Neues Album von Bilderbuch

Schluss mit lustig

09:50 Minuten
"Bilderbuch"-Frontmann Maurice Ernst beim Benefizkonzert We Stand With Ukraine im Wiener Ernst-Happel-Stadion. Er singt in ein Mikrofon und zeigt mit ausgestrecktem Arm in das Publikum.
Liebe, Selbstbeobachtung und ein Zurück zur Natur stehen im Mittelpunkt des neuen Bilderbuch-Albums "Geld ist das Feld". © picture alliance / picturedesk.com / Johannes Ehn
Juliane Reil im Gespräch mit Oliver Schwesig · 07.04.2022
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Ironie und Lässigkeit machten Bilderbuch so unterhaltsam. In ihrem neuen Album "Gelb ist das Feld" schlägt die österreichische Popband ungewohnt ernste Töne an. Das klingt sehr schön, findet unsere Musikkritikerin. Dennoch vermisst sie die alte Unverschämtheit.
Popmusik aus Österreich läuft unter dem Label „Austropop“ seit Jahren ziemlich gut. Eine Band, die dabei wesentlich mitgeholfen hat, ist Bilderbuch. 2005, als die vier Musiker noch zur Schule gingen, vertonten sie Kindergeschichten aus dem "Struwwelpeter". Daher kommt der Bandname.
Aus den Indierockern wurden ein paar Jahre später Artpopper mit blondiertem Haar und Goldkettchen. Aus ihren Songs waren Einflüsse von Hip-Hop und R’n’B herauszuhören. Ein durchgängiges Markenzeichen war jedoch: Ironie und eine lässige Arroganz – der typische Bilderbuch-Swag.

Die Arroganz ist verschwunden

Doch mit dem neuen Album „Gelb ist das Feld“ hat sich einiges verändert. Arroganz und Ironie sind verschwunden. Das zeigen Songs wie „Nahuel Huapi“, der schon im vergangenen Jahr als Single veröffentlicht wurde. Es ist der Name eines Sees in Argentinien, wo Bilderbuch Anfang 2020 einige Zeit verbracht haben, noch bevor die Pandemie begann.

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Sänger Maurice Ernst singe immer noch in seiner bewährten Mischung aus Deutsch und Englisch, „aber die flotten Slogans oder dieses Provokativ-Naive und Phrasenhafte, das ist weniger geworden“, sagt Musikjournalistin Juliane Reil.
Statt Songzeilen wie „Es gibt nur eine Culture und die kennt keine Nation“, wie noch auf dem Vorgängeralbum, heißt es nun: „‘Meine Welt ist im Shake‘. Es wird also ernster: Liebe, Beziehungen, Selbstbeobachtungen, zurück zur Natur – das sind die Themen. Und wir erleben Bilderbuch zum ersten Mal von einer reiferen Seite.“

Musikalisch weiterentwickelt

Auch musikalisch hätten die vier sich weiterentwickelt, findet Reil. „Schon auf dem Vorgängeralbum war weniger Laptop und mehr Akustik zu hören.“ Auf „Gelb ist das Feld“ sei der Rock geblieben, doch der Funk sei weg. „Und es gibt zum Teil auch lange Instrumentalpassagen. Die Gitarren stehen absolut im Vordergrund – man hört da zum Teil lange Gitarrenläufe, die unheimlich schön auf die Melodien abgestimmt sind.“
Das seien für sie die besten Momente auf dem Album. Auch klinge die Musik deutlich sanfter. „Das Grelle und Plakative von Bilderbuch ist vollkommen verschwunden.“

Möchte man, dass die Band erwachsen wird?

Danach gefragt, wo sie die Band insgesamt verorte, sagt Reil: „Bilderbuch sind einfach eine gute Popband. Ich würde nicht sagen, dass sie eine unheimlich progressive Band sind, weil man im Prinzip alles kennt, was man hört.“ Die Musiker würden sich von vielen anderen inspirieren lassen und daraus ihre ganz eigene Mischung kreieren.
Das sei auf jeden Fall „hitlastig“, aber sehr weit vom früheren „überkandidelten Artpop“ entfernt. Dieser, gepaart mit frechen Texten und einer gewissen Unreife – „ob das nun Pose war oder nicht“ – habe „den unverschämten Charme“ der Band ausgemacht.
„Ich bin mir nicht sicher, ob man möchte, dass so eine Band ernst und erwachsen wird. Ich glaube, ich möchte das nicht", lautet Reils Fazit.

Das Album „Gelb ist das Feld“ erschein am 8. April. Zeitgleich ist Bilderbuch auf Konzerttour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Infos zu den Terminen finden Sie auf der Website der Band.

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