Bundesschülerkonferenz nach Corona

Wie kann die Digitalisierung der Schulen gelingen?

07:39 Minuten
Ein Grundschüler mit Mundschutz stellt seine Ranzen im Klassenzimmer ab.
Erst Homeschooling, nun mit Mundschutz ins Klassenzimmer: Corona hat Eltern, Lehrer, Schülerinnen und Schüler vor großer Herausforderungen gestellt. © picture alliance / Christian Charisius
Von Max Kuball · 26.06.2020
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Als Corona kam, wurde schlagartig auf digitalen Fernunterricht umgestellt. Allerdings mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen an den Schulen. Wie die Digitalisierung besser funktionieren kann, soll nun auf der Bundesschülerkonferenz diskutiert werden.
"Bei der ersten Zoom-Konferenz der Klasse hörte man die Mutter von Leon staubsaugen, den Vater von Anna sah man in der Unterhose das Wohnzimmer aufräumen. Die Verbindung zum Lehrer war so schlecht, dass man ihn nur in einer abgehackten Stakkatostimme vernahm.
Das Gesicht war ohnehin nicht zu erkennen, da der Lehrer sich aus Gründen des Schutzes der Privatsphäre ins Gegenlicht gesetzt hatte. Es fanden unzählige Gesprächsrunden statt, in denen der Wochenplan und die Arbeitsblätter besprochen wurden – doch keine einzige Minute kreativen Unterrichts."
Planlos, formalisiert, beschränkt – so schilderte die Autorin Eva Sichelschmidt ihre Erfahrungen mit dem sogenannten Homeschooling in dieser Woche in unserem Programm. Und sie konstatierte: Von Lernen und Kommunizieren könne keine Rede sein.

Eine Evolution des Lernens

Das ist vielleicht auch kein Wunder, schließlich herrschte allgemein das Prinzip "Learning by doing" vor. Nun aber geht es im nächsten Schritt darum, schnell verbindliche Konzepte und Standards zu entwickeln, um bei einer möglichen zweiten Welle besser gerüstet zu sein. Der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke betont den grundlegenden Wandel, den eine solche Evolution des Lernens mit sich brächte.
"Es ist revolutionär, man muss sich das schon bewusst machen. Es wird ja in dieser ganzen Debatte – übrigens auch von Hirnforschern und vielen anderen – die Frage aufgeworfen: Ist das eine Möglichkeit, unsere ganze alte Tradition des Präsenzunterrichts, der Gegenwart von Lehrern, der ständigen Präsenzpflicht grundsätzlich infrage zu stellen."

Geringe Medienkompetenz bei Schülerinnen und Schülern

Aber diese Möglichkeit sollte wohl nur dann Praxis werden, wenn damit Verbesserungen einhergehen – und die Hürden sind hoch. Nicht nur bei den Lehrern und der technischen Ausstattung, so Schulpädagogin Birgit Eickelmann, sondern auch bei den Schülerinnen und Schülern:
"Die sind zunächst mal nicht unbedingt digital kompetent. Wir konnten ja mit der ICLS-Studie zeigen, dass 30 Prozent der Jugendlichen in Deutschland nur klicken und wischen können. Das heißt: Die können gar nicht auf digitale Informationen sachgerecht zugreifen, können die gar nicht reflektieren. Und das haben wir ja jetzt auch in den letzten Wochen gemerkt."

Die Lehrerinnen und Lehrer fit machen für die Digitalisierung

Dennoch – oder gerade deswegen – wollen die Schülerinnen und Schüler diese Debatte und deren praktische Umsetzung nicht allein den Bildungsforschern und der Politik überlassen. Daher kommen ihre Vertreter von den Landesschülervertretungen an diesem Wochenende in Berlin zusammen, um – ausgehend von den Erfahrungen der letzten Monate – eigene Vorschläge zum digitalen Lernen zu sammeln.

Der Großteil der Schülerinnen und Schüler wünsche sich Digitalisierung in der Schule, sagt Torben Krauß, Fachkoordinator für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Schule, Schüler, Digitalisierung der Bundesschülerkonferenz. Diesbezüglich sei allerdings noch "sehr viel Luft nach oben". Nicht nur die Infrastruktur müsse vorhanden sein, auch die Lehrer müssen entsprechende Medienkompetenz vermitteln können.
"An meiner Schule gibt es sehr engagierte Lehrer, die sehr gut mit digitalen Medien zurechtkommen." Aber es gebe halt auch genau das Gegenteil. Und genau daran müsse gearbeitet werden, damit alle Lehrer mit Blick auf die Digitalisierung "fit gemacht" werden.
(lkn)
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