CNN-Gründer Ted Turner

"Eine neue Art, Nachrichten zu verbreiten"

Das CNN-Hauptquartier in Atlanta
Das CNN-Hauptquartier in Atlanta © dpa / picture alliance / Ron Harris
Harald Wenzel im Gespräch mit Dieter Kassel · 19.11.2018
1980 wurde das Cable News Network gegründet, ein amerikanischer TV-Sender, der längst weltweit Beachtung findet. Ted Turner, der Gründer von CNN, wird heute 80 Jahre alt – ein absoluter Pionier und großer Visionär, sagt der Soziologe Harald Wenzel.
Dieter Kassel: "Wir werden erst abschalten, wenn die Welt untergeht." Diese großen Worte sprach der Medienunternehmer Ted Turner im Sommer 1980 beim Start des Cable News Network, des weltweit ersten Fernsehnachrichtensenders. Und daraus können wir schließen, dass die Welt noch nicht untergegangen ist, denn CNN gibt es bis heute.
Heute aber ist das ein 24-Stunden-Nachrichtensender von vielen, nicht nur in den USA und der Welt. Damals war es der erste, ebenfalls nicht nur in den USA und der Welt.
Ted Turner wird heute 80 Jahre alt, und wir wollen diesen Geburtstag zum Anlass nehmen, um über sein berühmtestes Projekt, über CNN zu sprechen und zwar mit Harald Wenzel, Professor für die Soziologie Nordamerikas am John-F.-Kennedy-Institut der Freien Universität Berlin. Herr Wenzel, schönen guten Morgen!
Harald Wenzel: Guten Morgen!

Polarisierte amerikanische Medienlandschaft

Kassel: Ist CNN international hier bei uns oder auch das amerikanische CNN, wenn Sie in den USA sind, für Sie heute eine wichtige Informationsquelle?
Wenzel: Na, ich denke, CNN ist immer noch eine sehr wichtige Informationsquelle, wenn es um Echtzeitnachrichten geht, weil hier haben wir einfach ein unglaublich breites Spektrum und sie erreichen sehr viele Zuschauer.
Kassel: Ist denn CNN in den USA ein Nachrichtensender für alle oder kann man ganz konkret sagen, wer den Sender heute noch guckt dort?
Wenzel: Nun, es ist sicherlich nicht mehr ein Nachrichtensender für alle, weil sich die amerikanische Medienlandschaft polarisiert hat, und es gibt, sagen wir mal, für konservative Zuschauer eher Fox News. CNN wird gemeinhin, aus Sicht der Konservativen, als liberaler Sender interpretiert.
Auf der anderen Seite muss man sehen, dass CNN bei den letzten Präsidentschaftswahlen wie kein anderer Sender eine Berichterstattung über Trump gemacht hat. Also kein anderer republikanischer Präsidentschaftskandidat wurde so stark verbreitet wie Trump.

"Es geht um eine gewisse Neutralität"

Kassel: Auf der anderen Seite hat Donald Trump aber, bevor er Präsident wurde, CNN auch mal als Clinton News Network bezeichnet, das meinte er, was Hillary Clinton angeht, ihr Mann war damals nicht mehr so aktuell. Diesen Vorwurf gibt es ja nun auch ständig, dass eigentlich CNN eher auf der Seite der Demokraten stünde. Was ist denn nun da wirklich die Wahrheit?
Wenzel: Das ist eine gewisse Asymmetrie. Aus Sicht der Konservativen sind die Sender, die einer gewissen Ausgewogenheit verpflichtet sind, "liberal" – oder sogar Fake News. Während es natürlich aus der Sicht von CNN oder, wenn Sie jetzt andere Qualitätsmedien nehmen wie die "New York Times" oder die "Washington Post", da geht es immer noch um ausgewogene Berichterstattung, um eine gewisse Neutralität, das geht zurück auf die Fairness-Doktrin, und da gehört CNN sicherlich mit ins Boot.
Kassel: Damals, 1980, als Ted Turner diesen Sender gegründet hat, da war das der erste 24-Stunden-Nachrichtensender weltweit. Heute gibt es viele, allein in Deutschland zwei private, es gibt mehrere weltweit bekannte und erfolgreiche. War Turner aus Ihrer Sicht damals so eine Art Medienvisionär oder hat er einfach in den USA selber nur eine Marktlücke entdeckt?
Wenzel: Na, ich denke, da steckt schon eine große Vision dahinter. Die Idee wurde ja an ihn herangetragen, er hat sie nicht selbst entwickelt, einen solchen 24-Stunden-Nachrichtensender aufzubauen. Ich denke, was er als Nische entdeckt hat, sehr früh, und was dann ausgebaut wurde, das war das Kabelfernsehen, die Verbreitung von Nachrichten über das Kabelnetz. Da war er ein absoluter Pionier und war der Erste, der eine solche Superstation, "Turner Broadcasting System", 1976 gegründet hat.
Die Zweiten, die da kamen, das war das "Christian Broadcasting Network". Also, es war eine neue Art und Weise, Nachrichten zu verbreiten für Fernsehzuschauer, nämlich über das Kabel und nicht über terrestrische Abstrahlung.
Der Medienunternehmer Ted Turner gründete 1980 den Nachrichtensender CNN.
Der Medienunternehmer Ted Turner gründete 1980 den Nachrichtensender CNN.© dpa / picture alliance / David Goldman
Kassel: Aber ist denn glaubhaft, dass Ted Turner wirklich die Welt verbessern wollte und will, langsam, er ist ja nicht mehr sehr gesund jetzt an seinem 80. Geburtstag, aber er hat mal eine Milliarde Dollar an die Vereinten Nationen gespendet und es hat ihn nicht gerade gestört, wenn man bei ihm den Eindruck hatte, na ja, CNN soll vor allen Dingen den Amerikanern eine Chance geben, sich besser und regelmäßiger zu informieren, und soll nicht unbedingt dem Zweck dienen, Ted Turner noch reicher zu machen. Ist das wirklich zu glauben?
Wenzel: Das ist durchaus zu glauben, wenn man bedenkt, aus welcher Generation er kommt, wenn man bedenkt, dass zum Beispiel während der Kennedy-Jahre überhaupt erst Fernsehnachrichten zu einem Qualitätsprodukt im amerikanischen Fernsehen geworden sind – das ist auch die Zeit, die ihn geprägt hat.
Ja, ich denke schon, er hat sich bereit erklärt, nach seinem Tod sein Vermögen – wie Waren Buffet und andere Milliardäre auch – für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung zu stellen. Er ist bekannt als Umweltschützer, er hat im Grunde genommen dazu verholfen, das Bison wieder auf die amerikanische Prärie zurückzubringen. Also er ist sicherlich eher ein, sagen wir mal, kritischer, progressiver Geist.
Kassel: Und er wird heute 80 Jahre alt, Ted Turner nämlich, der Gründer von unter anderem, er hat als Medienunternehmer viel mehr gemacht und war nicht immer erfolgreich damit übrigens, aber der Gründer von unter anderem CNN. Wir sprachen über ihn und über den Nachrichtensender mit Harald Wenzel, Professor für Soziologie Nordamerikas an der FU in Berlin.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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