"Black Fellow zu sein - das heißt Respekt haben"
Australiens Ureinwohner werden in ihrem eigenen Land oft wie Aussätzige behandelt. Sie wohnen in ihren eigenen Vierteln, haben ihre eigenen Schulen. Joel Wenitong ist einer von ihnen. Allerdings einer, der laut auf sein Volk aufmerksam macht. Denn er ist Hip Hopper und fordert seine Leute auf, nicht in eine Minderheitenlethargie zu verfallen.
"Ich bin Joel Wenitong, ich bin vom Kabi Kabi Stamm aus Südost-Queensland besser bekannt als die Sonnenscheinküste. Das Totem meines Stammes ist eine Echse, mein persönliches Totem der Vogel lachende Hans."
Mit einem großen Lächeln streckt Joel mir seine Hand entgegen. Seine Haut ist nur leicht gebräunt. Seine uraustralische Abstammung sieht man ihm nicht an. Vor dem Hauptbahnhof in Sydney treffe ich den 34-jährigen Musiker. Er trägt weite Shorts, eine dunkle Kapuzenjacke und Turnschuhe. Er sieht aus als wolle er gerade zum Sport, es ist aber die Kleidung, mit der er später am Nachmittag auf der Bühne stehen wird.
An seinem Finger - ein Ehering. Seine Frau und Mutter seiner drei Kinder kommt aus Costa Rica, Joel selbst hat eine weiße Mutter.
"In den 70ern begann die Ära, dass indigene Australier zur Uni durften. Mein Vater konnte weder richtig schreiben noch lesen, holte das aber nach und studierte später Gesundheitswesen. Und traf an der Uni meine Mutter."
Nachdem Joel geboren wurde ging die Familie nach Cairns, eine Stadt im Norden von Australien mitten im Regenwald.
"Da gibt es viel Reggae. Reggae ist super, aber der hat nicht die nötige politische Aussage. Ich wusste mit Hip-Hop kann ich alles aussprechen, ich kann so viel Information wie möglich unterbringen und jede Gefühlsrichtung ausdrücken. Wut, Gelassenheit - alles -und ich muss nicht singen."
Seine Band gründete er vor fünf Jahren mit seiner Schwester Naomi. Sie hatte genug vom Leben als Popstar -sie war Teil einer in Australien erfolgreichen Girlband namens Shakaya - und Joel arbeitete als Lehrer, machte nebenbei aber schon immer Hip-Hop. Sie nannten sich "The Last Kinection" - die letzte Verbindung.
"Die Band haben wir nach unserer Oma benannt. Sie war unsere letzte Verbindung, sie war die letzte Stammesälteste, als wir die Gruppe gegründet haben. Wir hatten drei Sterbefälle in der Familie, zwei ihrer Brüder und ihre Schwester sind zur gleichen Zeit gestorben. Deshalb sagten wir, lass uns eine Gruppe gründen, die über unseren Stamm berichtet, unseren Mob, lass uns was für unsere Kinder aufnehmen und für Australien."
Joels Engagement in seinen Texten hat seiner Crew den Titel politische Band gebracht. Er selbst nennt es "Black Fellow Rap". Black Fellows - so bezeichnen sich die Uraustralier untereinander. Wer hart klingen möchte, sagt auch schon mal ABO.
"Ich mag die Begriffe Aboriginal oder Indiginous nicht, weil die für uns gemacht wurden. Deshalb sag ich Black Fellow oder Kabi oder einfach nur Mob. ABO sag ich erst recht nicht, weil meine Oma mir den Hintern versohlen würde. Ein Black Fellow zu sein - das heißt Respekt haben. Respekt für dein Land, die Leute und für dich selbst."
Doch ist Aboriginal Hip-Hop nicht eigentlich ein Verrat an der Tradition, somit respektlos? Diese Frage stellt sich Wenitong oft. Denn er übermittelt seine Stammestraditionen ja nicht nur seinem Mob. Wie so oft, wenn Joel ins Grübeln kommt, spricht er von seiner Oma. Sie habe ihm gesagt, er solle seine Geschichten in den Songs erzählen, und somit den Mob am Leben erhalten. Das sei traditionsgemäß.
"Allerdings gibt es im modernen Musikbusiness auch Grauzonen für uns: Aufnahmen. Wenn jemand stirbt, dann dürfen wir nach unserem Glauben dessen Namen für mindestens ein halbes Jahr nicht mehr nennen. Fotos müssen weggepackt werden. Ansonsten bleibt ihm der Weg in die spirituelle Welt untersagt. Sein Geist bleibt bei uns hängen. Wir nennen das 'Sorry Business'."
Das heißt auch, dass die Musik von indigenen Künstlern, mindestens ein halbes Jahr nicht im Radio gespielt wird, wenn sie verstorben sind. Seit einer halben Stunde erzählt Joel aus seinem Leben, von seinem Nachwuchs, vom Beinahe-Tod seiner Bandpartnerin und Schwester. Ein Erlebnis, woraufhin Joel ein Medizinstudium begann.
"Viele Leute sagen mir, dass ich auf zu vielen Hochzeiten tanze. Die Musik, das Medizinstudium, meine Arbeit. Ich solle mich mal entschieden. Aber Musik ist ein Teil von uns, das gehört zu unserer Kultur."
Ob als lauter Musiker, einfühlsamer Lehrer oder später als Doktor, Joel Wenitong hat ein Ziel: Er möchte gehört werden. Von ganz Australien, um darauf aufmerksam zu machen, dass seine Leute die gleichen Rechte haben wie die Weißen. Und von seinem Mob, um diesen zu ermutigen.
