die Genrevielfalt, die bei den Franzosen funktioniert, was wir Deutschen leider nicht können, war es für mich doch ein sehr angenehmes und positives Jahr.