Buenos Aires

Ungewisse Zukunft für das "Hotel Bauen"

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Demonstration der Mitarbeiter des "Hotel Bauen" in Buenos Aires © Deutschlandradio / Victoria Eglau
Von Victoria Eglau |
Vor 15 Jahren übernahmen die Mitarbeiter das pleitegegangene Hotel Bauen in Buenos Aires. Jetzt sollte der ursprüngliche Besitzer zugunsten der Kooperative enteignet werden. Doch Präsident Macri hat gegen das entsprechende Gesetz Veto eingelegt.
Buenos Aires, an der zentralen Avenida Callao: Hier befindet sich das Hotel Bauen, das bekannt wurde, weil seine Beschäftigten es nach dem Konkurs vor eineinhalb Jahrzehnten übernahmen. Am Donnerstagabend demonstrierte die Belegschaft gemeinsam mit Unterstützern gegen das Veto von Argentiniens Präsident Mauricio Macri gegen ein Gesetz, das die Enteignung des ursprünglichen Hotelbesitzers vorsah – zugunsten der Hotel-Kooperative. Horacio Lalli, einer der Kooperativen-Gründer, blickt zurück:
"Die argentinische Krise von 2001 war dramatisch. Wir wurden entlassen und bekamen gar nichts: keine Abfindung, keine Hilfe vom Staat, keinen neuen Job. Und wir mussten unsere Familien ernähren. Jeder hat das Recht auf Arbeit. Wenn man sie verliert, kann man sich zuhause grämen – oder etwas unternehmen."
2003 besetzten der ehemalige Rezeptions-Chef Horacio Lalli und andere entlassene Angestellte das seit mehr als einem Jahr leerstehende Hotel Bauen – entschlossen, es wieder in Betrieb zu nehmen. 35 Mitglieder hatte die Kooperative, die sie damals gründeten – heute sind es 160. Das Hotel Bauen war in den siebziger Jahren während Argentiniens Militärdiktatur gebaut worden. Die Staatskredite zahlte der Besitzer nicht ab. Mehrfach wechselte das Hotel den Eigentümer, bevor es 2001 Pleite machte.

"Wir zahlen sogar Steuern"

In der Hotel-Lobby riecht es heute muffig, die Bezüge der Sessel sind zerschlissen. Das Bauen hat bessere Zeiten gesehen, dafür ist es preiswert: Umgerechnet 47 Euro kostet das Doppelzimmer. Gut fünfzig Zimmer sind gerade belegt. Im Hotel finden auch Kongresse und andere Veranstaltungen statt. Kooperativen-Mitglied Horacio Lalli:
"Unser Lohn hängt von unseren Einnahmen ab, im Durchschnitt verdient jeder 540 Euro im Monat. Es könnte mehr sein, aber unsere Priorität ist jetzt, in die Hotel-Infrastruktur zu investieren. Als wir das Gebäude besetzten, dachten alle, wir würden von selbst wieder gehen. Stattdessen haben wir bewiesen, dass das Hotel überlebensfähig ist – wir zahlen sogar Steuern."
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Das Hotel Bauen in Buenos Aires© Deutschlandradio / Victoria Eglau
Die Eigentumsfrage jedoch ist nach dem Veto des wirtschaftsliberalen Präsidenten Macri gegen die Enteignung wieder offen – eine Zweidrittelmehrheit im Kongress wäre nötig, um das Veto zurückzuweisen. Das Gesetz sah vor, das Hotel Bauen in eine gemeinnützige Einrichtung zu verwandeln. In der Senatsdebatte erklärte Macris Parteikollege Federico Piñedo, warum die Regierung dies ablehnt:
"Der Wert des Gebäudes mitten im Zentrum von Buenos Aires ist riesig, und die Nutznießer sind wenige. Der Staat kann nicht mit dem Geld aller Argentinier, darunter viele Bedürftige, einige wenige Herrschaften begünstigen."

"Macris Veto ist vor allem ideologisch"

Der Anthropologe Andrés Ruggieri hat das Krisenphänomen der Betriebe, die von ihren Beschäftigten weitergeführt werden, erforscht. Er kann das Argument der Regierung, die Enteignung käme den Staat zu teuer, nicht nachvollziehen - hätten doch die Hotelbesitzer riesige Schulden hinterlassen.
"Der argentinische Staat hätte das Hotel Bauen übernehmen können, ohne auch nur einen Peso dafür zu bezahlen. Dazu hätte man aber die komplizierten Eigentumsverhältnisse entwirren müssen, und das hat keine Regierung gemacht. Macris Veto ist vor allem ideologisch: er ist selbst Unternehmer – es passt nicht in sein Weltbild, dass Arbeiter ihre eigene Firma leiten."
In Argentinien gibt es heute rund 370 solcher Kooperativen, die rund 16.000 Menschen Arbeit geben – oft, aber längst nicht immer wurden die Firmenbesitzer enteignet.
Anthropologe Ruggieri erklärt, warum auch nach Argentiniens Mega-Krise vor fünfzehn Jahre Firmen von Arbeitern übernommen wurden.
"Die Wirtschaft weltweit trennt sich doch permanent von Personal. Bei uns haben Menschen gelernt, dass im Falle einer Firmenpleite eine Alternative zur Arbeitslosigkeit die Bildung einer Kooperative ist."
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