"Unsere Vorfahren haben den Weg bereitet, so dass wir zur Schule, zur Uni und zum Arzt gehen können, sogar Arzt werden können. Es ist erst 30 Jahre her, dass es Aboriginals untersagt war, im selben Laden einzukaufen wie die Weißen. Heute gibt es so viele Möglichkeiten für uns. Es wird Zeit, dass wir einen Schritt nach vorn machen und dort ansetzen, wo unsere Vorfahren aufgehört haben."
Mit einem großen Lächeln streckt Joel mir seine Hand entgegen. Seine Haut ist nur leicht gebräunt. Seine uraustralische Abstammung sieht man ihm nicht an. Vor dem Hauptbahnhof in Sydney treffe ich den 34-jährigen Musiker. Er trägt weite Shorts, eine dunkle Kapuzenjacke und Turnschuhe. Er sieht aus als wolle er gerade zum Sport, es ist aber die Kleidung, mit der er später am Nachmittag auf der Bühne stehen wird.
An seinem Finger - ein Ehering. Seine Frau und Mutter seiner drei Kinder kommt aus Costa Rica, Joel selbst hat eine weiße Mutter.
"In den 70ern begann die Ära, dass indigene Australier zur Uni durften. Mein Vater konnte weder richtig schreiben noch lesen, holte das aber nach und studierte später Gesundheitswesen. Und traf an der Uni meine Mutter."
Nachdem Joel geboren wurde ging die Familie nach Cairns, eine Stadt im Norden von Australien mitten im Regenwald.
"Da gibt es viel Reggae. Reggae ist super, aber der hat nicht die nötige politische Aussage. Ich wusste mit Hip-Hop kann ich alles aussprechen, ich kann so viel Information wie möglich unterbringen und jede Gefühlsrichtung ausdrücken. Wut, Gelassenheit - alles -und ich muss nicht singen."
Seine Band gründete er vor fünf Jahren mit seiner Schwester Naomi. Sie hatte genug vom Leben als Popstar -sie war Teil einer in Australien erfolgreichen Girlband namens Shakaya - und Joel arbeitete als Lehrer, machte nebenbei aber schon immer Hip-Hop. Sie nannten sich "The Last Kinection" - die letzte Verbindung.
"Die Band haben wir nach unserer Oma benannt. Sie war unsere letzte Verbindung, sie war die letzte Stammesälteste, als wir die Gruppe gegründet haben. Wir hatten drei Sterbefälle in der Familie, zwei ihrer Brüder und ihre Schwester sind zur gleichen Zeit gestorben. Deshalb sagten wir, lass uns eine Gruppe gründen, die über unseren Stamm berichtet, unseren Mob, lass uns was für unsere Kinder aufnehmen und für Australien."
Joels Engagement in seinen Texten hat seiner Crew den Titel politische Band gebracht. Er selbst nennt es "Black Fellow Rap". Black Fellows - so bezeichnen sich die Uraustralier untereinander. Wer hart klingen möchte, sagt auch schon mal ABO.
"Ich mag die Begriffe Aboriginal oder Indiginous nicht, weil die für uns gemacht wurden. Deshalb sag ich Black Fellow oder Kabi oder einfach nur Mob. ABO sag ich erst recht nicht, weil meine Oma mir den Hintern versohlen würde. Ein Black Fellow zu sein - das heißt Respekt haben. Respekt für dein Land, die Leute und für dich selbst."
Doch ist Aboriginal Hip-Hop nicht eigentlich ein Verrat an der Tradition, somit respektlos? Diese Frage stellt sich Wenitong oft. Denn er übermittelt seine Stammestraditionen ja nicht nur seinem Mob. Wie so oft, wenn Joel ins Grübeln kommt, spricht er von seiner Oma. Sie habe ihm gesagt, er solle seine Geschichten in den Songs erzählen, und somit den Mob am Leben erhalten. Das sei traditionsgemäß.
"Allerdings gibt es im modernen Musikbusiness auch Grauzonen für uns: Aufnahmen. Wenn jemand stirbt, dann dürfen wir nach unserem Glauben dessen Namen für mindestens ein halbes Jahr nicht mehr nennen. Fotos müssen weggepackt werden. Ansonsten bleibt ihm der Weg in die spirituelle Welt untersagt. Sein Geist bleibt bei uns hängen. Wir nennen das 'Sorry Business'."
Das heißt auch, dass die Musik von indigenen Künstlern, mindestens ein halbes Jahr nicht im Radio gespielt wird, wenn sie verstorben sind. Seit einer halben Stunde erzählt Joel aus seinem Leben, von seinem Nachwuchs, vom Beinahe-Tod seiner Bandpartnerin und Schwester. Ein Erlebnis, woraufhin Joel ein Medizinstudium begann.
"Viele Leute sagen mir, dass ich auf zu vielen Hochzeiten tanze. Die Musik, das Medizinstudium, meine Arbeit. Ich solle mich mal entschieden. Aber Musik ist ein Teil von uns, das gehört zu unserer Kultur."
Ob als lauter Musiker, einfühlsamer Lehrer oder später als Doktor, Joel Wenitong hat ein Ziel: Er möchte gehört werden. Von ganz Australien, um darauf aufmerksam zu machen, dass seine Leute die gleichen Rechte haben wie die Weißen. Und von seinem Mob, um diesen zu ermutigen.
"Unsere Vorfahren haben den Weg bereitet, so dass wir zur Schule, zur Uni und zum Arzt gehen können, sogar Arzt werden können. Es ist erst 30 Jahre her, dass es Aboriginals untersagt war, im selben Laden einzukaufen wie die Weißen. Heute gibt es so viele Möglichkeiten für uns. Es wird Zeit, dass wir einen Schritt nach vorn machen und dort ansetzen, wo unsere Vorfahren aufgehört haben."