Comic „Madame Choi und die Monster“

Als Nordkorea Filmstars entführte

11:26 Minuten
Eine Schwarz-Weiß-Illustration mit der Darstellung einer Person, die sich mit einem Monster unterhält: Auszug aus "Madame Choi und die Monster", das mit dem Comicbuchpreis 2022 ausgezeichnet wurde.
Nicht nur eine Comic-Handlung: Nordkoreas späterer Diktator Kim Jong-il wollte die Welt mit Filmen begeistern. © Berthold Leibinger Stiftung / Edition Moderne / Patrick Spät und Sheree Domingo
Sheree Domingo und Patrick Spät im Gespräch mit Frank Meyer |
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Noch gar nicht erschienen, aber bereits mit einem wichtigen Preis ausgezeichnet: Der Comic „Madame Choi und die Monster“ erzählt die wahre Geschichte von der Entführung zweier südkoreanischer Filmstars nach Nordkorea – und von Monstern.
Der Comicbuchpreis der Berthold Leibinger Stiftung, eine wichtige Auszeichnung der Szene, hat eine Besonderheit: Der mit 20.000 Euro dotierte Preis zeichnet Comics aus, die noch unveröffentlicht sind. Die Preisträger 2022 sind die Zeichnerin Sheree Domingo und der Autor Patrick Spät, deren Comic „Madame Choi und die Monster“ erst im Oktober erscheinen soll.
Ihr Werk handelt von der Entführung der südkoreanischen Schauspielerin Choi Eun-hee und des Filmregisseurs Shin Sang-ok, Chois Ex-Mann, nach Nordkorea – und von mystischen, eisenfressenden Monstern. Choi Eun-hee und Shin Sang-ok seien in den 50er-Jahren absolute Stars in Asien gewesen, vom Status her vergleichbar mit Marilyn Monroe, sagt Spät. „Sie haben in kürzester Zeit über 200 Filme gedreht und waren auch in der Yellow Press überall zu sehen.“
Porträt von Patrick Spät im Freien
Der Autor Patrick Spät hatte die Idee zu „Madame Choi und die Monster“.© Picasa
Dann wurde Südkorea eine Diktatur, was für die beiden Ärger bedeutet habe. „Sie haben ziemlich gewagte Filme gedreht, erste Filmküsse gezeigt.“ Durch die Zensur seien sie in finanzielle Schwierigkeiten gekommen. „Und auch die Liebe zwischen den beiden zerbrach.“

Von Monsterfilm „Pulgasari“ inspiriert

1978 wurden die beiden nach Nordkorea entführt. Der nordkoreanische Diktatorensohn Kim Jong-il, der ab 1994 selbst über das Land herrschte, sei damals großer Filmfan gewesen, erklärt Spät. Er habe sich als Künstler gesehen und mehr als 15.000 Filmrollen besessen, darunter auch ausländische. „‚Rambo‘ und so, das waren seine Lieblingsfilme, und auch irgendwelche Softpornos. Und er hat gesagt, Nordkorea muss eine Filmnation werden. Wir müssen die Welt begeistern mit unseren Filmen.“
Bei einem der internationalen Filmfestivals, auf die Kim Jong-il die Entführten fahren ließ, gelang Choi Eun-hee und Shin Sang-ok die Flucht – in Wien. „Sie konnten sich mit einer spektakulären Taxi-Verfolgungsjagd in die amerikanische Botschaft retten“, erzählt Zeichnerin Sheree Domingo. Dann sei auch klar geworden, dass die beiden nicht freiwillig wegen der filmischen Möglichkeiten nach Nordkorea gegangen sind.
Porträt von Sheree Domingo im Freien.
Sheree Domingo erstellt jetzt die Feinzeichnungen zu „Madame Choi und die Monster“.© Schirin Moaiyeri
Auf das Thema gekommen sei er über den Monster-Trashfilm „Pulgasari“, den die beiden 1985 in Nordkorea gedreht haben, so Autor Patrick Spät. Darüber sei er „auf diese krasse Entführungs- und Liebesgeschichte gestoßen“, die sich wegen ihrer Bildhaftigkeit gut für einen Comic eigne.

Monster aus koreanischer Mythenwelt

Neben der Geschichte über die Schauspielerin und den Filmregisseur hat der Comic noch eine zweite Ebene, bei der Monster im Zentrum stehen. „Es gibt das Hauptmonster, unser Pulgasari, unser eisenfressendes Monster, das der koreanischen Mythenwelt entlehnt ist“, erklärt Zeichnerin Domingo. Es frisst alles Eisen, von Nähnadeln bis hin zu Erntewerkzeugen. Damit wolle es gegen Waffengewalt und Umweltzerstörung kämpfen – aber werde den Menschen zugleich auch zum Verhängnis.
Eine farbig illustrierte Comicseite mit der Darstellung eines rosa Monsters, der von Personen mit Pfeil und Bogen angegriffen wird: Auszug aus "Madame Choi und die Monster", das mit dem Comicbuchpreis 2022 ausgezeichnet wurde.
Die Entführungsgeschichte und die mythische Monstergeschichte unterscheiden sich in der Farbgebung. © Berthold Leibinger Stiftung / Edition Moderne / Patrick Spät und Sheree Domingo
Diese beiden Geschichten seien ineinander gewoben, unterschieden sich aber in den Farbschemen, so Spät.
(abr)

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