Beach-Boys-Gründer gestorben

Das Vermächtnis des Brian Wilson

Brian Wilson, einer der Gründungsmitglied der Beach Boys, sitzt in seinem Musikzimmer vor einem Klavier.
Zahlreiche Stars aus der Musikwelt haben mit großer Trauer auf die Nachricht vom Tod des Beach-Boy-Mitgründers Brian Wilson reagiert. © imago / ZUMA Press
"Good Vibrations", "Surfin' USA", "California Girls": Als Kopf und Songschreiber der „Beach Boys” wurde Brian Wilson zu einem der erfolgreichsten Produzenten aller Zeiten. Er hinterlässt der Popwelt mehr als nur gut gelaunte Surfhits.
Paul McCartney, Keith Richards und Ronnie Wood, Mick Fleedwood, Schauspieler John Cusack, Nancy Sinatra und viele andere Stars und Künstler verneigen vor dem Vermächtnis des "Beach Boys"-Gründers Brian Wilson.
Begonnen hat Wilsons musikalische Laufbahn bereits als Kind. Der musikbegeisterte Vater erkannte das Talent seiner drei Söhne: von seinem ältesten Sohn Brian, von Carl und Dennis. Mit eiserner Hand förderte er das Talent. Dem sensiblen Brian bereitete das Schwierigkeiten.
Mit 16 bekam Wilson ein Aufnahmegerät geschenkt und begann, Songs zu schreiben und aufzunehmen. Seine Brüder drängte er zum mehrstimmigen Harmoniegesang im Stil von Chuck Berry und "The Four Freshmen". Die Tradition geht auf schwarze Gesangsgruppen in den USA der 1940er- und 1950er-Jahre zurück.

Rock ’n’ Roll und Harmoniegesang

1961 gründeten sich die "Beach Boys" – die drei Brüder mit ihrem Cousin Mike Love und Nachbar Al Jardine. Ein Surfer war Brian Wilson allerdings nie. Nur ein Jahr später landeten sie mit „Surfin‘ USA“ ihren ersten Mega-Hit. Eine nicht enden wollende Serie gut gelaunter Surfpop-Hits erschien, eine Mischung aus Rock ’n’ Roll und dem mehrstimmigen Harmoniegesang im Stile der "Four Freshmen".
Die "Beach Boys" entwickelten diesen Gesangsstil weiter. Bis heute finden sich auch im zeitgenössischen Pop solche „ziemlich komplexen mehrstimmigen Gesangsarrangements“, etwa bei Billie Eilish, im R&B und im Hip-Hop, sagt der Indie-Pop-Musiker Albrecht Schrader.
Aber schon ab 1963 begannen gesundheitliche Probleme bei Wilson. Außerdem war er nach einem Vorfall auf dem Schulhof einseitig taub. Er machte eine Tourneepause, um sich ganz der Studioarbeit zu widmen. Als 1965 das Beatles-Album "Rubber Soul" erschien, wollte Brian Wilson nicht zurückstehen, sondern mitgehen mit dem Sound der Zeit. Er wollte neue Harmonien, Taktzahlen und Rhythmen ausprobieren, andere Instrumente einbauen.

"Pet Sounds" - Großes Album der Popgeschichte

Der Komponist Albrecht Schrader sieht in Wilson jemanden mit einer ganz eigenen „Arrangement-Feder“. Er hebt seine Offenheit und seinen Mut, Ideen nachzugehen, hervor. Zum Beispiel in dem Song „God only knows“.
Oft ist an dieser Stelle in Wilsons Biografie von seinem Drogenkonsum die Rede. Doch ellenlange Gitarrensoli, wie man sie bei vermeintlicher "Drogenmusik" aus jener Zeit findet, gibt es bei den "Beach Boys" nicht. „God only knows“ sei ein „sehr konzentriert komponiertes Lied“, sagt Schrader. Paul McCartney hält es für einen der schönsten Songs aller Zeiten.

Konkurrenz mit den Beatles

Wilson war ein Beatles-Fan. Das Album "Pet Sounds" hat er als Reaktion auf das Beatles-Album „Revolver“ geschrieben. Für Schrader ist Wilson aber noch weitergegangen als die Beatles, weil er sich getraut hat, den Backbeat aufzubrechen, also den zu der Zeit typischen Groove.
Außerdem hat Wilson Kompositionstechniken angewandt, die eigentlich aus der klassischen Musik kommen. Zum Beispiel hat er Bassnoten verwendet, die nicht der Grundton eines Akkords sind. Deshalb kam dabei etwas ganz anderes heraus als bei den Beatles, sagt Schrader.
Ihm hat es auf diesem Album besonders der Song „Don't Talk“ angetan: „Er hat mir gezeigt, dass man sehr, sehr viel mehr machen kann als das, was man geläufig mit Popmusik verbindet.“
Nach dem Erfolg von "Pet Sounds" und der nachgereichten Single „Good Vibrations“, an der Wilson ganze sechs Monate gearbeitet hatte, nahmen die Schwierigkeiten zu. Sein nächstes Album „Smile“ konnte er damals nicht fertigstellen. Die Beatles kamen ihm mit der legendären Platte „Sergeant Pepper‘s“ zuvor.

Comeback nach über 40 Jahren

Für Wilson sei das genauso ein Schock gewesen wie der Weltraumflug des sowjetischen Kosmonauten Juri Gagarin für die USA, erinnert sich der beteiligte Produzent Van Dyke Parks. Das Album fängt ein, wie der „amerikanische Traum Ende der Sechziger-Jahre zu verpuffen schien“, so Van Dyke Parks. Erst 2002 konnte Wilson „Smile“ fertigstellen und feierte damit ein unverhofftes Comeback.
Auch wenn sich Wilson in den Neunzigern nach Drogenentzug und Psychiatrie-Aufenthalten wieder gefangen hatte und noch eine ganze Menge Soloalben vorlegte, kam er an das Niveau von „Good Vibrations" oder "Pet Sounds" nicht mehr heran.

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