CDU nach der Wahlniederlage

Demut und kritische Auseinandersetzung sind gefragt

07:03 Minuten
CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet gibt eine Pressekonferenz nach den Gremiensitzungen der Partei nach der Bundestagswahl 2021 im Konrad-Adenauer-Haus. Er blickt nach oben.
Dass sich die Parteispitze nach dem Schock der CDU-Niederlage am Kanzlerkandidaten Armin Laschet austobt, sei ein normales Phänomen, sagt Martina Weyrauch. © picture alliance / dpa / Michael Kappeler
Martina Weyrauch im Gespräch mit Nicole Dittmer · 02.10.2021
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Die CDU wirkt immer noch etwas benommen. Der Parteispitze fehle es an Demut, findet Martina Weyrauch von der Landeszentrale für politische Bildung in Brandenburg. Bei den Politikern aus den hinteren Reihen dagegen habe der Reflexionsprozess längst begonnen.
Die CDU hat die Bundestagswahl mit hohem Stimmenverlust verloren. Jetzt wären Reflexion und Demut angesagt: Was haben wir falsch gemacht – und was müssen wir künftig besser und anders machen? Und welche personellen Konsequenzen müssen gezogen werden?
Das jedenfalls fordern viele jüngere CDU-Politiker wie der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Carsten Linnemann oder Ellen Demuth, Mitglied des rheinland-pfälzischen Landtags. Sie sprechen offen über ihre Enttäuschung und ihren Schock nach der Bundestagswahl.

Man tobt sich jetzt am Kandidaten aus

Dass sich derzeit die parteiinterne wie die Medienkritik gebündelt gegen den Kanzlerkandidaten Armin Laschet wendet, erinnert Martina Weyrauch, Leiterin der brandenburgischen Zentrale für politische Bildung, an die Situation des SPD-Kandidaten Martin Schulz bei der letzten Bundestagswahl. "Das Problem ist, dass das immer so ein bisschen die Logik von Wahlkämpfen ist und man das dann an den Kandidaten austobt", sagt Weyrauch.
Viele CDU-Politiker seien "immer noch neben sich" und noch nicht wieder im Alltag gelandet. Dass Armin Laschet, "der freundliche, kompromissbereite Aachener Karnevalsprinz", krachend durchgefallen sei, hat aus ihrer Sicht mehrere Gründe, die alle der Aufarbeitung und kritischen Betrachtung bedürfen.

Laschets Frohnatur zeigte sich zum falschen Zeitpunkt

Zum einen habe Laschet seinen Frohsinn und seine Lockerheit zum falschen Zeitpunkt und an falschen Orten zum Ausdruck gebracht. Zum anderen: Neben der nicht aufgearbeiteten Auseinandersetzung zwischen Laschet und Markus Söder liege der größte Fehler darin, dass die CDU "nicht programmatisch so gearbeitet hat, wie sie das hätte tun müssen mit einem neuen Kandidaten."
Dazu gehört für Weyrauch etwa die Klärung von Fragen wie: Was ist heute konservativ? Und wo hört konservativ auf und fängt die extreme Rechte an? Der Wahlkampf mit Laschet sei jedenfalls nicht mit den Wahlkämpfen Angela Merkels vergleichbar gewesen, die als Kandidatin mehr oder weniger eine Selbstläuferin gewesen sei.
Martina Weyrauch, Leiterin der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung
Martina Weyrauch zollt den Politikerinnen und Politikern aus den hinteren Reihen Respekt.© picture-alliance/dpa/Patrick Pleul
Mit Blick auf den Begriff der Demut, verbunden mit Ehrlichkeit, findet Weyrauch: Daran habe es sicherlich etlichen Vertreterinnen und Vertretern der CDU-Spitze gemangelt, nicht jedoch Politikerinnen und Politikern aus der zweiten oder dritten Reihe – jenen, die von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen würden, betont Weyrauch.
"Das sind die ganzen kleinen Wahlkämpfer, die sich da vor Ort mit der Bevölkerung auseinandersetzen, die die Zusammenarbeit mit der freiwilligen Feuerwehr suchen. Die stundenlang in den kommunalen Gremien um Kompromisse ringen". In Brandenburg erlebe sie "wirklich wunderbare Akteure, die sich krumm gemacht haben, nicht nur im Wahlkampf, sondern die ganze Zeit. Und für die tut es mir leid."

Martina Weyrauch wurde 1958 in Ostberlin geboren und studierte nach ihrer Ausbildung zur Kleidungsfacharbeiterin Rechtswissenschaft an der Berliner Humboldt-Universität. Während der friedlichen Revolution war sie Mitglied in der Untersuchungskommission gegen Amtsmissbrauch, Korruption und persönliche Bereicherung. Nach verschiedenen Positionen in der brandenburgischen Landesverwaltung, unter anderem als persönliche Referentin des Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD), leitet sie seit 2000 die Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung.

(mkn)
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