Brüllen, bis der Arzt kommt
Dass Babys schreien, ist nicht ungewöhnlich. Aber wenn sie gar nicht mehr aufhören, ist es eine Tortur – für Eltern und Kind. Mediziner haben nun untersucht, welche Therapien es gibt und wie wirksam sie sind.
Mutter: „Nach zwei Wochen fing das an, dass Hannes anfing zu schreien. Abends um 18 Uhr fing das an und nachts um zwei war er fertig, ohne Pause.“
Beate Eichert: „Die Eltern sind völlig verzweifelt, erschöpft. Sie machen sehr viel, damit das Kind aufhört zu schreien. Und das hilft im Endeffekt nicht.“
Mutter: „Man fühlt sich ja total als Versager, Man denkt sich ja; das ist ja mein Kind, und man müsste es doch beruhigen können.“
Tilman Fürniss: „Und dann schreit das Baby wieder und wieder. Und gerade, wenn Eltern sehr erschöpft sind oder wenig Selbstbewusstsein haben – dann wird dieses schreiende Baby zur lebenden Anklage: Du taugst schon wieder nichts. Du kannst noch nicht mal mich als dein kleines Baby beruhigen – und dann gibt es Unglücke.“
Wenn ein Baby mindestens drei Wochen lang an mindestens drei Tagen für mindestens drei Stunden schreit, gilt es als Schreibaby. Hannes schreit acht Stunden am Stück.
Mutter: „Irgendwann denkt man sich: Hannes, jetzt sei endlich still. Ich-kann-nicht mehr. Wir waren alle restlos fertig – alle, die damit zu tun gehabt haben.“
Es gibt nur vage Schätzungen: Etwa fünf bis 25 Prozent der Babys sind wie Hannes – sie schreien und schreien und lassen sich nicht beruhigen. Viele Eltern glauben dann, ihre Kinder haben Bauchweh, Dreimonatskoliken oder ein anderes körperliches Leiden. Aber das ist selten die Ursache, sagt Tilman Fürniss, Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Münster:
„Natürlich Ist es wichtig, dass das erst kinderärztlich abgeklärt wird. Auf der anderen Seite darf's auch nicht überbehandelt werden. Wir hatten jetzt ein Kind mit 32 kinderärztlichen Facharztuntersuchungen. Und dieses Kind ist nicht gesehen worden in seiner Problematik.“
Beate Eichert: „Die Eltern sind völlig verzweifelt, erschöpft. Sie machen sehr viel, damit das Kind aufhört zu schreien. Und das hilft im Endeffekt nicht.“
Mutter: „Man fühlt sich ja total als Versager, Man denkt sich ja; das ist ja mein Kind, und man müsste es doch beruhigen können.“
Tilman Fürniss: „Und dann schreit das Baby wieder und wieder. Und gerade, wenn Eltern sehr erschöpft sind oder wenig Selbstbewusstsein haben – dann wird dieses schreiende Baby zur lebenden Anklage: Du taugst schon wieder nichts. Du kannst noch nicht mal mich als dein kleines Baby beruhigen – und dann gibt es Unglücke.“
Wenn ein Baby mindestens drei Wochen lang an mindestens drei Tagen für mindestens drei Stunden schreit, gilt es als Schreibaby. Hannes schreit acht Stunden am Stück.
Mutter: „Irgendwann denkt man sich: Hannes, jetzt sei endlich still. Ich-kann-nicht mehr. Wir waren alle restlos fertig – alle, die damit zu tun gehabt haben.“
Es gibt nur vage Schätzungen: Etwa fünf bis 25 Prozent der Babys sind wie Hannes – sie schreien und schreien und lassen sich nicht beruhigen. Viele Eltern glauben dann, ihre Kinder haben Bauchweh, Dreimonatskoliken oder ein anderes körperliches Leiden. Aber das ist selten die Ursache, sagt Tilman Fürniss, Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Münster:
„Natürlich Ist es wichtig, dass das erst kinderärztlich abgeklärt wird. Auf der anderen Seite darf's auch nicht überbehandelt werden. Wir hatten jetzt ein Kind mit 32 kinderärztlichen Facharztuntersuchungen. Und dieses Kind ist nicht gesehen worden in seiner Problematik.“
Schreibabys sind besonders sensibel
Und diese ist meistens eben nicht körperlich, sondern seelisch. Schreibabys sind Sensibelchen. Sie sind empfindlicher als andere, vermuten Wissenschaftler inzwischen. Die Babys schreien also, weil die neue Welt mit ihren unzähligen Gerüchen, Geräuschen, Farben, Formen und Stimmungen sie schlicht überfordert.
