César-Filmpreis

Sozialdrama über Migrantin räumt ab

Die Laiendarstellerin Soria Zeroual spielte quasi sich selbst in "Fatima", der als bester Spielfilm einen César erhielt.
Die Laiendarstellerin Soria Zeroual spielte quasi sich selbst in "Fatima", der als bester Spielfilm einen César erhielt. © dpa / picture alliance / Yoan Valat
Von Suzanne Krause · 27.02.2016
Die Verfilmung des Schicksal einer algerischen Migrantin hat beim französischen César-Filmpreis in drei Kategorien gewonnen. Hauptdarstellerin Soria Zeroual ist in "Fatima" wie im wirklichen Leben eine Putzfrau, die rund um die Uhr für ihre Familie schuftet.
Die Liebeserklärungen an das Kino sind bei der César-Nacht Standard. Die schönste lieferte gestern Claude Lelouch, Jury-Präsident und Altmeister unter den einheimischen Regisseuren:
"Ich habe dem Kino mein Leben gewidmet. Weil ich überzeugt bin, dass es eines Tages einen Film geben wird, der so schön, so gelungen, so außergewöhnlich, so visionär ist, dass er es schafft, bei der Kino-Vorführung innerhalb von zwei Stunden sehr viel zu verändern, vielleicht sogar den Lauf der Welt."
Den Cäsar für den besten Dokumentarfilm erhielt "Demain" somit nicht umsonst: Cyril Dion und Melanie Laurent schildern, wie die Welt "Demain", morgen aussehen könnte. Weltweit haben die beiden jungen Filmemacher Lösungen für die Probleme der Menschheit, für den Kampf gegen den Klimawandel, für mehr Demokratie, für eine andere Wirtschaft aufgespürt. In Frankreich begeisterte der Film seit vergangenem Dezember schon über 700.000 Zuschauer. Und zwar so sehr, dass viele spontan beschließen, ihr Leben zu verändern, rücksichtsvoller mit dem Planeten und den Mitmenschen umzugehen. Cyril Dion:
"Normalerweise kümmert sich keiner um das Thema Ökologie. Der Preis heilt eine innere Wunde in mir. Ich danke allen in der Jury, die für den Film gestimmt haben. Damit haben Sie Millionen Menschen in der Welt, die sich täglich für eine bessere Welt einsetzen, dauerhaft ins Licht gebracht."

Gegen die Ausgrenzung von Muslimen

Eine Heldin des Alltags zeigt auch "Fatima". Das Werk des Regisseurs Philippe Faucon wurde dreifach ausgezeichnet: bester Spielfilm, beste Nachwuchsschauspielerin, beste Verfilmung. "Fatima" erzählt die Geschichte einer algerischen Migrantin in Frankreich: Die alleinerziehende Putzfrau schuftet rund um die Uhr, damit die älteste Tochter Medizin studieren kann. Soria Zeroual, eine Laiendarstellerin, spielt gewissermaßen ihr eigenes Leben: auch sie geht putzen, um ihre drei Kinder zu ernähren. Mit dem Cäsar für den besten Film setzt die Jury ein politisches Zeichen: "Fatima" gilt als Antwort auf die islamistischen Terroranschläge im Land und die daraus resultierende zunehmende Ausgrenzung von Muslimen.
Doch "Fatima" ist keineswegs das einzige Frauenschicksal, das würdigt wurde. "Mustang", die deutsch-französisch-türkische Produktion der Regisseurin Deniz Gamze Ergüven, erhielt vier Cäsaren: als bester erster Film, sowie für den Schnitt, das Drehbuch, die Musik. In "Mustang" geht es um fünf Mädchen in der Nordtürkei, Schwestern, die gegen die patriarchalischen Traditionen rebellieren und von einem freien Leben träumen. Ein Film wie ein Wildpferd, loben Filmjournalisten und Publikum das schon vielfach preisgekrönte Werk. Nominiert war 'Mustang' in acht Kategorien. Dass dem Werk einige erhoffte Cäsaren entgingen, kann der französische Produzenten Charles Gillibert verschmerzen:
"Morgen fliegen wir nach Los Angeles, um Frankreich bei der Oscar-Verleihung zu vertreten. Wir tun dies mit einem Film, der mit weit offenen Augen in die Welt blickt. Der humanistische Werte verteidigt. Der von einer Jugend erzählt, die gewillt ist, ihre Zukunft selbst zu wählen. Und das ist das Frankreich, das wir repräsentieren wollen."
Einen solch hehren Anspruch vertritt "Marguerite" nicht. Und heimste dennoch vier Preise ein. Catherine Frot spielt sehr anrührend die – wahre – Geschichte einer steinreichen älteren Dame im Paris der 1920iger-Jahre, die ihren Lebenstraum verwirklicht: als Opernsängerin auf der Bühne zu stehen. Leider singt sie falsch. Doch dies mit solcher Inbrunst, dass es etwas Künstlerisches hat. "Marguerite" wird in Frankreich bejubelt.
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