Klimapolitik

Her mit der CO2-Kennzeichnung für Lebensmittel

04:06 Minuten
Vater schiebt einen Einkaufswagen, in dem seine Tochter mit Lebensmitteln sitzt, durch einen Laden.
Der CO2-Fußabdruck von manchen Lebensmitteln ist enorm: Eine Kennzeichnung könnte helfen, unser Konsumverhalten zu überdenken, meint der Journalist Stefan Schrahe. © imago images / fStop Images / Malte Mueller
Ein Kommentar von Stefan Schrahe · 07.09.2022
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Wir brauchen mehr Transparenz in der Klimadebatte, sagt der Journalist Stefan Schrahe. Statt nur auf das Auto zu schauen, muss auch der CO2-Fußabdruck von Lebensmitteln und Haustieren kennzeichnungspflichtig sein. Denn der ist zum Teil enorm.
In der aktuellen Diskussion um die Benzinpreise ist ein wenig verlorengegangen, dass sich an unseren Tankstellen seit letztem Oktober etwas verändert hat. Im Eingangsbereich hängt dort ein gelb-oranger Aushang. Auf dem müssen größere Tankstellen ihren Kunden einen Energiekostenvergleich präsentieren. Dreizehn Zahlen zeigen den Autofahrern, was sie hätten sparen können, wenn sie auf eine andere Energiequelle statt auf Super oder Diesel gesetzt hätten.
Das Bundeswirtschaftsministerium begründet die Verpflichtung zum Aushang damit, dass die Kosten des vielfältigen Kraftstoff- und Energieträgermarktes den Verbraucherinnen und Verbrauchern vergleichbar aufbereitet werden sollen. Nur so könnten Bürgerinnen und Bürger für alternative Antriebe und Energieträger von Pkw sensibilisiert werden. Transparenz ist in einer komplexen Welt eine gute Sache, die aber leider nicht in allen Bereichen beherzigt wird.

Mehr Transparenz schaffen

Es besteht Einigkeit darüber, dass die wichtigste globale Herausforderung der Klimaschutz ist. Die Vereinten Nationen hatten vor der letzten Klimakonferenz in Glasgow alle bisherigen Anstrengungen im globalen Klimaschutz neu bewertet und kamen zu dem ernüchternden Fazit, dass die Welt das Siebenfache der zuletzt geäußerten Ambitionen braucht, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Sie haben richtig gehört: das Siebenfache!
Da wäre doch das Mindeste, wenn man als Bürger oder Bürgerin darauf hingewiesen würde, wie es denn um den CO2-Fußabdruck jener Produkte oder Dienstleistungen bestellt ist, die man selbst konsumiert, wenn man also Transparenz schafft.

Warnungen wie auf Zigarettenpackungen

Auf Zigarettenpackungen wird mit drastischen Bildern auf die möglichen Folgen des Rauchens hingewiesen. Sehr transparent. Der Nährwert- oder Zuckergehalt von Lebensmitteln steht auf jeder Packung Chips, jedem Fertiggericht oder jedem Glas Marmelade. Ebenfalls alles sehr transparent. Aber der CO2-Fußabdruck?
Wussten Sie, dass für ein Kilo Lammfleisch knapp 40 Kilo CO2 in die Atmosphäre geblasen werden? Ein sparsamer Kompaktwagen stößt auf 240 Kilometern die gleiche Menge an Treibhausgasen aus – selbst, wenn man die Emissionen, die bei der Produktion und beim Transport des Treibstoffs entstanden sind, einbezieht.
Warum steht im Supermarktregal nirgendwo, wie viel CO2 für Kilogramm des jeweiligen Produkts emittiert wurde – vielleicht sogar mit einem drastischen Bild der vom Klimawandel zerstörter Natur? Auch das könnten mittlerweile sogar Bilder aus der Region sein. Immerhin wüsste so jeder beim Griff in die Kühltheke, dass ein Kilo Rindfleisch das Klima mit zwölf Kilogramm CO2 belastet, Geflügel aber nur mit 3,4 Kilogramm – also einem Zehntel im Vergleich zum Lammfleisch.

Die eigenen Gewohnheiten überdenken

Eine transparente Kennzeichnung des CO2-Fußabdrucks würde auch verraten, dass ein mittelgroßer Hund einen jährlichen CO2-Ausstoß von 630 Kilogramm verursacht. Das entspricht einem Hin- und Rückflug von Berlin nach Barcelona. Über die Lebenszeit von 13 Jahren emittiert ein 15 Kilo-Hund fast die gleiche Menge, die bei der Produktion eines Luxusautos der Mittelklasse entsteht. Das hat der Fachbereich Sustainability der TU Berlin ausgerechnet.

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Niemandem sollte der Hund oder der Genuss von Lammfleisch verboten werden. Aber sollten wir nicht über eine Kennzeichnung nachdenken, die uns täglich deutlich macht, welchen Einfluss unser Konsum auf das Klima hat? Ich bin sicher: Transparenz wäre der erste Schritt, über die eigenen Gewohnheiten noch einmal nachzudenken.

Stefan Schrahe ist Redakteur bei einer PR-Agentur in Köln und Journalist und Buchautor im Bereich Mobilität und Technologie.

Porträt von Stefan Schrahe, Journalist und Buchautor im Bereich Mobilität und Technologie
© OSK
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