Betty Boop

Feministin oder Lustobjekt?

08:15 Minuten
Eine kolorierte Version von Betty Boop als Freiheitsstatue
Betty Boop als Freiheitsstatue: Hat die Figur der verruchten Revuetänzerin einen Beitrag zur Befreiung der Frau geleistet? © Joparige films/Schuch Productions
Gesa Ufer im Gespräch mit Nana Brink · 25.03.2020
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Ist Betty Boop eine verkannte feministische Ikone? Diese These stellt die Dokumentation "Betty Boop for ever" auf. Auch wenn die Cartoonfigur sogar als US-Präsidentin kandidierte, findet Gesa Ufer diese Argumentation nur teilweise überzeugend.
90 Jahre alt wird sie in diesem Jahr – Betty Boop ist einer der Stars der frühen Zeichentrick-Ära. Wahrscheinlich war Betty Boop sogar die erste weibliche Cartoonfigur überhaupt, die eine eigene Sexualität hatte. Die Arte-Dokumentation "Betty Boop for ever" spürt jetzt der Frage nach, was diese Frauenfigur wirklich verkörpert hat. Ob sie Kindfrau, Lustobjekt, Femme Fatale oder vielleicht sogar eine frühe Feministin war.

"Boop" wie Busen

Der Name "Boop" spreche bereits Bände, erläutert Gesa Ufer von Deutschlandfunk Kultur, er stehe für Busen ("boob" im Englischen). Mit ihren riesigen Augen, dem proportional viel zu großen Kopf, dem schwarzen Bob und ihrer Piepsstimme habe Betty Boop im prüden Amerika der 1930er-Jahre die Fantasien befeuert.
"Dieser Pin-Up-Figur nachzusagen, eine Ikone des Feminismus zu sein, das kam mir, gelinde gesagt, etwas verwegen vor", sagt Gesa Ufer. Aber die Dokumentation mache sehr überzeugend klar, wie vielschichtig der Charakter sei.

Von der Revuetänzerin zur braven Hausfrau

Erfunden hat die verruchte Revuetänzerin der Trickfilmproduzent und Cartoonist Max Fleischer, Sohn jüdischer Emigranten aus Polen, der seine Betty erstmals 1930 auftauchen lässt. "Sie wurde ganz schnell sehr beliebt" so Gesa Ufer. "Betty war eine Art Working-Class-Hero, eine selbstständige Frau."
Der Charakter Betty Boop erzähle viel über ihre Zeit und die Kulturgeschichte Amerikas, sagt Gesa Ufer. Zur Zeit der großen Rezession werde Betty Boop in einer Episode selbst arbeitslos. Im New York der 30er-Jahre bringe ihr Schöpfer Max Fleischer sie mit der aufkommenden Jazz-Musik zusammen. Und unter dem Druck kirchlicher Kreise wandele sich der Charakter schließlich zu einer braven Hausfrau, die so recht niemand mehr habe sehen wollen.

Emanzipierter als Minnie Maus

Macht ihre ursprüngliche Selbstständigkeit Betty Boop schon zur feministischen Ikone? In der Dokumentation kommt auch die Urenkelin von Max Fleischer, die Dramaturgin Jeni Mahony, zu Wort. Sie stelle klar, wie frech, frivol und gewagt diese Frauenfigur gerade im Kontrast zu ihrer Minnie Maus gewirkt haben müsse, erklärt Gesa Ufer:
"Minnie Maus, das ist die abhängige Hausfrau, mit diesen Riesenschuhen - eher orthopädisch -, diese adrette Kleidung, eine komplett asexuelle Mäuse-Frau, die ewig die zweite Geige neben Micky Maus spielt. Da ist Betty natürlich ganz anders."
1932 habe Max Fleischer seine Betty Boop in einem Cartoon sogar als Präsidentschaftskandidatin der Vereinigten Staaten antreten lassen.

Die Widersprüche der Betty Boop

Dennoch ist Gesa Ufer nur teilweise überzeugt von der Argumentation, dass der Charakter Betty Boop einen wichtigen Beitrag zur Befreiung der Frau geleistet habe. Die Figur sei sehr ambivalent und ihr persönlich vielleicht zu widersprüchlich. "Zu sehr gehorcht sie optisch dem Kindchenschema", so Ufer. "Mir ist und bleibt sie doch zu hilflos."
(jfr)

"Betty Boop for ever": Dokumentation von Claire Duguet
Freitag, 27. März 21:35 Uhr auf Arte und bereits jetzt in der Arte Mediathek

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