Daniel Kehlmann zur Felix-Krull-Verfilmung

"Das ist ein Film fürs Vergnügen"

08:33 Minuten
Filmstill aus der Verfilmung von Felix Krull.
Günstling der feinen Gesellschaft: Jannis Niewöhner als Felix Krull. © Warner Bros. Entertainment
Moderation: Stephan Karkowsky · 01.09.2021
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Thomas Manns Felix Krull kommt in die Kinos. Regie hat Detlef Buck geführt, das Drehbuch stammt von Daniel Kehlmann. Der liebt Roman und Figur: "Ich dachte, das zu machen wird ein riesengroßer Spaß, und so war es dann auch."
Ein charmanter Dieb aus armen Verhältnissen wird zum Günstling der feinen Gesellschaft, von den Frauen begehrt und steigt schließlich auf. So ließe sich in einem Satz die Handlung von Thomas Manns "Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" zusammenfassen. Der Roman gehört zu den schönsten Schelmenromanen der Moderne, eine unterhaltende, aber durchaus auch ins Metaphysische spielende Geschichte.
Nun hat sich Regisseur Detlev Buck des Stoffes angenommen: Seine mit bekannten deutschen Schauspielern und Darstellerinnen besetzte Adaption ist fast zwei Stunden lang geworden. Mit dabei: Maria Furtwängler und Jannis Niewöhner, David Kross, Liv Lisa Fries und Désirée Nosbusch. Das Drehbuch hat Buck zusammen mit Daniel Kehlmann verfasst.
Dieser ist bei der Ausarbeitung der Geschichte für den Film auch mal vom Original abgewichen. Thomas Mann habe den Roman ja nicht fertig geschrieben: "Das Buch lebt sehr stark von Situationen, von Figuren, von der unglaublichen Sprache, aber es ist kein konsistenter Roman", sagt Kehlmann.
"Um einen Film zu machen, der Anfang, Mitte und Ende hat, muss man sich ein paar Freiheiten erlauben. Das war von Anfang an klar und hat mich auch gereizt daran."

Hinaus in die weite Welt

Er liebe den Roman, bekennt Kehlmann. Felix Krull sei eine wunderbare Figur und fast noch stärker als die Geschichte selbst. "Ich dachte, das zu machen wird ein riesengroßer Spaß, und so war es dann auch."
Der Erfolgsschriftsteller sieht in Krull Thomas Manns "Sehnsuchtsgestalt" und hat in dem Buch "rührende Szenen" und eine "große Gefühlszartheit" entdeckt.
Der Schauspieler Jannis Niewöhner steht in der Verfilmung des Romans von Thomas Mann als Felix Krull in einem hochherrschaftlichem Saal und präsentiert sich im Frack.
Felix Krull: ein Film, der sich dem "Relevanzgebot" verweigert.© Warner Bros. Entertainment
Nun kommt ein bunt-verspielter Film in die Kinos, mit einem gewieften, sympathischen Hochstapler und Betrüger im Mittelpunkt. Nach dem frühen Tod des Vaters zieht es Felix hinaus in die weite Welt.

Ein Kostümfilm, der keine Freude am Kostüm hat [AUDIO]: Unsere Filmkritikerin Anke Leweke ist von "Felix Krull" nicht begeistert. Weder vom Film ("öde Rückblendenstruktur"), noch von den Schauspielern ("Figuren, die wie verkleidet wirken und ihre Texte auswendig aufsagen"). Dabei hätte sich eine moderne Felix-Krull-Adaption in Zeiten aufwendiger Imagepflege angeboten, meint sie.

In einem Pariser Luxushotel kann er seine Begabungen erstmals ausspielen: Schnell avanciert er vom Liftboy zum Oberkellner, beglückt nebenbei feine Society-Damen, darunter die von Furtwängler verkörperte Frau eines Kloschüsselfabrikanten.
Krulls körperliche Dienste werden mit Schmuck entlohnt. In der Welt damals sei Prostitution noch viel mehr als heute allgegenwärtig gewesen, so Kehlmann. Von Dienstboten und Mitarbeitern in großen Luxushotels sei erwartet worden, dass sie sich gegen Geld "zur Verfügung stellen".

Angedeutet hinter einem Schleier von Heiterkeit

Bei Thomas Mann finde man das "angedeutet hinter einem Schleier von Komödie und Heiterkeit", so Kehlmann. An dieser Stelle hätten er und Buck dann aber den "harten sozialen Realismus", der zwar im Roman angelegt, aber nicht auserzählt sei, sichtbar machen wollen. Im Film gehe die Krull zu sexuellen Dienstleistungen verpflichtende Society-Dame deswegen mit "Harvey Weinstein-hafter Brutalität" vor.
Verstrickungen amouröser und anderer Art führen im Film schließlich dazu, dass Krull sich auf einen Deal einlässt: den Rollentausch mit einem unglücklich verliebten Marquis. Schon sitzt der Tausendsassa und Blender Krull im Zug nach Lissabon. Wo niemand Geringeres auf ihn wartet als der König höchstselbst.
Dies ist nicht die erste Verfilmung des Romans. 1957 wurde der Stoff mit Horst Buchholz in Szene gesetzt, 1981 fürs Fernsehen. Nun kommt Felix Krull erneut auf die Leinwand - warum gerade jetzt?
Gegenfrage: Warum denn nicht? "Der Film verweigert sich dem Relevanzgebot", betont Kehlmann. "Man kann entspannt und fröhlich sagen: Der musste nicht gedreht werden. Das ist ein Film fürs Vergnügen!"
(ahe/dpa)
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