Choreograf Ismael Ivo gestorben

Trauer um einen charismatischen Künstler

09:08 Minuten
Der brasilianische Tänzer Ismael Ivo in einer Nahaufnahme schaut nachdenklich.
Energie und Leidenschaft: Ismael Ivo 2006 im Berliner Bode-Museum. © picture alliance / dpa / Soeren Stache
Karl Regensburger im Gespräch mit Britta Bürger · 09.04.2021
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Der brasilianische Tänzer und Choreograf Ismael Ivo hat mit den wichtigsten Protagonisten des modernen Tanzes zusammengearbeitet. 1984 begründete er das europäische Festival "ImPulsTanz" mit. Nun ist er mit 66 Jahren an Covid-19 gestorben.
Der Tänzer und Choreograf Ismael Ivo ist mit nur 66 Jahren an Covid-19 gestorben. Ivo hat mit den wichtigsten Protagonisten des modernen und zeitgenössischen Tanzes zusammengearbeitet, 1984 das wichtigste europäische Tanzfestival "ImPulsTanz – Vienna International Dance Festival" mitbegründet.
Karl Regensburger hat Ismael Ivo in den 80er Jahren nach Wien geholt, ist dort bis heute Intendant des Festivals und wurde nun auch von der Todesnachricht aus São Paulo überrascht.
"Wir waren in den letzten Wochen eng in Kontakt", erzählt Regensburger. "Er war auf der Intensivstation in São Paulo. Das war ein Schock, weil wir schon gedacht haben, er hätte die Krankheit überwunden."

Charismatisch und leidenschaftlich

Für Regensburger zeichneten den nun verstorbenen Choreografen vor allem seine Energie und Leidenschaft aus. Außerdem habe er sich immer sehr um die jungen Tänzer bemüht und sei ein sehr großzügiger Mann gewesen.
"Er war sehr charismatisch. Er hat keinen Raum 'betreten', sondern ist 'erschienen'", erinnert sich Regensburger. Auch sei der Brasilianer dem deutschen Tanztheater sehr zugetan gewesen.
Aufgewachsen ist Ismael Ivo in einfachen Verhältnissen in Brasilien. Laut Regensburger hat Ivo seine Kunst immer als politisch verstanden. Er habe in seinem künstlerischen Ausdruck das Politische immer mitgedacht: "Er war ein Kämpfer für die Probleme, die die heutige Gesellschaft prägen."

Ivo war die Seele des "ImPulsTanz"-Festivals

Anfang der 1980er-Jahre, so erzählt Regensburger, sei Wien keine tanzaffine Stadt gewesen. Ismael Ivo habe es trotzdem geschafft, die Aufmerksamkeit auf das Festival zu lenken:
"Da gab es plötzlich diese Figur, die viele Menschen begeistert hat, immer kommuniziert hat. Er war wie ein riesiger Blumenstrauß, der das Festival über all die Jahre zusammengehalten hat. Er war die Seele des Festivals. Das werden wir sehr vermissen."
2017 ist Ivo nach Brasilien zurückgekehrt und hat dort das Ballett von São Paulo geleitet, zudem war er Co-Intendant des Opernhauses. Mit der Amtsübernahme von Bolsonaro, so Regensburger, sei für Ivo keine einfache Zeit angebrochen: "Sein Vertrag ist ja dann auch nicht verlängert worden. Ab September hätte er einen Vertrag als TV-Direktor von TV Cultura, ähnlich wie Arte, gehabt. Ich glaube, es war ihm schon wichtig, in der Heimat zu sein und seine Spuren zu hinterlassen."
(mfied)
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