Börsengang von Universal Music

Die Totgesagte grüßt aus Amsterdam

Das Logo der Universal Music Group (UMG)
Der erfolgreiche Start von Universal Music an der Börse sei ein gutes Zeichen für die Musikbranche, so Mischa Ehrhardt. © picture alliance / dpa / ZUMAPRESS / SOPA Images / Pavlo Gonchar
Mischa Ehrhardt im Gespräch mit Mascha Drost |
Universal Music ist an der Amsterdamer Börse gestartet und hat beim Debüt satt zugelegt. Die Musikindustrie, die fast schon totgesagt war, hat wieder ein Geschäftsmodell. Für die Kunst ist das nicht unbedingt nur eine gute Nachricht.
Es war der größte Börsengang in Europa in diesem Jahr: Universal Music ist am Dienstag an der Amsterdamer Börse Euronext gestartet und die Aktien haben kräftig im Plus eröffnet: Mit einem satten Plus von über einem Drittel über dem Ausgabepreis von 18,50 Euro, Universal Music wird mit mehr als 45 Milliarden Euro bewertet.
Der erfolgreiche Start ist auch ein Zeichen, dass der Musikindustrie ökonomisch wieder etwas zugetraut wird. Deutschlandlandradio-Korrespondent Mischa Ehrhardt sagt, die Anleger sähen zweistellige Wachstumsraten. "Das ist natürlich quasi ein Paradies für Anleger, weil sie dann hoffen, dass sich das in der Zukunft auch fortschreiben wird."

Musikverkauf im Internet

Die Musikindustrie sei tief in der Krise gewesen, sagt Ehrhardt und verweist auf den Verkauf physischer Tonträger: "Wenn wir auf Schallplatten und auf CDs schauen, da gab es dramatische Einbrüche." Die Branche habe nicht gewusst, wie sie im Internet überhaupt Musik verkaufen kann, es dominierten illegale Downloads.
Jetzt aber wisse die Branche wieder, wie sei Geld verdienen kann. Mit Streamingdiensten, mit Abonnements, bei denen man einen Festbetrag zahle im Monat. "Und davon hat Universal Music eben sehr, sehr viele – genauso wie Spotify oder Amazon Music oder Apple. Und die können damit sehr, sehr viel Gewinne machen."
Damit habe sich die Branche aus der Krise herausgekämpft, sagt Ehrhardt, und nun werde Potenzial gesehen: "Sie haben immer mehr Reichweite. Es gibt immer mehr Menschen, die das konsumieren." Und die Coronapandemie habe dem Absatz übers Netz noch einen zusätzlichen Schub gegeben, weil viele Menschen zu Hause geblieben seien und dann online Musik abgerufen hätten.

Logik der Massenkultur

Aus Sicht der Musikfans und der Künstler seien das aber nicht unbedingt gute Nachrichten, verdeutlicht Mischa Ehrhardt, denn hier werde Massenware bevorzugt: "Eine Logik der Kulturindustrie oder der Massenkultur."
Die Streamingdienst-Logik verändere auch die Kunst, sagt Ehrhardt und nennt Beispiele:
Es gebe zum Beispiel die Tendenz, dass Songs immer kürzer würden. "Warum ist das so? Weil die pro Abruf bezahlt werden bei diesen Streamingdiensten. Und wenn ich jetzt ein Album rausbringe mit zehn Songs à fünf Minuten, dann kriege ich zehnmal diesen Song bezahlt. Wenn ich aber ein Album rausbringe mit 20 Songs à zweieinhalb Minuten, dann kriege ich die 20 Songs bezahlt.
Und es gebe auch die Tendenz, zu Beginn des Songs viel reinzupacken. "Warum ist das so? Weil man bei Streamingdiensten reinhören kann, bevor man etwas kauft, zehn bis 15 Sekunden: Wenn ich dann einen ganz, ganz langsamen Auftakt habe, wo sich so ein Song aufbaut, dann kann sich der Hörer natürlich kaum eine Vorstellung davon machen, wie es weitergeht – und das führt natürlich dazu, dass am Anfang alles aufgeboten wird, was man so aufbringen kann."
(mfu)
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