Berlins Kultursenator Klaus Lederer

"Das Bauhaus war nicht unpolitisch"

Blick auf das historische Bauhaus-Ensemble in Dessau (Sachsen-Anhalt), aufgenommen am 07.09.2015.
Durch die Absage des Konzerts habe man auch das historische Gebäude der Werkschule schützen wollen, begründete die Leitung des Bauhauses die Entscheidung. © picture alliance / dpa / Hendrik Schmidt
Klaus Lederer im Gespräch mit Vladimir Balzer  · 22.10.2018
Die Idee des Bauhauses stehe für eine offene Gesellschaft, sagt Berlins Kultursenator Klaus Lederer. Auch mit Blick auf die Hundert-Jahr-Feier 2019 sei die Ausladung der Punkband Feine Sahne Fischfilet durch das Dessauer Bauhaus ein falsches Signal.
Nach der Absage eines Konzerts mit der linken Band Feine Sahne Fischfilet auf dem Areal des Dessauer Bauhauses hagelte es Kritik aus den Bauhausstädten Berlin und Weimar. Von dort kamen zwei demonstrative Einladungen für die linke Punkband.
In Dessau haben die Verantwortlichen erneut ihre Absageentscheidung unterstrichen. Man habe Neonazis keine Plattform bieten wollen, nachdem rechte Gruppierungen im Internet zum Protest gegen das Konzert der Band aufgerufen hatten.

Einstehen für eine demokratische Gesellschaft

Berlins Kultursenator Klaus Lederer, Vorsitzender des Bauhaus-Verbundes, sagte beim Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur, bei seinem Konzertangebot für Feine Sahne Fischfilet gehe es vor allem um ein Signal gegen die Behauptung aus Dessau, dass das Bauhaus ein bewusst unpolitischer Ort sei.
"Das Bauhaus ist ein bedeutender Teil der Kulturgeschichte Deutschlands und ist auch von der Geschichte des 20. Jahrhunderts nicht zu trennen. Das Bauhaus lebt heute nicht nur in vielen Produkten fort, sondern vor allem durch seine gesellschaftpolitischen Ziele. Und das war eine demokratische Gesellschaft, die offen, vielfältig und international ist."
Berlins Kultursenator Klaus Lederer bei einer Pressekonferenz im Juni 2018 in Berlin
Berlins Kultursenator Klaus Lederer© dpa / picture alliance

Standortwechsel durch politische Umstände

Das Bauhaus habe von 1919 bis 1933 nur 14 Jahre exisitiert. Und die drei Stationen, wo die Bauhaus-Idee ein Zuhause finden konnte, waren Weimar, Dessau und Berlin, sagte Lederer. Die Entscheidung, wo das Bauhaus sich niedergelassen habe, sei nicht von der Lust am einen oder anderen Ort geprägt gewesen, sondern sei auch dadurch hervorgerufen worden, dass es eine permanente Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Umfeld gegeben habe:
"Schon diese Jahreszahlen sagen, dass das Bauhaus nicht unpolitisch war und schon gar nicht sein konnte. Und dass wir heute nicht die politischen Wurzeln einfach ignorieren können."

"Dem Druck von rechts gebeugt"

Bei der aktuellen Frage gehe es aber nicht um die politische Tätigkeit am Bauhaus und auch nicht um die Stellungnahme der Dessauer Bauhausführung, man habe politische Konflikte zwischen links und rechts durch die Absage des Konzerts vermeiden wollen. Es gehe darum, dass das Bauhaus Dessau ein Teil des Bauhaus-Erbes ist:
"Das Bauhaus Dessau hat sich im konkreten Fall dem politischen Druck von rechts gebeugt. Lassen wir uns das nochmal auf der Zunge zergehen: Rechte Gruppen mobiliseren im Internet, die AfD protestiert dagegen, die CDU zieht nach und die Bauhaus-Stiftung lädt daraufhin das ZDF und das Konzert wieder aus."
In der gegenwärtigen Situation, in der die extreme Rechte austeste, welche Macht sie bis in die Mitte der Gesellschaft erreicht habe und wie sie die politische Agenda prägen könne, da knicke das Dessauer Bauhaus ein und sage ab.
Das "100 Jahre Bauhaus"-Jubläum biete allen die Möglichkeit, weit mehr als die bedeutende Kunstschule zu feiern:
"Es geht hier um eine klare Haltung gegen alle Einschüchterungsversuche. Die Nazis haben das Bauhaus zur Selbstauflösung gedrängt. Die Kommunisten haben seine Wiedereröffnung nach dem Krieg verhindert. Jetzt sind wir 100 Jahre später, und elf Landesregierungen feiern die Gründung des Bauhauses, quer über alle Parteien hinweg. Da kann erwartet werden, dass dieses hundertjährige Jubiläum genutzt wird, um mit Selbstvertrauen für Kultur und Demokratie einzustehen."
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