Bildband „Expedition – Aufbruch ins Ungewisse“

Gigantische Höhlen und ein ausgekugelter Arm

11:38 Minuten
Eine Schwarz-Weiß-Aufnahme zeigt einen Bergsteiger, angeseilt an einer steilen Felswand, Baffin Island (2016).
Der Bildband soll weniger Abenteuer nacherzählen als Grundsätzliches über Expeditionen sagen. © Klaus Fengler / Knesebeck Verlag
Klaus Fengler und Tom Dauer im Gespräch mit Frank Meyer · 24.01.2022
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Großformatige Fotos von Expeditionen in die abgelegensten Regionen dieser Erde und Texte über die Hintergründe: Das präsentieren Fotograf Klaus Fengler und Autor Tom Dauer in „Aufbruch ins Ungewisse“. Auch dabei: Sinnfragen und brenzlige Situationen.
Ein Bildband wie der des Fotografen Klaus Fengler und des Autors Tom Dauer mit dem Titel „Expedition – Aufbruch ins Ungewisse“ klingt erst mal nach tollen Geschichten, extremen Leistungen, bezwungenen Bergen. Tatsächlich reichen die Themen der zehn Kapitel von Dingen wie Vorbereitung über Aufbruch, Erfolg, Vertrauen bis zur Rückkehr.
Der Bildband widmet sich aber auch dem Thema Scheitern – so der Titel eines der Kapitel. Sie hätten bei dem Bildband versucht, über die Bildebene hinaus nicht mit den Texten noch eine zweite Ebene zu schaffen, erklärt der Autor und Filmemacher Tom Dauer. Nacherzählte Abenteuer gebe es bereits viele.
„Klaus und ich hatten dann die Idee: Wie können wir seinen tollen, einzigartigen Bildern noch Mehrwert hinzufügen? Und was gibt es vielleicht grundsätzlich über Expeditionen zu sagen?“ Das Scheitern hätten sie mit dazu genommen, da das „ein unabdingbarer Teil dieses ganzen Geschäfts ist“, erklärt Dauer. Und sie wollten erzählen: „Was kann man vielleicht auch, trotzdem man irgendwo scheitert an einem Berg, dann fürs richtige Leben mitnehmen?“

Schulter einkugeln ohne Arzt

Eine eigene Erfahrung des Scheiterns hätten sie im Uralgebirge gemacht, erzählt Tom Dauer: Ihr Ziel waren die „Seven Giants“, sieben etwa 30 bis 40 Meter hohe Steinsäulen auf einer Hochebene. Es herrschten Temperaturen von minus 43, minus 45 Grad und nach und nach ist das Material kaputtgegangen, auch bei den Schlitten. „Und da mussten wir dann umdrehen.“
Auf dem Rückweg fiel dann noch ein Expeditionsteilnehmer vom Motorschlitten und kugelte sich die Schulter aus. Die nächste Siedlung gut hundert Kilometer entfernt. „Das hätte er nie geschafft“, erzählt Klaus Fengler. Zu viert und mithilfe eines befreundeten Arztes in der Schweiz über Satellitentelefon konnten sie die Schulter wieder einrenken.
Die Fotos habe er aus einem Archiv von fast 60.000 Fotos herausgesucht, sagt Klaus Fengler.
Guyana (2010). In einer dramatisch anmutenden Schwarz-Weiß-Aufnahme sind Kletterseile zu sehen.
„An Absurdität eigentlich nicht zu überbieten“: Autor Tom Dauer über Expeditionen. Wichtiger Bestandteil sind Kletterseile, hier in Guyana.© Klaus Fengler / Knesebeck Verlag
Darunter ist eines aus dem Oman, dem Hadschargebirge. Eine Doppelseite in dem großformatigen Band zeigt eine riesige Höhle, an deren Wand ein sehr kleiner Mensch hängt, an einem Seil in einem Lichtstrahl. Das sei die Höhle Madschlis al-Dschinn, eine der neun größten Höhlenkammern der Erde. „Da passen vier oder fünf Jumbojets rein.“ Eines ihrer Teammitglieder klettere gerade zum Höhlendach, wo es Löcher gebe, durch die die Sonne scheint.

Absurdität und Leidenschaft

Dieses Bild zeige, so Tom Dauer: „Der Klaus schafft es, mit seiner Bildsprache tatsächlich, das einzufangen, was der französische Fotograf Henry Cartier Bresson, ein Meister seines Fachs, den ‚moment décisif‘ nannte: den entscheidenden Moment einer Tätigkeit.“
Der Expeditions-Fotograf Klaus Fengler mit einer Leica-Kamera in der Hand
Mit der Kamera fängt er Bilder der entlegendsten Gegenden der Welt ein: Fotograf Klaus Fengler© Klaus Fengler / Knesebeck Verlag
Das Bild bringt Tom Dauer auch dazu, über solche Expeditionen insgesamt nachzudenken: Das Expeditionsgeschehen an sich sei „an Absurdität eigentlich nicht zu überbieten“. Man reise Tausende Kilometer, seile sich in ein Loch ein, um dann in einer neu geschaffenen Kletterroute wieder herauszuklettern. „Das hat ja nichts Sinnvolles, an und für sich.“
Aber dieses Bild drücke aus, welche Leidenschaft oder auch Sehnsucht dahinter steckt, so etwas einfach zu tun: Orte aufzusuchen, an die man sonst nicht käme. Warum macht man das?
„Einfach nur weil man es kann, vielleicht.“ Und: „Man stellt sich einer Gefahr, einer Herausforderung, sucht aber gleichzeitig wieder einen Ausweg heraus“, erklärt Tom Dauer.
(abr)

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