Breitband Sendungsüberblick

Die Individualisierung des Internets

31:29 Minuten
Ein Pflanze mit Glitzer am Stengel.
Im Internet werden Individuen immer öfter zur eigenen Marke. © unsplash/Dainis Graveris
Moderation: Jenny Genzmer und Dennis Kogel · 21.11.2020
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In den letzten Jahren wurde es immer schwieriger, ohne die Ressourcen und die Unterstützung von Unternehmen zum Online-Star zu werden. Doch durch Plattformen wie OnlyFans und Substack werden diese Stars jetzt zu Einzelunternehmern. Welche Folgen hat das?
Viele Witze wurden schon darüber gemacht, dass das Internet voller Pornografie ist – nicht ganz ohne Grund. Doch für viele Darstellerinnen und Darsteller wird genau diese Menge zum Problem. Es gibt so viel Material für extrem wenig bis gar kein Geld, dass nur noch die ganz Bekannten von ihrer Arbeit leben können.
Dazu kommt, dass es zwar eine große Vielfalt an Bildern und Videos gibt, aber nicht an Anbietern. Die großen Seiten wie Pornhub, RedTube und andere gehören alle derselben Firma. Die steht auch noch in der Kritik, dass auf ihren Plattformen viele illegale Kopien und sogar Revenge-Porn – also ohne das Wissen der Beteiligten hochgeladene Videos – kursieren. Aus finanzieller Sicht ist die Situation also schlecht.
Doch seit einiger Zeit gewinnt eine Seite an Popularität, auf der Darstellerinnen und Darsteller ihre eigenen Preise setzen können – OnlyFans. Dort können sie unabhängig von Produktionsfirmen direkt mit ihren Fans interagieren und ihre eigenen Arbeitsbedingungen setzen. Nicht nur für Pornografie, sondern für Inhalte aller Art. Doch im Gegensatz zu anderen Crowdfunding-Plattformen erlaubt OnlyFans eben auch expliziten Content. Und das finden plötzlich auch Influencerinnen und Influencer spannend, die vorher nichts mit sexuell expliziten Inhalten zu tun hatten. Welche Folgen könnte der Erfolg der Plattform haben?
Darüber haben wir mit den Medienwissenschaftlerinnen Sylvia Sadzinski und Lisa Andergassen gesprochen.

Substack: Die Monetarisierung journalistischer Berühmtheit

Star-Journalistinnen und Star-Journalisten sind nichts Neues. Über die Enthüllung des Watergate-Skandals wurde beispielsweise ein Film gedreht. Die Journalismus-Stars von heute brüsten sich mit mehreren hunderttausend Followern bei Twitter.
Das ist vielleicht gut fürs Ego und auch die Reichweite der Artikel, aber profitieren tun davon vor allem die Medienhäuser, bei denen die Stars angestellt sind. Zu schwierig war es bisher, die eigene Arbeit eigenständig zu finanzieren – schließlich ist guter Journalismus teuer.
Das Startup Substack will genau das jetzt ändern. Journalistinnen und Journalisten können auf der Newsletter-Plattform ihren eigenen Preis für die Arbeit festsetzen und weil sie nicht als Angestellte, sondern Selbstständige geführt werden, können sie potenziell beliebig viel Geld verdienen.
Dazu kommt die totale Freiheit, die einem das selbstständige Publizieren gewährt. Bekannte Journalisten wie Glenn Greenwald und Matthew Yglesias sind zu Substack gewechselt, unter anderem weil sie sich in ihrer publizistischen Freiheit eingeschränkt fühlen.
Doch wohin führt es, wenn die bekanntesten Namen im Journalismus plötzlich ohne Redaktionen publizieren? Führt das zu einer Art Kolumnisierung, in der Meinungen der Stars mehr zählen, als saubere Recherchearbeit?
Darüber sprechen wir mit der Literaturwissenschaftlerin Berit Glanz und Christian Stöcker, Kolumnist und Professor für Digitale Kommunikation an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg.

Das Team

(hte)