"Beach Boy" Brian Wilson zum 80.

Ein Musikerleben zwischen Genie und Wahnsinn

05:38 Minuten
Brian Wilson, Sänger & Komponist der Beach Boys, auf einer Berliner Bühne mit Gitarre in der Hand.
Brian Wilson, Sänger & Komponist der Beach Boys, live bei einem Konzert in Berlin © imago / briganiart / Heinrich
Von Vincent Neumann · 19.06.2022
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Mit den Beach Boys hatte er zahlreiche Nummer-1-Hits und spätestens mit dem Album „Pet Sounds“ galt Brian Wilson als einer der innovativsten Songschreiber. Dann folgte der Absturz bis an den Rand der Selbstzerstörung. Jetzt wird Wilson 80 Jahre alt.
"Das Drama in meinem Leben ist vorbei", so formulierte es ein altersweiser Brian Wilson Anfang 2015 bei seinem Besuch in Berlin. Und Drama gab es nun wahrlich genug im Leben des Beach Boys aus Kalifornien: Dem kometenhaften Aufstieg in den 1960er-Jahren als einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Songschreiber des 20. Jahrhunderts folgte ein mindestens ebenso rasanter Absturz.
"Einige der 70er- und 80er-Jahre waren nicht sonderlich glücklich", meint Wilson. Nein, glücklich waren diese Jahre wohl rückblickend wirklich nicht, und darüber reden möchte er auch nicht so wirklich, denn einen Großteil der 70er verbrachte Brian Wilson im Drogenrausch in seinem Bett.
Während der 80er stand er dann zunehmend unter dem Einfluss des zwielichtigen Arztes Eugene Landy – diagnostiziert als manisch-depressiv und paranoid-schizophren, gefeuert aus seiner eigenen Band. Eine Zeit, die Spuren hinterlassen hat.

Seine Frau hält ihm den Rücken frei

Im Gespräch wirkt er ein bisschen verloren, sucht immer wieder nach Worten. Sein Leben ist die Musik, um alles andere kümmert sich seit vielen Jahren seine Frau Melinda Ledbetter – auch um seine Geschichte: "Meine Frau kümmerte sich um alles Geschäftliche", erzählt Wilson, "Sie ist diejenige, die Produzent und Regisseur ausfindig gemacht hat. Sie ließ ihn das Skript immer wieder ändern, bis wir es perfekt hatten."
Viele Jahre arbeitete sie mit dem Regisseur Bill Pohlad an der verfilmten Lebensgeschichte von Brian Wilson, die 2015 schließlich unter dem Titel „Love & Mercy“ in die Kinos kam. Ein Musikerleben zwischen Genie und Wahnsinn, das trotz all seiner Schattenseiten mit „Pet Sounds“ und dem seinerzeit unvollendeten Album „Smile“ zwei Meilensteine der Popgeschichte hervorgebracht hat.

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In „Love & Mercy“ spielt Paul Dano den jungen Brian Wilson in dessen kreativster Phase Mitte der 60er-Jahre : „Da ist so viel drin in dieser Musik. Sie ist eingängig, aber komplex. Die Einzelteile fügen sich fast magisch zusammen, aber ich glaube, kein anderer hätte das so hinbekommen. „Pet Sounds“ und „Smile“ gehören für mich zu den besten Alben, die jemals gemacht wurden.“

Der legendäre kreative Kopf der Band

Mit diesem Urteil steht er nicht allein da: Denn obwohl sich Wilson schon in den Anfangsjahren der Beach Boys auf der Bühne nie so ganz heimisch fühlte, wurde er als Komponist und Produzent der Band zur Legende.
1966, als seine Kollegen von einer mehrmonatigen Asientour zurückkamen, hatte Brian Wilson fast komplett in Eigenregie das außergewöhnliche Album „Pet Sounds“ eingespielt, auf dem er seiner Experimentierfreude freien Lauf ließ. Inspiriert wurde er dazu nach eigener Aussage von der großen britischen Konkurrenz, den „Beatles“ und ihrem Album „Rubber Soul“: "Ich wollte ein Album wie 'Rubber Soul' machen - ein großartiges Album!" 
Vom Theremin, einem elektronischen Musikinstrument, bis hin zu Fahrradklingeln, klappernden Löffeln und bellenden Hunden: Mit diesem Album wollte Brian Wilson beweisen, dass nicht John Lennon und Paul McCartney, sondern er selbst die besten und innovativsten Songs schreiben könne.
Mit Erfolg: Besonders von den britischen Medien wurde „Pet Sounds“ als das „fortschrittlichste Album aller Zeiten“ gelobt, und selbst Paul McCartney zollte Respekt und bezeichnete die Single-B-Seite „God Only Knows“ als seinen absoluten Lieblingssong.

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Immer weiter entfernte sich Brian Wilson vom sonnigen Surferboy-Image, mit dem die „Beach Boys“ zuvor einen Nummer 1-Hit nach dem anderen gelandet hatten; weg von dieser künstlerisch limitierten Welt, von seinem tyrannischen Vater und auch von seinen Band-Kollegen, die ihn nicht mehr verstanden.
Mit „Smile“ versuchte er, „Pet Sounds“ noch einmal zu toppen, konnte dieses Projekt aber zu der Zeit nicht beenden – und versank stattdessen immer weiter in einem Sumpf aus Krankheit, Drogen und Isolation, aus dem er sich erst Anfang der 90er mit Hilfe seiner Familie und seiner zukünftigen Frau befreien konnte. 

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Seitdem ging es auch musikalisch langsam wieder bergauf: Nach einigen Studioarbeiten stand Brian Wilson im Jahr 2000 erstmals wieder auf der Bühne, beendete doch noch seine Arbeit an „Smile“ und nimmt so letztendlich trotz seiner angeschlagenen Gesundheit auch in der Öffentlichkeit wieder den Platz ein, der ihm gebührt. 
Seinen 80. Geburtstag heute feiert er auf Tour mit seiner neuen Band, auf der Bühne in Kansas City.
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