Der Bürostuhl

Kulturgeschichte der Sitzmaschine

07:17 Minuten
Eine Illustration verdeutlicht mit Pfeilen verschiedene wichtige Punkte bei einem Bürostuhl.
Der Bürostuhl ist Sitzmaschine und Statussymbol zugleich, sagt Karianne Fogelberg. © Imago / Ikon Images
Karianne Fogelberg im Gespräch mit Stephan Karkowsky |
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Hier ein Hebel, da ein Schalter, dort eine Kurbel: Bürostühle sind oft komplexe ergonomische Gebilde. Kulturgeschichtlich sind sie viel mehr als nur ein Stuhl, erklärt Designtheoretikerin Karianne Fogelberg.
Zeig mir deinen Bürostuhl und ich sage dir, wo in der Hierarchie deiner Firma du stehst. Zumindest früher hat das wohl so funktioniert:
„Lange Zeit war der Bürostuhl tatsächlich ein Statussymbol", sagt die Designtheoretikerin Karianne Fogelberg, Mitgründerin des Münchner Designstudios "Undesignunit", und hat dabei den "ledergepolsterten Chefsessel" in der Chefetage vor Augen.
Anlass des Interviews mit Fogelberg war ein Rechtsstreit des Bistums Köln mit seiner Justiziarin, die ihren Bürostuhl mit ins Homeoffice genommen hatte. Das Arbeitsgericht Köln sollte darüber nun entscheiden.

Der wuchtige Chefsessel aus Leder ist passé

Die Zeiten, in denen der Chef oder die Chefin den größten und teuersten Stuhl hatten, seien vorbei oder kämen zumindest gerade an ihr Ende:
"Eine Chefin, die heute zeitgemäß führen will, würde sich vor solchen überkommenen Insignien der Macht vermutlich hüten", sagt Fogelberg.
"Heute sind es eher leichte, wendige Stühle, die keine Hierarchien ausweisen und keine offensichtliche Repräsentation erfüllen, also nicht chefig wirken."

Stühle sind "die Kür im Design"

Mehr als ein Sitzmöbel bleiben sie dennoch, indem sie laut Fogelberg "Modernität, das Fehlen von Hierarchien oder Kreativität symbolisieren".
Auch über den Bürostuhl hinaus war ein Stuhl in der Geschichte anscheinend selten einfach nur ein Sitzmöbel. Sondern mit Stühlen wurde oft "ein ganzes Weltbild und Menschenbild" entworfen, sagt Fogelberg. Deshalb gälten Stühle "als die Kür im Design".
Auch dem Benutzer verlangen sie manches ab - zum Beispiel, als in den den 1990ern ein "regelrechtes Wettrüsten" um den ergomischsten Bürostuhl ausgebrochen sei:
"Das führte letztendlich dazu, dass die Stühle so komplex wurden in ihren Einstellungsoptionen, dass ein Normalsterblicher sich kaum an die Einstellung des Stuhls getraut hat, weil er vorher ein umfangreiches Handbuch studieren musste", sagt Fogelberg. "Inzwischen sind solche Stühle Bürostühlen gewichen, die viel intuitiver in der Nutzung sind.“
(uko)

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