BGH-Urteilt zu gestohlenen Gemälden

Wie man ein Bild oder einen Kakadu ersitzen kann

04:35 Minuten
Ein Orangehaubenkakadu fliegt von einem Baum weg. Der Vogel hat die Flügel weit geöffnet.
Manchmal landen Orangehaubenkakadu vor Gericht: Auch wer einen Papageienvogel zehn Jahre in seinem Besitz hat, kann ihn ersitzen. © Picture Alliance / WILDLIFE / G.Lacz
Udo Vetter im Gespräch mit Julius Stucke · 19.07.2019
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Wer gestohlene Gemälde zehn Jahre in gutem Glauben des rechtmäßigen Erwerbs in seinem Besitz hat, hat diese ersessen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden: Er machte klar, daran dürften auch keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden.
Manche juristischen Fälle sind kompliziert, andere sind skurril. Am Freitag hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg aufgehoben. In dem Streitfall ging es um zwei Gemälde, die ein Unternehmer geerbt hatte, die aber von den Nachfahren des Malers zurückgefordert wurden, weil sie gestohlen waren.
Doch laut Bürgerlichem Gesetzbuch kann man sich auch Gegenstände ersitzen. Dies sei relativ einfach möglich, erklärt der Rechtsanwalt Udo Vetter im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur. Man müsse dafür eine Sache zehn Jahre im Eigenbesitz haben, in dieser Zeit müsse man zudem gutgläubig gewesen sein – "also nicht daran zweifeln, dass die Sachen möglicherweise gestohlen sind", so Vetter.

Entscheidend kann der Kaufpreis sein

Nun habe der Bundesgerichthof in seinem heutigen Urteil darauf hingewiesen, "dass keine übertriebenen Anforderungen an den guten Glauben gestellt werden müssen", erläutert Vetter. Wer sich beispielsweise auf dem Kunstmarkt nicht auskenne, dürfe auf die Zusicherungen von Auktionshäusern oder dem, was in Prospekten steht, vertrauen.
Im Einzelfall stelle sich dann jedoch die Frage nach den Umständen. Wichtig sei dabei immer der Kaufpreis. "Wenn man ein teures Kunstwerk für einen lächerlich geringen Betrag erworben hat, womöglich noch in einem Auktionshaus, das sonst solche Dinge gar nicht verkauft, dann ist man schon eher an der Grenze zur Bösgläubigkeit", sagt Vetter. "Wenn Sie einen Picasso auf Ebay ersteigern, dann wird das möglicherweise auch nicht dazu führen, dass Sie nach zehn Jahren sagen können, 'Oh, ich dachte, das hat alles seine Richtigkeit'", so Vetter weiter.
In derartigen Fälle sei es nicht nur um Gemälde gegangen, sondern beispielsweise auch schon um einen Orangehaubenkakadu, wie der Rechtsanwalt berichtet.
(rzr)
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