Coronapandemie

Wie seriös sind die Warnungen vor Panikmache?

07:27 Minuten
Der Lungenarzt Wolfgang Wodarg in einem Video. Ein Mann mit grauen Haaren und Bart sitzt vor einem schwarzen Hintergrund und schaut in eine Kamera.
In Teilen nicht falsch, aber meistens „gefährlich verkürzt“ seien die Darstellungen des Lungenarztes Wolfgang Wodarg, so Wissenschaftsredakteur Martin Mair. © Screenshot Youtube
Martin Mair im Gespräch mit Axel Rahmlow · 19.03.2020
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Corona verunsichert viele Menschen. Videos im Netz warnen nun vor Panikmache und wiegeln ab. Auch der Mediziner Wolfgang Wodarg meldet sich zu Wort. Unser Wissenschaftsredakteur hat sich genauer mit seinen Aussagen beschäftigt.
Die Spielplätze und Straßen werden mit jedem Tag ein bisschen leerer. Die meisten Geschäfte sind geschlossen. Die Schulen und Kitas auch. Das öffentliche Leben existiert nur noch auf einem Minimal-Niveau. Überall in Deutschland. Die allermeisten Virologen und Ärztinnen unterstützen das.
Doch es gibt auch Menschen, die das für übertriebene Panikmache halten. Ein Mann, der gerade die Runde in den sozialen Medien macht, ist Wolfgang Wodarg. Er ist Lungenarzt, hat ein Gesundheitsamt geleitet und war lange für die SPD im Bundestag.
Er sagt: "Die Politiker werden hofiert. Die Wissenschaftler wollen wichtig sein und wollen Geld haben für ihre Institute. Die wollen Geld verdienen. Niemand fragt: Woran habt ihr erkannt, dass es gefährlich ist? Ist das überhaupt was Neues? Das fehlt."

"Das ist blanker Unsinn"

In dieser für alle ungewohnten Situation verschafft sich Wolfgang Wodarg Gehör - eine Stimme, die "verfängt", sagt unser Wissenschaftsredakteur Martin Mair. "Aus zwei Gründen: Es ist so schön einfach. Und wir hätten es alle gerne, dass das nur Panikmache ist."
Was Wodarg in seinen Videos erzähle, sei in Teilen nicht falsch, aber meistens "gefährlich verkürzt", so Mair. Es stimme zum Beispiel, dass es auch schon in der Vergangenheit Coronaviren gegeben habe. Bekannt seien diese seit den 60er-Jahren.
Richtig sei auch, dass man nicht genau wisse, wie gefährlich das Virus sei, weil es noch sehr neu sei und Daten darüber fehlten. Doch daraus abzuleiten, dass es eigentlich nicht gefährlicher als die Grippe sei, "ist blanker Unsinn", sagt Mair.
Zum einen widerspreche sich Wodarg selbst, wenn er sage, er wisse selbst nicht, wie gefährlich das Virus ist. Denn dann könne er auch nicht sagen, es sei weniger gefährlich als die Grippe. Zum anderen würden die ersten gesammelten Daten auf das Gegenteil hindeuten, so Mair.
Was man beim Coronavirus auch unbedingt dazu sagen müsse: "Es ist ein neues Virus! Quasi niemand ist dagegen immun. Es gibt keinen Impfstoff, es gibt keine Therapie."
Das bedeute, dass sich das Virus rasend schnell ausbreite, wenn nichts dagegen getan werde, sagt Mair. Man müsse versuchen, die Zahl der Infizierten abzubremsen. Wenn das nicht gelinge, komme unser Gesundheitssystem irgendwann an seine Grenzen.

"Mahner gehören mit zu einer Demokratie"

Dass Bürger wie Wolfgang Wodarg mahnen würden, gehöre mit zur Demokratie, sagt Martin Mair. "Es gibt zum Teil auch unterschiedliche wissenschaftliche Positionen und das müssen wir auch aushalten."
Das einzige, was man zurzeit sicher wisse, ist, dass die Ausbreitung des Virus verlangsamt werden müsse, sagt Mair. Das schaffe man nur durch Hände waschen, Abstand halten und die Verringerung der sozialen Kontakte. "Da sind sich die Virologen durch die Bank einig. Zumindest die, den man auch vertrauen kann."

(jde)
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