Bob Blume: "10 Dinge, die ich an der Schule hasse. Und wie wir sie ändern können"
Mosaik Verlag, München 2022
240 Seiten, 22 Euro
Lehrer und Blogger Bob Blume
Von der Waldorfschule zum Online-Unterricht: Bob Blume, Lehrer und Bildungs-Influenzer, sucht nach zeitgemäßen Wegen, Wissen zu vermitteln. © Thomas Clemens
Schulbildung zeitgemäß gestalten
33:29 Minuten
Am Ende der Coronazeit platzte ihm der Kragen: In einer Instagram-Wutrede fasste der Oberstudienrat Bob Blume zusammen, woran die Schule krankt. Der als @netzlehrer bekannte Blogger hat zehn Thesen verfasst – und Vorschläge, wie es besser geht.
Mehr als einmal sei er am Rande der Verzweiflung gewesen, erzählt Bob Blume über sein Leben als Lehrer während der Coronapandemie. Die Digitalisierung der Lehre habe vorne und hinten nicht geklappt, Schülerinnen und Schüler konnten sich oft nicht in angemessener Weise in den digitalen Räumen zusammenschalten: „Das war nur noch zum Heulen.“
„Ein in höchstem Maße konstruktives Buch“
Diese Erfahrung ist jedoch nur einer von vielen Kritikpunkten, die der Gymnasiallehrer aus Baden-Württemberg am deutschen Schulsystem übt. Nun hat er ein Buch darüber geschrieben: „10 Dinge, die ich an der Schule hasse, und wie wir sie verändern können.“
Trotz des etwas krawallig erscheinenden Titels ist es aus Sicht des Autors ein „in höchstem Maße konstruktives Buch“, in dem er Vorschläge aufzeigt, wie die Lehre verbessert werden könnte. Er hasse auch nicht die Schule an sich, nur „die Bedingungen, die man als Lehrer oder Lehrerin vorfindet, sind teilweise hassenswert“.
So kritisiert er die „Stofffixierung“ und hält die Notengebung in ihrer derzeitigen Form für nicht mehr zeitgemäß. Man werde als Lehrer oftmals „zerrieben zwischen Ansprüchen und Realität“ und könne nicht Wissen vertiefen und „gleichzeitig mit diesem ominösen Stoff durchkommen“. Immer wieder prangert Blume außerdem die viel zu langsame Geschwindigkeit an, mit der die Digitalisierung auch in den Klassenzimmern ankommt.
Den Unterricht zeitgemäß gestalten
Dabei gibt es aus seiner Sicht „kein digitales Lernen und keine digitale Bildung“, das Lernen selbst finde nur mittlerweile „in einer Zeit, in der Digitalisierung eine immer größere Rolle spielt“, statt. Nicht nur Lehrpläne und Ausstattung müssten das berücksichtigen, auch die Lehrerinnen und Lehrer sollten „versuchen, das Lernen und die schulische Bildung zeitgemäß zu gestalten“. In dieser Zeit müsse man als Lehrer „seine Praktiken hinterfragen“.
Bob Blume, Anfang der 1980er-Jahre in Herdecke geboren, hat sein Abitur an einer Waldorfschule gemacht und ist „wahnsinnig gern“ in die Schule gegangen. Heute versucht er, seine eigene Lehre an die sich verändernde Welt anzupassen – und gibt seine Erfahrungen weiter. Auf seinem Blog erzählt der @netzlehrer von seinen Ideen, Blume produziert aber auch regelmäßig Youtube-Videos, „die man als Vor- oder Nachbereitung für den Unterricht verwenden kann“.
Eine Texterörterung aus dem Leben
Auf den direkten Kontakt mit Schülerinnen und Schülern, Kolleginnen und Kollegen möchte Bob Blume, der schon Blogger des Jahres war, nicht verzichten. „Richtig funktioniert das nur mit Feedbackschleifen“, sagt er. Deshalb sei „das rein digitale Lernen nichts, was ich anstreben würde“.
Blume versucht stattdessen, seinen Unterricht an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Mit seiner neunten Klasse hat er etwa die Reaktionen einer Facebook-Gruppe auf eine Ankündigung von "Fridays for Future" in den Lehrplanpunkt Texterörterung einbezogen, um den Jugendlichen zu zeigen, dass der Unterricht und seine Inhalte „auch eine Relevanz“ haben.
Welche Themen in welcher Form und Länge behandelt werden, muss aus Bob Blumes Sicht neu betrachtet werden. Bildungsinhalte, die auf den ersten Blick keine Bedeutung für das alltägliche Leben haben, sollen aber keineswegs aus dem Unterricht verschwinden: „Es ist schwierig, Dinge von Grund auf kennenzulernen, wenn man gar nicht weiß, dass sie einen erfreuen können.“
(era)