„Weil es so ist, dass unser fühlendes Gehirn von Geburt an höchst sensibel und gut entwickelt ist. Das heißt, Kinder kriegen alles Mögliche mit, sind sehr empfangsbereit – aber sie können sich mit ihren Gefühlen noch nicht beruhigen.“
Eine Affektregulationsstörung, so der Fachbegriff. Oft legt sich das Dauergeschrei nach drei Monaten, in manchen Fällen aber auch nicht. Das Baby ist im Dauerstress. Bleibt das Geschrei unbehandelt, kann sich das sogar auf seine spätere Entwicklung auswirken. Folgen können zum Beispiel Hyperaktivität sein, Interaktions- oder auch chronische Schlafprobleme.
Was also tun? Dieser Frage ist das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information, DIMDI, nachgegangen und hat verschiedene Therapien im Umgang mit Schreibabys verglichen. Das Ergebnis: Pflanzliche Mittel gegen Blähungen und Bauchweh oder der Verzicht der Mutter auf Milchprodukte können helfen. Zu orthopädischen und osteopathischen Eingriffen dagegen liegen widersprüchliche Ergebnisse vor. Am wirksamsten seien noch Therapien, die Eltern und Kind psychisch unterstützten. Überforderte Eltern sollten sich deswegen, an den Kinderarzt wenden, an die Hebamme – oder gleich an spezielle Schreiambulanzen, wie die am Universitätsklinikum Münster. Beate Eichert ist hier Kinder- und Jugendpsychotherapeutin:
„Es werden viele Fragen gestellt, zur Schwangerschaft, zur Geburt, Komplikationen, Stressfaktoren. Wir versuchen, die Belastungsfaktoren auf allen Ebenen zu erfahren, weil es kann auch zu einer Feindseligkeit kommen zum Kind. Die Beziehung kann dermaßen gespannt sein, dass dann eine Gefährdung vorliegen kann. Das wäre dann ein Grund für eine stationäre Aufnahme.“
„Weil es so ist, dass unser fühlendes Gehirn von Geburt an höchst sensibel und gut entwickelt ist. Das heißt, Kinder kriegen alles Mögliche mit, sind sehr empfangsbereit – aber sie können sich mit ihren Gefühlen noch nicht beruhigen.“
Eine Affektregulationsstörung, so der Fachbegriff. Oft legt sich das Dauergeschrei nach drei Monaten, in manchen Fällen aber auch nicht. Das Baby ist im Dauerstress. Bleibt das Geschrei unbehandelt, kann sich das sogar auf seine spätere Entwicklung auswirken. Folgen können zum Beispiel Hyperaktivität sein, Interaktions- oder auch chronische Schlafprobleme.
Was also tun? Dieser Frage ist das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information, DIMDI, nachgegangen und hat verschiedene Therapien im Umgang mit Schreibabys verglichen. Das Ergebnis: Pflanzliche Mittel gegen Blähungen und Bauchweh oder der Verzicht der Mutter auf Milchprodukte können helfen. Zu orthopädischen und osteopathischen Eingriffen dagegen liegen widersprüchliche Ergebnisse vor. Am wirksamsten seien noch Therapien, die Eltern und Kind psychisch unterstützten. Überforderte Eltern sollten sich deswegen, an den Kinderarzt wenden, an die Hebamme – oder gleich an spezielle Schreiambulanzen, wie die am Universitätsklinikum Münster. Beate Eichert ist hier Kinder- und Jugendpsychotherapeutin:
„Es werden viele Fragen gestellt, zur Schwangerschaft, zur Geburt, Komplikationen, Stressfaktoren. Wir versuchen, die Belastungsfaktoren auf allen Ebenen zu erfahren, weil es kann auch zu einer Feindseligkeit kommen zum Kind. Die Beziehung kann dermaßen gespannt sein, dass dann eine Gefährdung vorliegen kann. Das wäre dann ein Grund für eine stationäre Aufnahme.“
Spannungen der Eltern können sich aufs Baby übertragen
Es gilt also, Kind und Eltern aus der Gefahrenzone zu holen. Und meistens, das zeigt die Erfahrung der Berater, liegt das Problem nicht allein beim schreienden Kind. Auch Partnerschaftskonflikte der Eltern, fehlende Unterstützung oder Geldsorgen können sich auf das Wohlbefinden des Babys auswirken. Es reagiert mit seinem Schreien letztlich nur auf die angespannte Situation, die es vorfindet – oder selbst ausgelöst hat. Ein Teufelskreis, der sich nur durch Entspannung durchbrechen lässt.
