Comiczeichner Flix über "Spirou in Berlin"

"Spirou lebt wie James Bond vom Irrwitz"

Der Comicautor Flix auf der Frankfurter Buchmesse 2018.
"Da sagt man nicht nein!" Für den Berliner Comiczeichner Flix war der Auftrag, ein deutsches "Spirou"-Abenteuer zu zeichnen, eine große Ehre. © Deutschlandradio/David Kohlruss
Moderation: Andrea Gerk · 12.10.2018
Ein Deutscher zeichnet ein Spirou-Abenteuer: Vor einigen Jahren wäre das noch undenkbar gewesen. Entsprechend groß war diese Herausforderung für den Comiczeichner Flix. Die Ideen für seine Comics findet er bei sich in Berlin vor der Haustüre.
"Spirou" ist ein Klassiker der franko-belgischen Comicgeschichte: Seit 1938 erlebt die Titelfigur, ein Hotelpage, gemeinsam mit Fantasio und dem Marsupilami aufregende Abenteuer. Entsprechend groß war die Aufregung, als bekannt wurde, dass mit Flix zum ersten Mal auch ein deutscher Comiczeichner ein "Spirou"-Album zeichnen darf: "Spirou in Berlin" spielt im Ost-Berlin der 80er Jahre und wurde von der Kritik teils begeistert aufgenommen.

In Frankreich ist Spirou legendär

"Es ist der Wahnsinn", sagte Zeichner Flix im Deutschlandfunk Kultur über den Moment, als ihm das Projekt vom Mutterverlag und dem deutschen Lizenznehmer angetragen wurde: "Da sagt man natürlich nicht nein!"
Die Szene aus dem Comic "Spirou in Berlin" von Flix zeigt den Berliner Fernsehturm, das Palasthotel an der Spree sowie die Helden Spirou und Fantasio
Eine Szene aus Flix' Comic "Spirou in Berlin"© Carlsen Verlag
Vor Augen halten müsse man sich dabei, dass "Spirou" in Deutschland weit weniger bekannt ist als die großen Namen des franko-belgischen Comics, wie etwa "Tim & Struppi", "Lucky Luke" und "Asterix". Doch "in Frankreich ist das anders. Da ist ‚Spirou‘ auf Augenhöhe. Diese Abenteuer, das sind Legenden." Da mitmachen zu dürfen war für einen deutschen Zeichner lange nicht denkbar gewesen.

Die DDR als dankbares Sujet

Um die Herausforderung, ein stehendes Erzähluniversum mit einem historischen Handlungshintergrund zu verbinden, habe er lange recherchiert, sagte Flix weiter. "Welche Momente der deutsch-deutschen Geschichte kann man nehmen", fragte er sich. Denn "das Schöne ist: ‚Spirou‘ ist so eine Serie, die ähnlich wie ‚James Bond‘ ein Stück weit von diesem Irrwitz lebt. Da ist die DDR ein ganz dankbares Sujet." Schließlich sei dies ein Spielort, "wo man auch eine Menge unterbringen kann, was aus heutiger Sicht verrückt wirkt."
Wie etwa die Idee, dass die DDR eine "deutsche Diamantenrepublik" sein könne, was Flix so abwegig jedoch gar nicht findet: "Die DDR hat Braunkohle. Braunkohle kann man, wenn man sie presst, in Diamanten verwandeln. Dann hat man auf einmal einen Bodenschatz, den man verkaufen könnte. Und wenn man nicht zugibt, dass die gepresst sind, sondern versucht, die als echt auszugeben, dann hat man auf einmal eine Geldquelle, die scheinbar unerschöpflich ist."

Ost-Berlin im Wandel

Bereits in seinem Comic "Da war mal was…" hatte sich Flix mit der Geschichte der DDR befasst. Anregungen dafür bezieht er aus seinem Alltag in Berlin: "Wir wohnen zweihundert Meter Luftlinie entfernt vom ehemaligen Mauerstreifen. … Es wird einem jeden Tag klar: Vor 30 Jahren hätte man diese Wege nicht machen können. Da war das hier ein anderes Land. Dadurch entsteht ein Bewusstsein im Alltag. Aber eben auch die Möglichkeit, Geschichten zu finden, die nicht unbedingt in den Geschichtsbüchern stehen, sondern die die Leute, die da leben, dir direkt erzählen."
Bei seinen Recherchen zu "Spirou in Berlin" verschlug es den Zeichner auch in den Tierpark, den Zoo in Ost-Berlin: "Dort war eine Ausstellung im Affenhaus. Da wurden zur DDR Menschenaffen gezüchtet. Das war ein schönes Bild: Tiere im Zoo, die gezüchtet werden, um eine bestimmte Art zu sein. Das empfand ich als schöne Parallele zu dem Leben in einem diktatorischen Staat."
(thg)
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