Carl Heinrich Grauns Passionsoratorium

Musik für die gekränkte Seele

Zu sehen ist ein Bild des Komponisten Carl Heinrich Graun
Der Komponist Carl Heinrich Graun (1704 - 1759) orientierte sich am Stil der italienischen Oper. © IMAGO / imagebroker
Moderation: Volker Michael |
Das Passionsoratorium „Der Tod Jesu“ von Carl Heinrich Graun war einst sehr beliebt. Doch dann kam die Wiederentdeckung der Oratorien Johann Sebastian Bachs, und so geriet Graun in Vergessenheit. Zu Unrecht, wie eine aktuelle Aufführung zeigt.
Für den Karfreitag 1755 beauftragte Prinzessin Anna Amalia von Preußen, die kunstsinnige Schwester Friedrichs des Großen, zuerst den Dichter Carl Wilhelm Ramler und dann den Hofkapellmeister Carl Heinrich Graun, ein Passionsoratorium zu verfassen. Dieses Werk traf den Geschmack der Zeit, es wurde ab dann jährlich aufgeführt und etablierte eine fast kultische Praxis in Berlin bis 1884.

Versenkung, Betrachtung und Trost

Carl Heinrich Graun war zwanzig Jahre jünger als Johann Sebastian Bach und wurde an der Kreuzschule in Dresden ausgebildet. Er war selbst auch ein guter Sänger und galt früh als Opernkomponist – Oper bedeutete italienische Sprache und ebensolchen Stil. Da kann es nicht verwundern, dass sich Graun auch an diesem Stil orientierte, als er religiöse Werke auf deutsche Texte komponierte. Und sein „Tod Jesu“ ist in dieser Hinsicht ein opus summum et ultimum. Denn es verbindet Versenkung, Betrachtung, Trost, Erbauung und Belehrung für die gekränkte Seele mit musikalischer Brillanz und Empfindsamkeit. Dagegen wirken Bachs Passionen wie Besuche in der Hölle und in den Abgründen der menschlichen Psyche.
Aufzeichnung vom 19.03.2022 aus dem Concertgebouw Amsterdam

Carl Heinrich Graun
"Der Tod Jesu", Oratorium

Rachel Redmond, Sopran
Marcel Beekman, Tenor
Matthias Winckhler, Bass

Nederlandse Bachvereniging
Leitung: Shunske Sato

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