Daniel Kehlmanns "Die Reise der Verlorenen" in Wien

Geschichte, die sich wiederholt

Das Ensemble und die Statistinnen der Aufführung von Daniel Kehlmanns "Die Reise der Verlorenen" stehen dicht gedrängt auf der Bühne des Theaters in der Josefstadt in Wien
In "Die Reise der Verlorenen" bilden die Schauspieler das Bühnenbild. © Sepp Gallauer
Bernhard Doppler im Gespräch mit Gabi Wuttke · 06.09.2018
Ein Schiff mit 937 Flüchtlingen im Jahr 1939, das nicht anlegen darf: Im Wiener Theater in der Josefstadt ist das Stück "Die Reise der Verlorenen" von Starautor Daniel Kehlmann uraufgeführt worden. Eine packende, hochaktuelle Inszenierung.
In Daniel Kehlmanns "Die Reise der Verlorenen" – nun uraufgeführt im Wiener Theater in der Josefstadt – wird die wahre Geschichte eines Flüchtlingsdramas von 1939 erzählt, in dem ein Schiff mit den 937 Passagieren auf eine Irrfahrt geschickt wurde, um letztlich doch keinen sicheren Hafen zu finden. Eine Bühnenbild fehle bei der Inszenierung, sagte Theaterkritiker Bernhard Doppler im Deutschlandfunk Kultur. Die Bühne sei lediglich verstärkt durch Röhren und wirke wie ein Maschinenraum.

Flüchtlingsschicksale packend inszeniert

Das eigentliche Bühnenbild bilden die Schauspieler, beschrieb Doppler weiter. 55 Menschen stehen auf der Bühne: "Das muss man sich so vorstellen, dass die Schicksale dieser Leute – sowohl der Politiker, die die Landung verhindern, als auch natürlich der Besatzung, als auch der Passagiere erzählt werden, Biografien erzählt werden. Und dann treten diese Figuren aus der Masse heraus."
Obwohl auf der Bühne wenig passiere, sei es trotzdem eine "dramatisch sehr interessante und packende Inszenierung", so Doppler.

Politikeräußerungen von damals und heute ähneln sich

Besonders interessant seien die Parallelen zur heutigen Zeit. Die habe man als Zuschauer die ganze Zeit im Kopf. Politikeräußerungen von damals hätten starke Ähnlichkeit mit denen, aus der aktuellen Debatte, so Doppler: "Dieser kubanische Politiker – und das ist dokumentarisches Material – der spricht eigentlich nicht viel anders, als ein Politiker, der heute darauf aus ist, in gewisser Weise die Volksmeinung oder die Meinung der Zeitungen zu befriedigen."
Das Stück sei ein guter Weg, die Gegenwart zu spiegeln. Ein bisschen, so Doppler, wirke es "wie ein Volkshochschulkurs mit sehr prominenten Personen, die den vortragen". Jedoch gebe es dem Publikum zu denken.
(kp)
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