Bilanz

    100 Tage GroKo

    Die Parteichefs mit dem Koalitionsvertrag
    Die Parteichefs mit dem Koalitionsvertrag © dpa / picture-alliance / Rainer Jensen
    26.03.2014
    Vor 100 Tagen ging die aktuelle Bundesregierung an den Start, Anlass für eine Zwischenbilanz. Edathy, Mindestlohn, Energiewende – wie machen sich die Zweckehe-Partner?
    Wie in jeder guten Zweckehe wurde zunächst einmal der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD sorgsam verhandelt. Die Parteispitzen mussten sich erst einmal wieder annähern, nachdem Sigmar Gabriel etwa die Kanzlerin vor Jahren noch als "Geschäftsführerin einer Nichtregierungsorganisation" bezeichnete.
    Die ausdauernden Verhandlungen sorgten dafür, dass in den Sozialen Medien eine Abkürzung für den stelzigen Begriff entstand: "GroKo" schaffte es sogar zur Kür als Wort des Jahres 2013 durch die Gesellschaft für deutsche Sprache und ist seitdem in aller Munde. Sogar Tageszeitungen drucken das Wort mittlerweile ganz selbstverständlich.
    Die Tinte auf dem Koalitionsvertrag war dann noch nicht einmal ganz getrocknet, als die Affäre Edathy den Agrarminister Friedrich aus dem Amt fegte – die erste Zerreißprobe für die noch junge Koalition. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy steht seit Januar im Zentrum einer Kinderporno-Affäre, er soll entsprechendes Material besitzen. Er ist untergetaucht und hält sich wahrscheinlich außerhalb der Bundesrepublik auf.
    Deutsche mit Regierungsarbeit nicht recht zufrieden
    Etwas im Schatten steht da wohl die Regierungsarbeit, die von den meisten Deutschen laut einer Umfrage des Instituts YouGov für "BILD"-Online eher als schlecht bewertet wird. Demnach gab nur ein Drittel der Befragten an, die Große Koalition habe bisher gut oder sehr gut gearbeitet. Elf Prozent zeigten sich unentschlossen.
    Gut tut die Koalition Außenminister Steinmeier, der sich in der Krim-Krise profilieren kann. Von allen Spitzenvertretern des Regierungsbündnisses kann er als einziger Angela Merkel das Wasser reichen: Er ist bei den Bürgern ähnlich beliebt wie die Kanzlerin.
    In dieser Umfrage bewerteten etwa 53 Prozent die Arbeit der Bundeskanzlerin als gut oder sehr gut, Frank-Walter Steinmeier bestätigten die Befragten mit 51 Prozent. Abgeschlagen: Sigmar Gabriel mit einem Zustimmungswert von 37 Pozent.
    Pläne zur Energiewende in der Kritik
    Ihm schadet unter Umständen die Energiewende, deren Gelingen eng mit seinem Namen verknüpft ist. Die Unzufriedenheit mit den bisherigen Fortschritten an dem Großprojekt ist besonders groß: 68 Prozent kritisieren, die Große Koalition treibe die Energiewende nicht entschlossen genug voran. Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisiert das Großprojekt der Koalitionäre: Es könne nicht sein, dass die Industrie nicht wie versprochen stärker an den Kosten für die Energiewende beteiligt würde. Insgesamt könne die Große Koalition teuer für den Verbraucher werden, so der Verband in seiner 100-Tage-Bilanz.
    Die Opposition zeigt sich vor allem beim Kompromiss zum Mindestlohn enttäuscht, gegen die geplante Altersgrenze will etwa die Linke vor dem Verfassungsgericht klagen. Aber immerhin: Der Mindestlohn wird kommen. Nur eben nicht für jeden.
    Etwas Streit in der ansonsten doch recht "harmonischen Zwangsehe", wie "Zeit"-Online die Große Koalition bezeichnet, verursachen derzeit die Pläne von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles für die Rente mit 63. Dem Koalitionsvertrag wolle man treu bleiben, so etwa der Unionsfraktionsmitglied Christian von Stetten (CDU) gegenüber dem "Focus", "aber der Generationenvertrag steht über dem Koalitionsvertrag". Gut also, dass sich die Partner Rot und Schwarz beim Ehekrach notfalls auf ihren Koalitionsvertrag berufen können.
    bre
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