Bestseller "Penguin Bloom"

Leicht kitschig und doch wunderbar

"Penguin Bloom" - In diesem Buch werden Tierfotografien und Text sinnstiftend miteinander verbunden.
"Penguin Bloom" - In diesem Buch werden Tierfotografien und Text sinnstiftend miteinander verbunden. © Knaus-Verlag / picture alliance / Hinrich Bäsemann
Von Kim Kindermann · 16.02.2017
Dieses Buch ist ein Bestseller - und das zu Recht. In dem Bilderbuch "Penguin Bloom" bringt ein Vogel Trost und Lebensmut in eine Familie, die ein Schicksalsschlag getroffen hat. Erzählt ist das Ganze mit zauberhaften Fotos, der Text hingegen übertreibt es ein bisschen mit der Gefühligkeit.
"Und dann kam: Penguin!" Das ist wohl der entscheidende Satz in diesem Bestseller aus Australien, der Anfang dieser Woche erschien und schon nach zwei Tagen auf Platz zwei der Amazon-Bestsellerliste steht.
Penguin ist eine Elster, schwarz-weiß gefiedert. Als Junges ist sie aus dem Nest gefallen, bei starkem Wind, buchstäblich vor die Füße der Familie Bloom. Und das ist geradezu sinnbildlich. Denn bei den Blooms herrscht Trauer, Chaos und Verzweiflung, seitdem Mutter Sam nach einem Unfall in Thailand querschnittsgelähmt ist.
Im Januar 2013 war das. Damals lehnte sich Sam Bloom an das morsche Geländer einer Aussichtsterrasse und fiel vor den Augen ihres Mannes und ihrer drei Kinder zwei Stockwerke tief. Ihr Schädel war gebrochen, sie hatte sich die Zunge abgebissen und das Rückgrat war verletzt. Nach sechs Monaten Krankenhaus stand fest: Sam wird nie mehr laufen können, sie hat die Kontrolle über ihre Blasenfunktion verloren, ihr Geruchssinn ist weg und schmecken kann sie auch nichts mehr, anziehen geht nur mit Hilfe anderer.
Das ehemals wunderbar, glückliche Leben - vorbei. Sam verliert von Tag zu Tag mehr Lebensmut, denkt über Selbstmord nach, ist traurig, wütend, fassungslos. Selbst die Fürsorge ihrer Familie kann sie kaum ertragen, macht die doch deutlich, wie sehr sie andere braucht.

Ein Vogel, der von Schwermut befreien kann

Ja und dann, dann kommt: Penguin! Genauso versehrt, genauso auf Hilfe angewiesen, wird der Vogel zum Retter in der Not. Frau und Elster verbringen Stunden und Tage miteinander, dem Tier vertraut Sam ihre Sorgen an, weint mit ihm, streichelt es. Stück für Stück kehrt sie so aus ihrer inneren Isolation zurück. Gewinnt neuen Lebensmut. Und Peguin schafft noch mehr: Der Vogel befreit auch Sams drei Söhne und ihren Mann von der Schwermut. In den knapp zwei Jahren, in denen die Elster mit der Familie lebt, bringt sie das Lachen zurück, den Spaß und die Zuversicht, dass es trotz des großen Verlustes weiter geht.
Erzählt wird die Geschichte in wunderbaren Bildern, die der Fotograf Cameron Bloom über die Jahre machte. Seine Fotos sind so berührend, dass man sich ihrem Zauber kaum entziehen kann. Da ist etwa das Bild, wo Vogel und Kind miteinander zu verschmelzen scheinen, die Augen der beiden haben die gleiche Farbe.
Den Text zum Buch hat Bradley Trevor Greive geschrieben. Der Australier hat schon mit Büchern wie "Kopf hoch" große Erfolge gefeiert, ist in seiner Heimat ein Superstar und ein Spezialist darin, in Büchern Tierfotografien und Text sinngebend zu vereinen. Das perfekte Duo also, wenngleich der Text oft die Kitschschmerzgrenze überschreitet. Etwa dann, wenn die Elster mit einem Engel verglichen wird.

Das Buch bestätigt, was Psychologen schon lange wissen

Aber erstaunlicherweise funktioniert das Buch trotzdem. Bild und Text fließen ineinander, übertragen den Spirit auf die Leser. Die ganze Tragweite des Unglücks wird so fühlbar und aber auch das zurück kehrende Glück. Richtig gerettet vor dem Abgleiten in den grässlichen Mainstream wird das Buch aber vor allem durch das Schlusskapitel, das aus der Perspektive Sam Blooms erzählt wird. Wie sie von ihrem Unfall, ihrer Trauer und Wut erzählt, so ehrlich und schonungslos, das liest man selten. Und das hat Bestsellerpotential. Zu recht.
Die Filmrechte sind natürlich schon verkauft. Bücher wie dieses braucht es, bestätigen Sie doch, was Psychologen schon lange wissen: Tiere sind perfekte Helfer in der Not, in vielen Therapien nutzen sie mehr als jeder Profi. Ja, und dann kam: Penguin! Gut so. Lassen Sie sich verzaubern.

Cameron Bloom / Bradley Trevor Greive, Penguin Bloom: Der kleine Vogel, der unsere Familie rettete
Übersetzt von Ralf Pannowitsch
Knaus, München 2017, 208 Seiten, 19,99 Euro