Christian Y. Schmidt : "Der kleine Herr Tod"

Wenn der Tod im Urlaub ist

10:48 Minuten
Illustration von Ulrike Haseloff aus dem Buch "Der kleine Herr Tod" von Christian Y. Schmidt.
Der kleine Herr Tod und der Junge Bengel: Illustration von Ulrike Haseloff aus dem Buch "Der kleine Herr Tod" von Christian Y. Schmidt. © Rowohlt / Ulrike Haseloff
Christian Y. Schmidt im Gespräch mit Joachim Scholl · 15.05.2020
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Wie sieht das Leben nach dem Tod aus? Damit setzte sich der Autor Christian Y. Schmidt in einer Krise auseinander. Es entstand sein morbide-überdrehtes Buch "Der kleine Herr Tod" über einen Unterwelt-Mitarbeiter im Burn-out. Ein Trostbuch, sagt er.
Christian Y. Schmidt ist Autor zahlreicher Bücher. In den 1990er-Jahren war er Redakteur beim Satiremagazin "Titanic". Sein neues Buch, "Der kleine Herr Tod", ist eine ausgefeilte Fantasie darüber, wie es im Totenreich so zugeht, illustriert wurde das Buch von Ulrike Haseloff. "Der kleine Herr Tod" arbeitet in der Verwaltung der Unterwelt, in der Vogelabteilung. Dort ist er dafür zuständig, die Seelen der verstorbenen Hühner in die Unterwelt zu holen. Da immer mehr Hühner sterben, bekommt er einen Burn-out – und wird in Urlaub geschickt.
Die Redensart "Du siehst aus wie der Tod auf Urlaub" sei der Ausgangspunkt für dieses Buch gewesen, sagt Christian Y. Schmidt. Während des Schreibens an seinem letzten Roman "Der letzte Huelsenbeck" sei er in eine ziemliche Krise geraten. "Ich war ziemlich bleich und abgemagert." Er habe sich dann vorgestellt, was der Tod im Urlaub denn tatsächlich machen würde. Daraus sei "Der kleine Herr Tod" entstanden.

Herr Tod und Bengel lieben Death Metal

Die Figur trifft dann auf einen kleinen Jungen, der Bengel genannt werden will. Er ist sozusagen ein "Todeskandidat", er hat Krebs und ist aus der Klinik abgehauen. "Er will noch etwas erleben", erklärt Schmidt. Die beiden entdecken ihre gemeinsame Leidenschaft für Death Metal. Zusammen mit einem Hund startet eine makaber-überdrehte Geschichte.
Es sei ein Trostbuch geworden, das dem Tod ein wenig den Stachel nehmen soll, sagt Schmidt. Bei ihm habe es geklappt, so der Autor: "Ich wurde beim Schreiben wieder vergnügter."
Er habe sich in die Literatur eingelesen, "was es da so gibt, wie die Nachwelt strukturiert sein soll". Und daran habe er sich "ordentlich bedient", vor allem bei der Mythologie, aber etwa auch aztekischen Vorstellungen.

"Hellphone" und "Instagrab"

Auch ins Thema Death Metal habe er sich reingegraben. "Ich bin kein Fan dieser Musik." Er habe das immer eher als eine Art stumpfes Gegröle empfunden. "Aber es ist komplizierter, als ich dachte. Nur Free Jazz ist komplizierter." Metal spielt dann auch bei der Frage nach dem Leben nach dem Tod eine Schlüsselrolle.
Das Buch ist durchzogen von sehr hübschen Ideen wie etwa, dass beim kleinen Herrn Tod mit dem "Hellphone" telefoniert wird. Social-media-mäßig ist man auf "Skull book" oder "Instagrab", sein Studium der Sterbologie hat er mit 6,66 abgeschlossen, summa cum morte. Und sein Urlaub in Brasilien war "nicht so Urne", wie es in der Unterwelt heiße, so Schmidt.
(abr)
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