Auch in Krisenzeiten

Dankbarkeit lässt sich trainieren

Eine Hand klebt einen Notizzettel an einen Computerbildschirm, auf den mit rotem Stift ein Smiley gemalt wurde.
Dankbarkeit zu empfinden ist nicht schwer. Wir müssen lediglich die Aufmerksamkeit wieder auf das Gute wenden, erklärt Coach Christian Thiele. © imago / Westend61
Ein Einwurf von Christian Thiele · 25.11.2022
Krieg in der Ukraine, Klimawandel, Preiskrise – keine guten Zeiten. Für Zufriedenheit und gute Laune scheint da kein Platz zu sein. Der Coach Christian Thiele aber rät gerade jetzt dazu, dankbar zu sein – und bewusst das Positive wahrzunehmen.
Wenn Sie an die vergangenen ein, zwei Tage zurückdenken: Was ist Ihnen an Gutem, Schönem, Ermutigendem widerfahren? Wem könnten Sie dafür eigentlich mal „Danke“ sagen?
Es fällt Ihnen schwer, sich an etwas Positives zu erinnern? Kein Wunder. In Europa herrscht Krieg, die Krisen häufen sich. Die Zeiten sind schlecht.
Die Dankbarkeit hat es da schwer bei und in uns.

Bewusst das Positive wahrnehmen

Aber gerade in Situationen der Ungewissheit, des Umbruchs, des Unmutes sollten wir bewusst das Positive, das Gelingende wahrnehmen, den Wert des vermeintlich Selbstverständlichen anerkennen. Damit wir nicht von der Negativität in einen Abwärtsstrudel gezogen werden.
Scham, Neid, Angst und andere negative Empfindungen schützen uns zwar vor Gefahren – aber sie verengen unsere Aufmerksamkeit, unsere Handlungsräume. Wollen wir sie weiten, wollen wir kreativer und sozial anschlussfähiger werden, sollten wir bewusst Interesse, Freude, Gelassenheit und andere positive Emotionen kultivieren.
Und Dankbarkeit ist eine besonders wirksame Form positiven Empfindens.

Dankbare Menschen sind glücklicher

Studien legen nahe: Dankbare Menschen sind weniger gestresst, weniger traurig, glücklicher als Menschen, die weniger Dankbarkeit empfinden. Sie scheinen auch seltener zu Depression und Selbstmitleid zu neigen, haben offenbar erfülltere soziale Beziehungen.
Und wir müssen nichts großartiges tun, um Dankbarkeit zu empfinden. Es reicht, die Aufmerksamkeit immer wieder auf das Gute, Gelingende zu richten, den inneren Scheinwerfer bewusst mal wegzudrehen von den Krisen und Katastrophen. Und ihn auf die Menschen zu richten, die uns Gutes tun:
Die Frau neben uns, die sich nach dem heruntergefallenen Geldstück an der Ladenkasse bückt. Der Kollege, der uns unter die Arme gegriffen hat bei etwas, das wir nicht so gut können. Vielleicht auch die Eltern, die Mathelehrerin, der Fußballtrainer, die uns in unserer Kindheit bestärkt haben und denen wir auch heute noch dankbar sein können.

Dankbarkeit lässt sich trainieren

Manche Menschen sind von Natur aus dankbarer als andere – aber Dankbarkeit lässt sich auch trainieren und kultivieren: Zum einen, in dem ich immer mal wieder bewusst das Gelingende, Positive wahrnehme. Und zweitens, indem ich die Quelle des Guten anerkenne – den schönen Sonnenuntergang, den Fußballtrainer, die Mathelehrerin.
Die sogenannte Positive Psychotherapie, die nicht nur die Macken und Mängel lindern helfen, sondern auch Stärken und Ressourcen von Menschen stärken will, schlägt vor: auch mal einen Dankesbrief an eine Person schreiben oder gar einen Dankbarkeitsbesuch jemandem abzustatten, die oder der Ihnen Gutes getan hat! Untersuchungen an Menschen, die das getan haben, wiesen geringere Werte des Stresshormons Cortisol und höheres Glücksempfinden nach – selbst noch einen Monat nach der Übung.

Durschnaufen - und innerlich tanken

Natürlich gibt es keinen Grund, für die erhöhte Gasrechnung dankbar zu sein, für die Waldbrände, für Russlands Angriff auf die Ukraine, für die immer offeneren Feindseligkeiten gegenüber der freiheitlichen Demokratie. Ganz im Gegenteil. Aber wir tun uns leichter damit, durch diese oft herausfordernden Zeiten durchzukommen, wenn wir auch mal durchschnaufen. Wenn wir danken – und damit innerlich tanken.
Also: Wem könnten Sie heute Danke sagen? Es lohnt sich, für Sie und für andere!
Ich sage daher jetzt einfach mal: Danke fürs Zuhören!  

Christian Thiele ist Coach und Autor, sein Podcast „Positiv Führen“ ist auf allen großen Plattformen zu hören. Er gehört zum Trainerteam der Deutschen Gesellschaft für Positive Psychologie, ist (meist) zuversichtlicher Patchwork-Vater und lebt in Garmisch-Partenkirchen.

Porträt des Coachs und Autors Christian Thiele
© privat

Abonnieren Sie unseren Weekender-Newsletter!

Die wichtigsten Kulturdebatten und Empfehlungen der Woche, jeden Freitag direkt in Ihr E-Mail-Postfach.

Vielen Dank für Ihre Anmeldung!

Wir haben Ihnen eine E-Mail mit einem Bestätigungslink zugeschickt.

Falls Sie keine Bestätigungs-Mail für Ihre Registrierung in Ihrem Posteingang sehen, prüfen Sie bitte Ihren Spam-Ordner.

Willkommen zurück!

Sie sind bereits zu diesem Newsletter angemeldet.

Bitte überprüfen Sie Ihre E-Mail Adresse.
Bitte akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung.
Mehr zum Thema