"Corona Fehlalarm?"

Als wäre Vorsorge etwas für Feiglinge

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Buchcover zu Karina Reiss' und Sucharit Bhakdis "Corona Fehlalarm?".
Das Buch "Corona Fehlalarm?" der Wissenschaftler Karina Reiss und Sucharit Bhakdi ist ein Bestseller, aber unser Kritiker wundert sich angesichts der unklaren Positionen. © Goldegg
Von Christian Rabhansl |
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Es ist ein Rundumschlag gegen die Coronapolitik: Das Virus sei harmloser als behauptet, die Maßnahmen unbegründet, Kritik werde unterdrückt. Das Buch "Corona Fehlalarm?" verspricht Fakten und steckt voller Polemik und Zynismus.
Das Buch "Corona Fehlalarm?" ist eine Rundumkritik am Umgang mit Covid-19: Die Beschränkungen seien falsch und überzogen. Corona sei viel harmloser als alle behaupten, zumindest Politik und Medien. Wer Kritik äußere, werde gezielt diffamiert. Und die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die als politische Entscheidungsgrundlage dienten, seien höchst ungesichert.
Klar, vieles war und ist ungewiss: Wer ist an Covid-19 gestorben, und wer an Vorerkrankungen? Das ist oft nicht leicht zu entscheiden (weshalb es ja auch meist heißt: "mit Corona" gestorben, nicht "an Corona"). Wie hoch ist die Sterblichkeitsrate bei einem Virus, dessen Verbreitung erst nach und nach getestet werden kann? Wie wirken sich steigende Testzahlen aus? In einer sich täglich entwickelnden Pandemie gibt es viele offene Fragen.

Warum noch die Feuerwehr rufen?

Die beiden Autoren, die Wissenschaftler Sucharit Bhakdi und Karina Reiß, scheinen der Meinung zu sein, erst einmal müssten solche Unsicherheiten ausgeräumt sein, bevor man Schlüsse zieht. Als wäre Vorsorge für Feiglinge. Wenn aber wie im März in Italien die Menschen sterben, soll Politik dann wirklich sagen, "geben wir besser erstmal eine Langzeituntersuchung in Auftrag"?
Das Online-Portal Telepolis hat zu solchen Argumenten geschrieben: Dann müsste man sich auch fragen, warum die Feuerwehr noch ausrückt in Deutschland, so ganz ohne Datenbasis. Wisse man denn genau, ob das Gebäude überhaupt brennbar ist? Ob der Rauch wirklich so giftig ist? Ob da Menschen drin sind, vielleicht sogar unter 80 Jahren? Und in der Logik dieses Buchs müsste man ergänzen: Und ob die Menschen in dem Haus nicht schon Vorerkrankungen haben?

Unterstellungen und rhetorische Fragen

Das ist zynisch. Und beim Lesen bleibt unklar, ob Reiß und Bhakdi das wirklich so meinen. Das Problem an diesem Buch ist, dass an vielen Stellen offenbleibt, wie genau denn ihre Position lautet – außer, dass sie dagegen sind. Die prägenden Stilmittel dieses Buchs sind das Geraune, die rhetorische Frage, die Unterstellung und die Andeutung.
Ein "gewisser Herr Drosten" möchte angeblich "Angst verbreiten" – warum er das wollen sollte? Bleibt offen. Nur müsse klar sein, heißt es an anderer Stelle: "Die Wissenschaft ist genauso korrupt wie die Politik." Ob die Regierung auch irgendetwas richtig gemacht habe? Das Kapitel zu dieser Frage umfasst: exakt ein einziges Fragezeichen.
Warum die Regierung stattdessen "immenses Leid" verursacht habe? Auch das bleibt im Ungefähren. Bhakdi und Reiß eröffnen damit eine ideale Projektionsfläche für alle üblen Gründe – von flächendeckender Unfähigkeit über bösen Willen bis zu einer weltweiten Verschwörung. Ein Buch, das nüchterne Fakten verspricht, aber viel Polemik liefert.

Karina Reiß und Sucharit Bhakdi: Corona Fehlalarm? Zahlen, Daten und Hintergründe
Goldegg Verlag 2020
160 Seiten, 15 Euro

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