„Dem Baby kann es ja nie besser gehen als der Mutter. Das heißt, wir müssen erst mal anfangen zu helfen, dass es der Mutter besser geht. Die Mutter erfährt Verständnis für ihre desolate Lage, sie wird entschuldet – sie hat nicht Schuld.“
Der Mutter des kleinen Hannes hat diese Entlastung gut getan:
„Das ist sehr hilfreich. Wenn man mal von einer Fachperson gesagt bekommt: ‚Es ist problematisch. Sie haben schon recht. Das kann so sein.‘ Man trifft auf Verständnis. Und man fängt auch an, sein Kind besser zu verstehen. Und man kriegt ja auch Tipps, wie man sich besser beruhigen kann.“
Zum Beispiel so:
Eichert: „Die Mutter darf das Baby weglegen für eine halbe Stunde. Damit sie duschen kann, auf die Toilette gehen, damit sie einen Tee trinken kann, mit jemandem telefonieren. Dass sie dann wieder Kraft schöpft, sich dem schreienden Baby zuzuwenden.“
Hannes hat inzwischen aufgehört zu schreien. Zumindest tagsüber. Auch eine orthopädische Behandlung an der Wirbelsäule hat dazu beigetragen, erzählt seine Mutter:
„Und von da an hat er eine totale Wesensveränderung durchgemacht. Jetzt hat er tagsüber so Phasen, wo er sitzend lange spielt. Und das kannte ich von meinem Kind nicht. Seit ich hier bin, weiß ich, dass ich mir auch Auszeiten nehmen kann. Dass es nichts macht, wenn Hannes auch mal schreit. Das ist hilfreich.“
Kind und Mutter, beide haben sich jetzt entspannt. Hinter ihnen liegen zehn harte Monate.
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Filme der Woche: „Nachtlärm“
Das etwas andere Roadmovie über junge überforderte Eltern (DKultur)
„Dem Baby kann es ja nie besser gehen als der Mutter. Das heißt, wir müssen erst mal anfangen zu helfen, dass es der Mutter besser geht. Die Mutter erfährt Verständnis für ihre desolate Lage, sie wird entschuldet – sie hat nicht Schuld.“
Der Mutter des kleinen Hannes hat diese Entlastung gut getan:
„Das ist sehr hilfreich. Wenn man mal von einer Fachperson gesagt bekommt: ‚Es ist problematisch. Sie haben schon recht. Das kann so sein.‘ Man trifft auf Verständnis. Und man fängt auch an, sein Kind besser zu verstehen. Und man kriegt ja auch Tipps, wie man sich besser beruhigen kann.“
Zum Beispiel so:
Eichert: „Die Mutter darf das Baby weglegen für eine halbe Stunde. Damit sie duschen kann, auf die Toilette gehen, damit sie einen Tee trinken kann, mit jemandem telefonieren. Dass sie dann wieder Kraft schöpft, sich dem schreienden Baby zuzuwenden.“
Hannes hat inzwischen aufgehört zu schreien. Zumindest tagsüber. Auch eine orthopädische Behandlung an der Wirbelsäule hat dazu beigetragen, erzählt seine Mutter:
„Und von da an hat er eine totale Wesensveränderung durchgemacht. Jetzt hat er tagsüber so Phasen, wo er sitzend lange spielt. Und das kannte ich von meinem Kind nicht. Seit ich hier bin, weiß ich, dass ich mir auch Auszeiten nehmen kann. Dass es nichts macht, wenn Hannes auch mal schreit. Das ist hilfreich.“
Kind und Mutter, beide haben sich jetzt entspannt. Hinter ihnen liegen zehn harte Monate.
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